11.37
Mitglied des Europäischen Parlaments Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Ministerin! Bei der Anreise nach Wien habe ich einen Podcast zu den Protesten in Georgien gehört, und ein Mann hat da gesagt: I would rather die than be a slave to Russia.
In Tbilissi wird gerade ein Kampf um die Seele Europas und um die Zukunft Europas geführt. Die liberale, westliche Weltordnung ist für diese Menschen ein Hoffnungsschimmer, den sie brauchen, um täglich für eine Zukunft in Europa, eine Zukunft ohne Russland, eine Zukunft mit Freiheit und Demokratie auf die Straße zu gehen.
Die Debatten, die wir hier vor fünf Jahren anlässlich der letzten EU-Wahl geführt haben, wirken in Anbetracht des Überlebenskampfes für die liberale Demokratie, in dem wir uns jetzt befinden, lächerlich.
Werte Zuseherinnen und Zuseher, gehen Sie zur EU-Wahl! (Abg. Kickl: Bitte! Bitte gehen Sie zur EU-Wahl!) Ihre Stimme wird einen Unterschied dahin gehend machen, ob das EU-Parlament in den nächsten fünf Jahren überhaupt noch eine arbeitsfähige Mehrheit haben wird oder nicht.
Wir wurden als EU-Abgeordnete in den letzten Jahren oft gefragt, was zum Teufel wir eigentlich machen. Diese Gelegenheit nutze ich jetzt gerade gerne. Ich war als Abgeordnete mittendrin bei vielen Verhandlungen: zur Energiewende, zu Energiespeichern, zur Infrastruktur, zur Dekarbonisierung der Gasnetze, zum Emissionszertifikatehandel, zu nachhaltigem Fliegen, zur Reform des Strommarktes und zu vielem mehr. Ich kann für viele meiner Kolleg:innen in der ÖVP, der SPÖ und bei den Grünen sprechen und sagen: Wir arbeiten im EU-Parlament an Sachfragen.
Jene, denen man diese Frage eigentlich stellen muss, sitzen hier bei der FPÖ. (Abg. Wurm: Aha, jetzt kommtʼs!) Was habt ihr eigentlich die letzten fünf Jahre für Europa gemacht? (Beifall bei NEOS und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Rufe bei NEOS und Grünen: Champagner!)
Eure Fraktion im EU-Parlament hat das einzige Ziel, jeglichen sinnvollen Kompromiss zu verhindern, Lösungen zu blockieren, wichtige Reformen zunichte zu machen. (Abg. Hafenecker: Von Ihnen habe ich überhaupt nichts gehört!) Ich bin in etlichen Verhandlungsrunden zu wichtigen Gesetzen gesessen, wo kein einziger Vertreter Ihrer Fraktion anwesend war oder in irgendeiner Art und Weise mitgearbeitet hat.
Während andere wirklich an echten Lösungen für die Zukunft Europas arbeiten, schwierige Kompromisse zimmern, andere von wichtigen Dingen überzeugen, tut die FPÖ das, was sie immer schon getan hat – verhindern, blockieren, zu allem, was wichtig wäre, Nein sagen –, weil sie ja auch überhaupt kein Interesse daran hat, dass irgendetwas besser wird. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Schallmeiner.)
Ohne Probleme existiert die FPÖ ja gar nicht mehr. Es ist ja Ihre Raison d’Être, dass alles immer schlimmer wird, alles immer schlechter wird. Das ist das Einzige, worauf Ihre Partei aufbaut.
Und in dieser Europastunde fordert die FPÖ eine Festung Europa. Was soll denn das überhaupt sein? Eine Festung ist ja sonst auch etwas, das gesichert ist und im Ernstfall verteidigt werden kann. Ist die FPÖ jetzt für eine gemeinsame EU-Verteidigung? Wollen Sie eine EU-Armee? Wollen Sie ein stärkeres Europa? – No na net, nein, nein, das will die FPÖ ja gar nicht. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Meinl-Reisinger: Na eine Festung musst verteidigen!)
Was Sie wollen, ist ein schwaches Europa, das keine Entscheidungen treffen kann; was Sie wollen, ist ein Europa, das sich gegenüber Russland zum Beispiel nicht verteidigen kann; das sich für seine Bürgerinnen und Bürger niemals weiterentwickeln wird. Was die FPÖ will, ist eine Hüpfburg Europa (Heiterkeit und Beifall der Abg. Meinl-Reisinger), wo uns Russland auf der Nase herumtanzen kann. (Abg. Kickl: Beeindruckend, was die Kollegin alles weiß, was wir wollen und was wir nicht wollen!) Und bevor auch nur irgendjemand diese Hüpfburg Europa betreten kann, haben die Freunde Putins Österreich dieses so oder so längst an russische Spione verscherbelt. – Willkommen im Europa der FPÖ! Viel Spaß dabei! (Beifall bei den NEOS.)
Liebe Bürgerinnen und Bürger, bitte gehen Sie zur EU-Wahl (Abg. Wurm: Ja, bitte! – Abg. Belakowitsch: Ja, bitte gehen Sie!), Ihre Stimme macht einen Unterschied! Ihre Stimme macht einen Unterschied! (Abg. Wurm: Genau!) Wenn es keine brauchbare Mehrheit von Demokratinnen und Demokraten im EU-Parlament gibt, wird sich nichts weiterbewegen, die FPÖ wird kein einziges der Probleme, die wir in Europa haben, lösen. (Abg. Kassegger: Also die anderen sind die brauchbare Mehrheit! Und Sie schwafeln was von liberaler Demokratie! Die braucht aber die Mehrheit!)
Es war mir persönlich eine Ehre, fünf Jahre im EU-Parlament arbeiten zu dürfen, Europa mitgestalten zu dürfen (Ruf bei der ÖVP: Die 5 Minuten sind vorbei! – Abg. Belakowitsch: Reden Sie weiter, das ist so gut! – Abg. Kassegger: Sie widersprechen sich in einem Satz selbst!), und ich möchte an dieser Stelle auch noch ein bisschen meiner Redezeit dafür verwenden, um Othmar Karas zu danken (Ah-Rufe bei der FPÖ), ihm für seine vielen Jahre im Dienste Europas zu danken. (Beifall bei NEOS, ÖVP, SPÖ und Grünen.) Ich glaube, das zu sagen ist besonders in diesem Haus, wo er seine politische Arbeit begonnen hat, wichtig. – Danke, Othmar. – Vive l’Europe! (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Fischer. – Abg. Wurm: Danke, Othmar! – Abg. Belakowitsch: Danke! – MEP Gamon begibt sich zu MEP Karas und küsst diesen auf beide Wangen. – Oh-Rufe bei der FPÖ. – Abg. Kickl: Bussi, Bussi! – Abg. Wurm: Die Bussi-Bussi-Gesellschaft Europas! Na, bitte geniert euch! – Abg. Disoski: Seid einmal leise! Das gibt es ja nicht!)
11.41
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Abgeordneter Dr. Othmar Karas. – Bitte, Herr Abgeordneter.