13.06

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Es ist eine große Freude, aufgrund des Jubiläums des 75-jährigen Bestehens des Europarates in unserem Nationalrat den Anlass zu haben, in Ihrer Anwesenheit, Herr Präsident, die Arbeit und die Errungenschaften des Europarates zu feiern.

Der Europarat ist als ältester europäischer Staatenbund und als größte Men­schen­rechtsorganisation Europas eine beispiellose Institution. Seit 75 Jahren arbeitet er für Demokratie, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, das heißt, für unsere europäischen Werte, die die Grundlage unseres Zusammenlebens sind.

Am bekanntesten ist Ihnen wohl der Europäische Gerichtshof für Menschen­rechte: ein einzigartiges Gericht, an das sich jede Bürgerin, jeder Bürger aus all den 46 Mitgliedstaaten des Europarates wenden kann, wenn er oder sie meint, dass die nationalen Gerichte seine oder ihre Menschenrechte nicht geschützt, sondern verletzt haben. Was ist das für eine tolle Errungenschaft, die man in dunklen Zeiten unserer Geschichte wahrlich nie für möglich gehalten hätte?!

Es gibt im Europarat aber auch – und das möchte ich hier kurz erklären – die Parlamentarische Versammlung, die ähnlich wie unser Parlament funktioniert, mit verschiedenen Parteienfamilien, die sich aus Abgeordneten aus allen 46 Mitgliedstaaten zusammensetzen und die, so wie wir, in Ausschüssen zu unterschiedlichen Themen zusammenarbeiten. Da bin ich schon beim Punkt: Im Gegensatz zu dem, was wir als Opposition hier erleben – nämlich dass fast 99 Prozent unserer Ideen, Vorschläge und Anträge weggeschoben und abgelehnt werden –, herrscht in diesen Ausschüssen im Europarat eine konstruktive Diskussionskultur. Dank dieser kann von jeder politischen Seite ein Bericht, eine Empfehlung oder Ähnliches erarbeitet werden und hat auch die Chance, angenommen zu werden.

Es ist schon frappierend für mich – im Vergleich zur nationalen Ebene in den letzten Jahren –, dass es, wenn ich in Straßburg, auf Europaratsebene, Menschenrechtsverletzungen benenne, für die Wahrung der Menschenrechte oder Rechtsstaatlichkeit Empfehlungen abgebe, dann Zustimmung gibt und die Texte angenommen werden. Es gibt dort ja auch nicht so viele Ausreden. Letztlich stimmen dann auch Parteien sowohl vom linken als auch vom rechten Rand zu.

Nun kann man sagen: Na ja, das ist ja egal, der Europarat macht ja keine Gesetze, er produziert nur Text! Ich denke aber, dass in Wahrheit auch die populistischen Parteien wissen, was menschenrechtlich geboten wäre, und nur auf nationaler Ebene schärfere Töne wider besseres Wissen anstimmen, aus verantwortungs­losem Kalkül heraus.

Das hört man nicht nur aus den Reihen der FPÖ – wie auch heute schon bei der Rede meiner Kollegin –, die die Menschenrechtskonvention an sich ja auch in Frage stellt und einen Austritt Österreichs aus der Menschenrechtskonvention befürworten würde, sondern auch aus den Reihen der konservativen Partei, der ÖVP, wenn zum Beispiel ihr Klubchef meint, dass er eine Überarbeitung der Menschenrechtskonvention befürworten würde, oder eine Ministerin – Minis­terin Edtstadler – sagt, es bräuchte Urteile, die realitätsnahe seien – das mit Blick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte. Da muss man schon sagen: Die Auslegung der Menschenrechtskonvention obliegt dem Gerichtshof und nicht einer Kollegin, nicht mir und auch nicht einer österreichischen Ministerin.

Apropos Menschenrechtsgerichtshof: Ich habe die Ehre, mit Petra Bayr im Ausschuss zu sitzen, der die Hearings zu den Kandidatinnen und Kandidaten macht, die Richterin, Richter am Menschenrechtsgerichtshof werden wollen, und auch da läuft es ganz anders – Gott sei Dank – als bei uns. Ich hatte ja das Vergnügen, bei den Diskussionen dabei zu sein, wer bei uns für die Kontrollkom­mission bestellt wird, die unseren Verfassungsschutz kontrollieren soll, und da wussten die alten drei Parteien sehr schnell, wer ihr Mitglied ist, egal wie gut andere sind. Es gab keine inhaltliche Diskussion über die Frage, wer der Beste für diese Position wäre.

In diesem Komitee wiederum gibt es aber Gott sei Dank einen Austausch von Argumenten über die Qualifikation der Kandidatinnen und Kandidaten, über die Auswahlkriterien, die wir auch immer weiterentwickeln – da sind Verbesserun­gen immer möglich. Der Zugang ist einer, der den inhaltlichen Diskurs in den Fokus rückt.

Noch schnell in den Fokus möchte ich die Arbeit der Gremien des Europarates rücken, die es sonst noch gibt und die Empfehlungen auch Richtung Österreich aufgrund von kritischen Punkten aussprechen, die sie erarbeitet haben. Da gäbe es viele offene Punkte und entsprechende Maßnahmen – zur Stärkung der Frauenrechte, zur Verhütung von Folter und unmenschlicher Behandlung, gegen Korruption und gegen Menschenhandel –, bei denen Österreich in der Umset­zung säumig ist.

Insbesondere der letzte Bericht der Expertengruppe des Europarates gegen Korruption war sehr kritisch mit Österreich, und die Empfehlungen sind weiterhin zum großen Teil nicht umgesetzt. Deswegen würde ich schon sagen, auch wenn Herr Lopatka gelobt hat, dass wir als Österreich bei der musikali­schen Hintergrundgestaltung des Europarates federführend mit dabei waren: Das kann es nicht gewesen sein! Wir sind Verpflichtungen eingegangen, die wir auch umzusetzen haben. (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.)

Dieser Tag böte den richtigen Anlass, um uns noch einmal unseren Verpflich­tungen zu stellen, als Regierung diese Verpflichtungen wahrzunehmen und endlich in die Umsetzung der Empfehlungen zu kommen. Das wäre neben dem Beklatschen von Reden die wahre Wertschätzung gegenüber dem Europarat. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

13.12

Präsidentin Doris Bures: Herr Präsident Theodoros Rousopoulos, mir wurde mitgeteilt, Sie würden sich jetzt noch zu einer kurzen Replik zu Wort melden. – Bitte, dann erteile ich Ihnen das Wort.