11.42
Mitglied des Europäischen Parlaments Dr. Othmar Karas, MBL-HSG (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher:innen auf der Galerie und vor den Bildschirmen! (Unruhe im Saal. – Abg. Leichtfried: Geh gebts einmal Ruhe!) Der heutige Tag ist für Österreich und für die Österreicherinnen und Österreicher der Tag des Friedens in Freiheit. Beides ist keine Selbstverständlichkeit, sondern wird von innen und von außen bedroht. Deshalb schmerzt mich besonders das von der FPÖ gewählte Thema fast körperlich. Allein die Behauptung, eine Festung Europa wäre ein Garant für Wohlstand und Freiheit, ist an Absurdität kaum zu überbieten. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)
Österreich, ein Land, dessen Wohlstand auf den Schultern der Bürgerinnen und Bürger und der Betriebe aufbaut, ein Land, das allein im vergangenen Jahr mehr als 200 Milliarden Euro an Waren exportiert hat, Österreich, ein Land, in dem fast 5 Prozent des BIP durch den Tourismus erwirtschaftet werden, ein Land, das global für seine Kultur, Kunst, atemberaubende Landschaft und seine Innovationskraft steht, Österreich, ein Land, das in den kommenden Jahren Hunderttausende neue Arbeitskräfte benötigt, ein Land, das erst durch den Beitritt zur Europäischen Union und die Erweiterung der Europäischen Union vom Rand ins Zentrum gerückt ist, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ! Eine Festung Europa (Abg. Amesbauer: Hat die Mikl-Leitner auch einmal gefordert!) führt lediglich zu einer Schwächung des Standortes Österreich und Europa und schadet somit allen Österreicherinnen und Österreichern. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)
Als ich 1983, am 19. Mai, in diesem Hause erstmals angelobt wurde, habe ich begonnen, für das europäische Projekt zu werben, zwölf Jahre später sind wir der Europäischen Union beigetreten. Seit 30 Jahren erleben wir die Erfolge, ja, auch die Enttäuschungen und die Niederlagen, aber in Summe den Aufschwung, den unser Österreich durch die Mitgliedschaft in der Europäischen Union erlebt hat – und trotzdem sitzt hier eine Fraktion, die am liebsten ins letzte Jahrhundert zurück möchte, und das am besten mit dem Schilling.
Wir wissen aber alle ganz genau, was die FPÖ mit einem mangelnden Umgangston – wie wir das heute schon gegenüber unserer Ministerin gehört haben –, aber auch mit diesem Thema bezwecken will: Sie zündeln mit dem Öxit, Sie erinnern an den Brexit, Sie wollen die europäische Demokratie und die Europäische Union und damit uns als Gemeinschaft schwächen (Abg. Kassegger: Von was redet der?) und Sie spielen mit den Ängsten und Sorgen unserer Bürgerinnen und Bürger. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Kickl: Na Sie nicht?!)
Das halte ich für unverantwortlich, da wir das aus der Geschichte kennen: Jene, denen es schlecht geht, die unzufrieden sind, die das Vertrauen verloren haben (Abg. Belakowitsch: Warum ist das so, wenn das alles so super ist?), sind für die einfachen Botschaften empfänglicher. (Abg. Kickl: So komplex sind Ihre Botschaften auch nicht!) Dabei sind all jene, die behaupten, die Herausforderungen lassen sich einfach lösen, einfach Blender.
Wir müssen aufmerksam bleiben. Wir dürfen als EU nicht zögern, sondern müssen handeln, sonst werden wir zwischen den Großmächten und in einer neuen geopolitischen Weltordnung zerrieben. Auch um diese Richtungsentscheidung geht es am 9. Juni bei der Europawahl.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach 25 Jahren im Europäischen Parlament ist es auch für mich heute meine letzte Europastunde in diesem Haus. (Abg. Belakowitsch: Gott sei Dank! – Rufe bei der ÖVP – in Richtung Abg. Belakowitsch –: Niveaulos! – Abg. Stefan – in Richtung ÖVP –: So niveaulos werdet ihr nie! Das habt ihr noch nie gesagt! – Abg. Holzleitner: Widerlich! Wirklich widerlich!) Ich durfte beide Seiten kennenlernen. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und FPÖ. – Abg. Leichtfried: Gebt endlich einmal Ruhe!) In diesem Haus, meine Damen und Herren, beschließen wir Gesetze für neun Millionen Bürgerinnen und Bürger, im Europäischen Parlament machen wir Regeln für 450 Millionen Europäerinnen und Europäer. Beide Häuser haben eines gemeinsam: Sie sind die Bürgerkammern, das Herzstück der Demokratie. Wir sind ausschließlich den Bürgerinnen und Bürgern und unserem Gewissen verpflichtet (Abg. Belakowitsch: Richtig!) – vergessen wir das nie, seien wir uns dieser Verantwortung endlich verstärkt bewusst! (Anhaltender Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)
11.47
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Eva Maria Holzleitner. – Bitte, Frau Abgeordnete.