12.06

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier im Hohen Haus! (Ruf bei der FPÖ: Von Respekt getragen! – Abg. Martin Graf: Voller Respekt getragen, ausgewogen, ohne Untergriffe!) – Habts ihr’s dann bald? Hältst du das aus, einmal zuzuhören, Kollege von der FPÖ? (Ruf bei der FPÖ: Schwierig, aber versuchen wir’s!) – Bist du dann so weit? Da, wo ich herkomme, aus Gramatneusiedl in Niederösterreich, da gehört es dazu, dass man einander zuhört; bei euch offensichtlich nicht (Abg. Kassegger: Das war jetzt auch nicht sehr respektvoll!), aber jetzt haben wir’s, gut.

Herr Klubobmann Kickl, wenn Sie sich hier rausstellen und die höchsten Institutionen unserer Republik, unserer Demokratie auf eine derartige Art und Weise verunglimpfen und auch die FPÖ das heute während der ganzen Sitzung macht, dann frage ich mich wirklich: Wieso wollen Sie eigentlich Kanzler werden, wenn Sie auf die demokratischen Institutionen und die höchsten Repräsen­tant:innen pfeifen? (Abg. Kickl: ... zu clever, als dass Sie das nicht verstehen!) Wieso wollen Sie das? Wieso? (Beifall bei den Grünen.) Wieso wollen Sie das? Volks­kanzler oder Volkskassierer? (Abg. Belakowitsch: Wollen Sie reden oder fragen? ... keine Fragestunde!) – Das ist, was bei mir heute ein bisschen stehen bleibt. (Abg. Kickl: Neid ist ja noch immer die höchste Form der Anerkennung!)

Herr Präsident, wenn Sie angesichts tatsächlich sexistischer Bemerkungen über die Bundesministerin nicht sofort zur Ordnung rufen, wenn Sie hier eine Bemerkung über das Ministerium für Verfassungsbruch nicht sofort mit einem Ordnungsruf belegen (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), dann frage ich mich schon auch: Wie objektiv ist diese Vorsitzführung? Und ja, das werden wir als Grüne auch sehr gerne bei der nächsten Präsidiale thematisieren. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie des Abg. Kucher.)

Tatsächlich ist ja das Schauspiel, das die FPÖ heute hier zum Besten gibt, sehr eindrucksvoll und zeigt, was dann passiert, wenn rechte und rechtsextreme Parteien in Regierungsverantwortung kommen. Sie haben das heute wieder sehr demonstrativ, sehr ausführlich und sehr eindringlich gezeigt. (Abg. Martin Graf: Und wenn Europa ... Schilling ...!) Sie pfeifen auf die Rechtsstaatlichkeit (Abg. Kassegger: Das ist ja absurd! Sie haben gepfiffen!), Sie pfeifen auf die demokra­ti­schen Werte und Institutionen.

Was machen Sie noch? – Sie geben vor, Politik für die kleinen Leute zu machen. Was Sie aber machen, sobald Sie in der Regierung sind: Sozialabbau eiskalt, ohne mit der Wimper zu zucken. Schauen Sie nach Italien! Sie fahren Frontalangriffe auf die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit. Finanzskandale und Postenschacherei sind bei Ihnen an der Tagesordnung. Schauen wir mit großem Interesse in die Steiermark, was dort passiert: Es gibt Korruptionsermittlungen. In Wien gibt es Kontakte zu russischen Oligarchen. Auch gegen Ihren Spitzenkandidaten, gegen Herrn Vilimsky, wird wegen Veruntreuung ermittelt. (Abg. Kickl: Und gegen die Frau Schilling?) Dort, wo Rechte regieren, werden Frauenrechte frontal ange­griffen, Minderheitenrechte mit Füßen getreten. Sie schränken die Meinungs­freiheit ein (Abg. Kickl: Zu Frauenrechten hätte die Frau Schilling auch was zu sagen!) und Sie diffamieren Medien als Lügenpresse. All das passiert, wenn Rechte und Rechtsextreme regieren. (Abg. Belakowitsch: Was Sie alles wissen!)

Die FPÖ und die ihr nationalistisch Gleichgesinnten möchten damit, mit all dem, was ich jetzt aufgezählt habe, nichts weniger erreichen, als die Gesellschaft zu spalten und die EU zu schwächen. Wissen Sie, wer sich darüber besonders freut, Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ? – Darüber freut sich besonders Wladimir Putin. Der lacht sich im Kreml in sein faschistoides Fäustchen, weil seine willfährigen Handlanger seine Interessen in Europa auf Zuruf vertreten, seine Lügenpropaganda in unsere europäischen Parlamente – auch ins österreichische – tragen, seinen brutalen Angriffskrieg auf die Ukraine vertei­digen und Stimmung gegen Sanktionen machen, die Russlands Kriegs­maschinerie bremsen sollen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Dafür stehen Sie, all das machen Sie. Wir haben im Untersuchungsausschuss zum rot-blauen Machtmissbrauch sehr, sehr viele Belege für den blauen Kuschelkurs mit Putin gefunden.

Dass die FPÖ nach wie vor einen aufrechten Freundschaftsvertrag mit Putins Partei hat, spricht ja bitte Bände. Wenn es so ist, dass dieser Vertag tatsächlich gekündigt ist, dann legen Sie doch bitte diese Kündigung vor! Ich habe sie nie gesehen. Vielleicht ist sie in Ihrem Archiv irgendwo verschwunden. Bitte belegen Sie es doch, wenn Sie sagen, dass Sie mit Putin nicht weiter im Bett liegen, dass Sie dieses brandgefährliche Gspusi nicht nach wie vor haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kickl: Eure Sorgen hätte ich gern!)

Der Titel dieser Stunde ist ja absurd: „Festung Europa“. In der blauen Logik würde eine Festung „Sicherheit, Wohlstand, Frieden und Freiheit“ mit sich bringen. Aber wissen Sie was? – Raus aus Öl und Gas: Das ist entscheidend für die Sicherheit von Europa, weil wir uns mit dem Umstieg auf saubere, sichere und leistbare Energie unabhängig von schmutzigen, von fossilen Energieimporten machen (Abg. Kickl: Und wovon machen wir uns abhängig?), von den Despoten, wie Putin, die Energie als Kriegswaffe gegen uns einsetzen und damit unsere europäische Sicherheitsarchitektur zerstören. Das sehen wir.

Ich sehe auch, die nervösen Zwischenrufe bei der FPÖ zeigen: Da habe ich einen Nerv getroffen. Das, was ihr wollt, führt ganz sicher nicht zu mehr Sicherheit, zu mehr Wohlstand. Ihre hetzerische, rassistische Politik bedroht unsere Gesund­heitsversorgung. (Abg. Kassegger: Das ist eine einzige Beschimpfung! Sie reden was von Respekt und beschimpfen uns 5 Minuten lang! Was soll das?) Wer soll denn unsere Kranken pflegen? Wer soll denn unsere Seniorinnen und Senioren pflegen, wenn keiner mehr da ist? Wer soll denn im Tourismus arbeiten? Wer soll denn das umsetzen, was in den Auftragsbüchern steht, wenn niemand mehr da ist, weil wir eine Festung Europa gebaut haben? (Abg. Kickl: Die Flüchtlinge sind nur bedingt geeignet!) Wer soll denn das machen? Sagen Sie das bitte jedes Mal dazu!

Festung Europa ist Wohlstand zerstörend. Das schafft keinen Wohlstand. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren, die Sie heute zuschauen, am 9. Juni stehen wir vor einer Richtungsentscheidung. Wir alle haben gemeinsam eine Wahl: Lassen wir uns von den Rechten und von den Rechtsextremen zurück ins finstere Mittelalter katapultieren, wo hetzerische Sündenbockpolitik, das Recht des Stär­keren, Willfährigkeit und Korruption regieren, wo unsere demokratischen Prinzipien mit Füßen getreten werden und unsere gesellschaftliche Vielfalt in Europa diffamiert wird? Wollen wir das? Oder steuern wir das Schiff Europa in eine helle, lebenswerte Zukunft, die ein sicheres, gutes Leben für uns alle und für die nachfolgenden Generationen auf einem lebenswerten Planeten ver­spricht?

Ich weiß, welche Zukunft ich mir für Österreich, für unsere Kinder und Kindeskinder wünsche. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kickl: Da bleibt von Österreich nichts über, wenn ...!)

12.12

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Klubvorsitzende Mag. Beate Meinl-Reisinger. – Bitte schön.