14.57
Abgeordnete Mag. Bettina Rausch-Amon (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste hier im Haus und alle Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! Für meinen Beitrag zum Außen- und Europapolitischen Bericht 2022 habe ich mir eigentlich einen anderen Schwerpunkt gesetzt, ich möchte aber in Replik auf Kollegin Duzdar schon noch zwei Gedanken anbringen, weil ich das nicht so stehen lassen kann.
Österreich auf internationaler Bühne, gerade was den Nahostkonflikt betrifft, Untätigkeit oder eine falsch verstandene Neutralität vorzuwerfen halte ich hier für nicht angebracht.
Jetzt kann man sagen, ich habe leicht reden, weil ich auch keine persönliche Verbindung in diese Region habe und Gott sei Dank auch keine persönliche Erfahrung mit dem unermesslichen Leid eines Krieges, mit der Notwendigkeit einer Flucht oder mit Vertreibung habe, ich glaube aber, wir haben es mit fundamental unterschiedlichen Dingen zu tun: Die israelische Armee kämpft – ja, leider Gottes mit Kollateralschäden; das Wort ist eigentlich hässlich, wenn es um tote Menschen geht, denn jeder Tote und jede Tote ist einer und ist eine zu viel; dieses Leid ist eines, das uns auch berührt, mich persönlich jedenfalls – und macht unter internationaler Beobachtung im Rahmen internationalen Rechts, ihres Selbstverteidigungsrechts Terrorzellen ausfindig, möchte Terroristen unschädlich machen, die uns alle bedrohen, bedrohen können – Kollege Engelberg hat das ausgeführt –, weil, und das ist der Unterschied, die Hamas, die letztendlich am Beginn dieser Misere, dieses Dramas steht, am 7. Oktober 2023 bewusst, vorsätzlich, willkürlich Zivilisten brutal vergewaltigt, verstümmelt, ermordet hat. Ich möchte das noch einmal festhalten: Darum geht es – um nicht mehr, aber auch um nicht weniger. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)
Zurück zum Außen- und Europapolitischen Bericht: Der Schwerpunkt, den ich bei der Debatte über diesen umfangreichen Bericht setzen möchte, ist Afrika. Auch wenn Frau Kollegin Brandstötter kritisiert, dass eine verschriftliche Strategie nicht vorliegt, sind jedenfalls ich und viele meiner Kolleginnen und Kollegen der Meinung, die Strategie, die sie verschriftlicht vermisst, kann man, wenn man die Handlungen des Bundesministers, seines Teams, der Bundesregierung insgesamt beobachtet, nachverfolgt und die Berichte liest – auch jenen von 2022 –, wenn man so will, deduktiv ableiten. Das Vorgehen der Regierung in Sachen Afrika ist differenziert, weil unsere Interessen im globalen Kontext vielfältig sind und weil auch die Staaten und Regionen Afrikas vielfältig sind, auch was ihre Chancen und Herausforderungen betrifft.
Das Vorgehen ist engagiert, wie ich meine, und es ist zukunfts- und lösungsorientiert. Und Lösungen braucht es allemal für die großen Herausforderungen unserer Zeit, für die vielen Herausforderungen globalen Ausmaßes. Wie wir heute sehen, geht es um ein grundsätzliches Ringen um Frieden und Sicherheit in einer bipolaren Welt. Es geht um Schutz und Stärkung einer demokratischen Rechtsordnung, unseres liberalen Lebensmodells angesichts des Rückgangs von Demokratien weltweit. Zwei ganz konkrete Herausforderungen aber, die uns alle betreffen, egal welche Staatsform, welches Lebensmodell wir haben, sind Migration und Klimawandel.
Die Ursache für Migration, gerade aus Ländern, Regionen Afrikas, sind leider neben immer wieder auch lokal ausbrechenden Kriegen – ich nenne den Sudan als Beispiel – grundsätzlich sehr oft die wirtschaftliche Lage, die Lebensqualität, die Lebenschancen, die Sicherheitslage der Menschen, die sie zum Aufbruch zwingen oder jedenfalls einen Aufbruch Richtung Europa attraktiver erscheinen lassen. Wenn wir also wollen, dass Menschen Perspektiven vor Ort haben, dann muss der allgemeine Wohlstand in Afrika steigen, dann muss es Stabilität geben. Ich sehe, dass vitale und legitime Sicherheitsinteressen der österreichischen, auch der europäischen Bevölkerung letztlich Hand in Hand mit einer ethisch-humanistischen Verantwortung, die wir da haben, gehen. Das sind vordergründig oft Widersprüche, aber diese gilt es aus meiner Sicht konsequent aufzulösen – mit Zuversicht und im Dialog.
Perspektiven bedeuten nicht nur Sicherheit, Stabilität, sondern Perspektive heißt auch Wirtschaftswachstum und Wohlstand. Dazu vielleicht auch nur einen Gedanken: Wenn so manche Länder Afrikas ihren Wohlstand, ihr Wirtschaftswachstum mit demselben ökologischen Fußabdruck, Stichwort CO2-Ausstoß, wie wir bisher in Europa erreichen, dann haben wir ein Problem, aber ich sehe auch da viele Chancen. Afrikas Wirtschaft wächst am schnellsten auf der ganzen Welt, und wir sehen, sie überspringt dabei technologische Entwicklungsstufen, arbeitet mitunter wesentlich nachhaltiger.
Es gibt somit wechselseitiges Interesse an wirtschaftlichem und wissenschaftlichem Austausch über die Grenzen der Kontinente hinweg. Ein Beispiel dafür, das wir im Bericht lesen: 2022 gab es den sechsten EU-Afrika-Gipfel, bei dem die EU ein Investitionspaket in der Höhe von 150 Milliarden Euro bis 2027 zugesagt hat. Es geht um den Green Deal, um Digitalisierung, Schaffung von Arbeitsplätzen, aber auch um Good Governance und um Perspektiven für die Menschen.
Einen letzten Gedanken auch zum Thema Entwicklungszusammenarbeit, einem Thema, das natürlich immer wieder mit dem afrikanischen Kontinent in Verbindung gebracht wird: Es würde zu kurz greifen, würden wir in Afrika nur Entwicklungszusammenarbeit machen, es braucht in bestimmten Regionen auch sehr spezifisch unsere Unterstützung. Ich denke an Äthiopien, wo wir die ländliche Entwicklung unterstützen, humanitäre Hilfe über die Austrian Development Agency anbieten, oder ich denke an Burkina Faso, wo wir technisches Schulwesen und Berufsbildung unterstützen. Es ist unsere Verantwortung, dort zu unterstützen. Das hilft den Menschen vor Ort, trägt aber auch zur globalen Sicherheit bei.
Sie sehen also, Österreichs Vorgehen am afrikanischen Kontinent ist engagiert. Wir sind in gutem Austausch mit unseren afrikanischen Partnern. Wir brauchen Partner in einer sich rasch verändernden Welt und haben dort, denke ich, schon 2022 beste Voraussetzungen geschaffen, setzen das aber auch in den Jahren 2023, 2024 und so weiter fort.
Ich danke dem Außenminister dafür, seinem Team in Wien und auf der ganzen Welt, speziell auch auf dem afrikanischen Kontinent, und ich bin froh, wenn wir diesen Weg auch gemeinsam fortsetzen können. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
15.03
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Robert Laimer. – Bitte.