12.12

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen aus Brüssel! Liebe Kolleginnen und Kollegen hier! Liebe Zuschaue­rinnen und Zuschauer! Lassen Sie mich kurz ein paar Worte zu dem Stil dieser Diskussion sagen! Ich glaube wirklich, dass das die Menschen nicht wollen: diese Art der Aggressivität, diese Art der Verhaltensauffälligkeit, dieses ständige gegenseitige Runtermachen. Werte FPÖ, Sie sind da immer mittendrin statt nur dabei, wie ein Haufen pubertierender Kinder ständig hereinrufend und andere abwertend. Das wollen die Menschen nicht. (Beifall bei NEOS und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wer keinen Respekt voreinander, vor den demokratischen Institutionen, vor unserer Republik hat, der hat keinen Respekt vor den Menschen, und das spüren die Menschen sehr wohl.

Jetzt möchte ich auch gleich weiter auf Sie eingehen, nämlich auf das, was Sie heute hier abliefern. Ich finde, das ist sehr symbolisch für Europa an sich und für die Frage, was auf dem Spiel steht. Schauen Sie, Europa ist ein Projekt, das auf den Trümmern und den blutigen Schlachtfeldern des Zweiten Weltkriegs, des Ersten Weltkriegs, der Erlebnisse und Erfahrungen mit Nationalismus aufgebaut wurde. Hunderttausende, Millionen Tote: Auf diesen blutigen Schlachtfeldern ist dieses gemeinsame europäische Projekt entstanden – mit einem ganz klaren Bekenntnis dazu, dass wir zusammenarbeiten, dass wir uns an einen Verhandlungs­tisch setzen, dass wir nicht mit Bomben, Granaten und Panzern Politik machen, sondern Kompromisse schließen, dass wir kompromissfähig sind. Das ist der Kern des europäischen Gedankens.

Das ist genau das, was Sie – wie Sie heute gezeigt haben – nicht wollen. (Abg. Kassegger: O ja, wir wollen das! Sie wollen es nicht!) Sie wollen nicht Kompromisse schließen, Sie wollen nicht zusammenarbeiten. Sie sind der Geist, der stets verneint, der das alles zerschießen will.

Da braucht man nur auf Ihre Plakate zu schauen, die wirklich eigenartig sind. Da stehen ein bisschen viele Themen auf einmal, und ich frage mich wirklich: Sind da bei euch Leute zusammengesessen und haben sich gedacht: Das ist wirklich eine super Idee! Klatschen wir einmal von den Verschwörungstheorien, die in Europa so existieren, eine nach der anderen auf ein Plakat, vom angeblichen Coronawahnsinn und den bösen Spritzen bis hin zu Windrädern als Merkmalen des Ökokommunismus!

Ich bin da letzthin an so einem Plakat vorbeigelaufen. Das ist ja besonders perfide: Da zeigt man Herrn Selenskyj – so heißt er übrigens – und Frau von der Leyen, EU-Kommissionspräsidentin, die sich scheinbar küssen. Das ist ja die Geschichte, die gerne in den sozialen Medien oder in Ihrem Telegram-Channel erzählt wird: Die haben ja ein Verhältnis! Die haben ja ein Pantscherl! – Das sind krudeste Verschwörungstheorien, bei denen sich jeder an den Kopf greift (Abg. Wurm: Das hat die Schilling behauptet!) und sich denkt: Bitte, wer glaubt denn so einen Holler? – Das klatscht ihr einfach so auf ein Plakat.

Dazu muss ich sagen: Da muss ich nicht einmal wissen, ob ihr noch einen aufrechten Vertrag mit Putins Partei habt. Jeder, der sehen will, sieht. Ihr macht mit diesem Plakat genau das, was aus Putin’schen Trollfabriken in Sankt Peters­burg tausendfach, millionenfach Tag für Tag unsere sozialen Medien über­schwemmt. (Abg. Amesbauer: Das ist echt fad!) Ihr macht seine Propaganda, ihr seid die Handlanger dieses Regimes, die Handlanger Putins in Österreich. Ich frage mich wirklich: Was kriegt ihr eigentlich dafür bezahlt? (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Ich möchte auch noch das aufgreifen, was meine Kollegin Claudia Gamon gesagt hat, weil es natürlich sinnbildlich für den Widerspruch ist: Ihr redet von einer Festung und seid nicht bereit, eine selbstbewusste Verteidigungsunion zu schaffen. (Abg. Amesbauer: Mit der Nato?)

In einer Zeit, in der die Menschen sagen, sie haben Angst davor, dass sich Krieg wieder durchsetzt, dass Putin, wenn er sich in der Ukraine weiter durchsetzt, weitermacht, dass ihre Kinder nicht in Frieden und Freiheit leben, ist es notwen­dig, uns zusammenzutun, uns gemeinsam zu schützen, die Menschen in Europa zu schützen. Dazu seid ihr nicht bereit. Eure Festung ist eine Hüpfburg – da hat Frau Gamon völlig recht. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Schauen wir also jetzt mit Selbstbewusstsein auf die Zukunft Europas! Wir sind jemand. Wollen wir weiter Spielball sein oder selbstbewusster Akteur? Wollen wir weiter zuschauen, wie uns China und die USA um die Ohren fahren? Wollen wir ernsthaft so wenig selbstbewusst sein, dass wir sagen, wir verfallen wieder in unseren Nationalismus und zerfallen wieder in Nationalstaaten, und glauben, dann stärker zu sein? – Das ist doch abenteuerlich. Das wollen die Menschen ja auch nicht. Deshalb redet ihr da nur so ein bisschen verklausuliert vom Öxit, weil ihr in Wirklichkeit ja eh wisst: Die Menschen wollen es nicht. Also zündelt ihr halt herum, bis die Stimmungslage da ist. Nicht einmal da seid ihr ehrlich.

Selbstbewusstsein ist gefragt. Haben wir schon alles geschafft? – Nein.

Haben wir schon viel weitergebracht? – Ja.

Ist die Europäische Union ein Erfolgsprojekt? (Rufe bei der FPÖ: Nein!) – Wissen Sie, es klingt komisch, das zu sagen (Abg. Belakowitsch: Ach so!): Es ist zu früh, das zu sagen.

Wir haben den Stift der Geschichtsschreibung selber in der Hand, und wir – alle, die gewillt sind, daran zu arbeiten – werden in den nächsten Jahren mitbestim­men, ob die Geschichte ein Erfolgsprojekt ist, das Wohlstand, Freiheit und Frieden für alle Menschen in Europa garantiert. Ich garantiere, wir werden hart daran arbeiten, Österreich und die Europäische Union stärker zu machen. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Schallmeiner.)

Last, but not least (Präsident Hofer gibt das Glockenzeichen): Die, die diesen Stift der Geschichtsschreibung schon in der Hand hatten, sind jene Abgeordneten Österreichs, die in den letzten Jahren in Brüssel ihren Job gemacht haben, die dort nicht nur Champagnerpartys gefeiert haben, sondern dort gearbeitet haben. Ihnen – parteiübergreifend – gilt mein Dank, ganz besonders natürlich unserer Claudia Gamon, aber auch allen anderen Abgeordneten – Othmar Karas, den Abgeordneten der SPÖ, der Grünen –, die in den letzten Jahren in Brüssel hart für Österreich gearbeitet haben. (Abg. Amesbauer: Einheitspartei! – Präsident Hofer gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Danke im Sinne unseres Hauses und danke im Sinne der Menschen in Österreich. (Beifall bei NEOS und Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

12.18

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.