18.54
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Jetzt haben wir schon leere Plätze, aber falls noch jemand zuhört: Schönen frühen Abend! Wir haben uns ja im Ausschuss bemüht, bei dem Grace-Period – Gesetz auch die positiven Dinge zu sehen.
Leider ist das, was die Regierungsparteien uns vorlegen, ein bisschen holprig. Ich meine, die Vorschriften im Bereich der Bundesabgabenordnung sind ein netter Versuch: Probieren wir etwas aus, sozusagen eine begleitende Beteiligung durch das Finanzamt während dieser Zeit des Betriebsübergangs!, warum dann aber gleich jede Außenprüfung gesetzlich verboten wird, erschließt sich mir nicht, weil es ja sein könnte, dass man einen Vorgang hat, bei dem ein genaueres Ansehen notwendig ist – aber gut.
Im Bereich der Gewerbeordnung, was die Betriebsanlagengenehmigungen betrifft, haben wir wirklich ein Thema, weil wir natürlich Betriebe haben, die zum Teil seit Jahren, Jahrzehnten bestehen und die Folgen der neuen Betriebsanlagengenehmigung zu enormen Kosten führen können. Da soll es eine kleine Erleichterung bei der Beschreibung der Anlagen geben. Das ist alles ein wenig wenig – um es einmal so zu sagen.
Der dritte Punkt ist: Im Bereich des Arbeitnehmer:innenschutzes kommt es zu einer Verschlechterung, die uns das Zustimmen schwierig macht. Dass erst im Nachhinein die Sicherheitsvertrauensperson genannt werden muss, dass nicht mehr in regelmäßigen Abständen die entsprechenden Fallbesprechungen stattfinden: Dass diese Kritik der AK im Begutachtungsverfahren nicht ernst genommen wurde, ist bedauerlich, und das macht es uns leider nicht möglich, dem Gesetz heute zuzustimmen.
Statt diesem holprigen Irgendetwas hätte man ja größere Dinge angehen können. Wir haben uns vorgestellt, dass man auf der Gesetzgebungsseite wirklich einen Schub macht, dass man Dinge zurücknimmt, die falsch gelaufen sind, und gleichzeitig dafür sorgt, dass der Staat wieder genug Geld und weniger Verschuldung hat und sinnvolle Maßnahmen macht.
Ich bringe daher, Frau Präsidentin, einen Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Steuergerechtigkeit für Arbeitnehmer:innen und Pensionist:innen“
„Die Bundesregierung, insbesondere der Finanzminister wird aufgefordert, dem Nationalrat ehebaldigst ein Gesetzespaket für eine echte strukturelle Steuerreform vorzulegen, mit welcher höhere Steuern auf leistungslose Einkommen auf Kapital und Vermögen durch
- eine Rücknahme der KÖSt-Senkung,
- effektive Maßnahmen gegen Gewinnverschiebungen,
- die Abschöpfung von krisenbedingten Übergewinnen,
- die Einführung einer Millionärsabgabe sowie einer Erbschafts- und Schenkungssteuer für Millionenerbschaften ab 1 Mio. €, wobei ein zusätzlicher Freibetrag für das Eigenheim in Höhe von 1,5 Mio. € vorzusehen ist, und
- das Schließen von Steuerschlupflöchern
eingehoben werden, um im Gegenzug die Steuern auf Arbeitseinkommen und Pensionen senken zu können.“
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Das wäre eine echte strukturelle Reform, die den Grundsatz: Leistung muss sich lohnen! umfasst (Zwischenruf des Abg. Schellhorn) und vielleicht auch die vielen hier anwesenden nicht Volksvertreter, sondern Millionärsvertreter – ich höre schon Stimmen bei den NEOS – sich besinnen lassen würde.
Der Bezug der Abgeordneten hier wird von Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern bezahlt, nicht von unseren Milliardären und Millionären. (Abg. Schellhorn: Und die Parteienförderung?) Vielleicht schreiben Sie sich das ins Stammbuch, Herr Kollege, kommen Ihrer Aufgabe als Mandatar der Volksinteressen nach und stimmen da zu! – Vielen Dank, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)
18.58
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Kai Jan Krainer
Genossinnen und Genossen
betreffend: Steuergerechtigkeit für Arbeitnehmer:innen und Pensionist:innen
eingebracht in der 262. Sitzung des Nationalrates im Zuge der Debatte zu Top 9 Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2510 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz und die Bundesabgabenordnung geändert werden (Grace-Period – Gesetz) (2543 d.B.)
Begründung
Mit dem Grace-Period-Gesetz wird für Familienunternehmen und KMU bei Unternehmensübergaben von der Finanzverwaltung die Möglichkeit geschaffen, durch eine begleitende Prüfung der Steuersachverhalte durch die Finanz, Rechtssicherheit für die Unternehmen in der Beurteilung steuerlicher Sachverhalte zu schaffen. Zweifelsohne sind Steuerprüfungen ein Element, um Steuergerechtigkeit herzustellen. Dabei geht es nicht nur darum, Zweifelsfragen bei der steuerlichen Veranlagung von Familienunternehmen zu klären, sondern vor allem darum, dass es keine Toleranz für Steuerbetrüger geben darf, um die vielen steuerehrlichen Bürger:innen und Familienunternehmen/KMUs zu schützen. Eine Arbeitsgruppe im Finanzministerium hat analysiert, dass rund 70% der Privatstiftungen in Österreich noch nicht geprüft wurden.1 Unsere Steuergesetze müssen einfacher und weniger gestaltungsanfällig gemacht werden, denn es müssen auch unerwünschte Steuergestaltungen, die legal sind, aber die Steuern für diejenigen, die sich teure Berater leisten können und damit ihre Steuern reduzieren, verhindert werden. Die bestehenden Steuern müssen daher effizienter eingehoben und Steuerschlupflöcher geschlossen werden. Das bedeutet auch, dass Österreich auf EU-Ebene für effektive Maßnahmen gegen internationale Gewinnverschiebungen eintreten muss.
Bei der Frage der Steuergerechtigkeit geht es aber nicht nur darum, Familienunternehmen bzw. KMUs zu prüfen, sondern es ist auch die Frage zu stellen, welchen Anteil natürliche Personen als Arbeitnehmer:innen und Pensionist:innen am Gesamtsteueraufkommen leisten, denn rd. 80 Prozent des Steueraufkommens stammen aus der Besteuerung von Arbeit und Konsum. Wertsteigerungen bei der Umwidmung von Grundstücken haben nichts mit Leistung, sondern nur mit einem Umwidmungsvorgang zu tun - sie sollen durch eine Umwidmungssteuer abgeschöpft werden. Statt eine Millionärssteuer auf Vermögen und Erbschaften der Reichsten einzuführen, hat die ÖVP/Grünen-Bundesregierung den Körperschaftsteuersatz von 25% auf 23% gesenkt und damit ein Milliarden-Steuergeschenk an Großkonzerne und Unternehmen verteilt. Die Abgeltung der kalten Progression in der Einkommen-/Lohnsteuer zahlen sich die Arbeitnehmer:innen und Pensionist:innen durch zuvor höhere Steuerzahlungen infolge Anhebung der Löhne und Pensionen selber. Der SPÖ-Vorschlag einer Millionärssteuer trifft ausschließlich Nettovermögen, die über 1 Mio. € liegen, zusätzlich ist das bewohnte Eigenheim durch einen Freibetrag von bis zu 1,5 Mio. € ausgenommen. Dasselbe bei einer Erbschafts- und Schenkungssteuer, bei der nur Millionenerbschaften besteuert werden, das weitergegebene Eigenheim an Lebensgefährt:in oder Kinder aber steuerfrei bleibt. Eine echte strukturelle Steuerreform muss den Steueranteil von Arbeit am Gesamtabgabenaufkommen verringern und den Anteil von Steuern auf leistungslose Einkommen aus Kapital und Millionenvermögen erhöhen. Wenn Millionenvermögen und Millionenerbschaften einen gerechten Beitrag leisten, werden 98% der Österreichinnen und Österreicher weniger Steuern zahlen.
Durch die fehlende Gegenfinanzierung der Krisenmaßnahmen in den vergangenen Jahren hat der ÖVP-Finanzminister im vergangenen Oktober ein Budget vorgelegt, mit dem das Defizit des Jahres 2023 auch im Jahr 2024 mit -2,7% des BIP fortgeschrieben wird, und es wird bis 2027 auch nicht sinken.2 Der Fiskalrat sieht in seiner Schnellschätzung vom April 2024 die Maastricht-Defizitobergrenze von 3% gefährdet, denn das Defizit könnte für 2024 und 2025 auf über 3% des BIP steigen, auch die Schuldenquote wird sich erhöhen3, womit keine budgetären Spielräume mehr vorhanden sind.
Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden
Entschließungsantrag
„Die Bundesregierung, insbesondere der Finanzminister wird aufgefordert, dem Nationalrat ehebaldigst ein Gesetzespaket für eine echte strukturelle Steuerreform vorzulegen, mit welcher höhere Steuern auf leistungslose Einkommen auf Kapital und Vermögen durch
- eine Rücknahme der KÖSt-Senkung,
- effektive Maßnahmen gegen Gewinnverschiebungen,
- die Abschöpfung von krisenbedingten Übergewinnen,
- die Einführung einer Millionärsabgabe sowie einer Erbschafts- und Schenkungssteuer für Millionenerbschaften ab 1 Mio. €, wobei ein zusätzlicher Freibetrag für das Eigenheim in Höhe von 1,5 Mio. € vorzusehen ist, und
- das Schließen von Steuerschlupflöchern
eingehoben werden, um im Gegenzug die Steuern auf Arbeitseinkommen und Pensionen senken zu können.“
1 s. https://www.derstandard.at/story/3000000219026/wie-steuerpruefer-die-superreichen-ins-visier-nahmen
2 https://fiskalrat.at/dam/jcr:f987e479-a56b-40a2-ba88-de6de767bee2/2024_04_Pressetext_Schnellsch%C3%A4tzung_FISK-B%C3%BCro.pdf
3 https://fiskalrat.at/dam/jcr:f987e479-a56b-40a2-ba88-de6de767bee2/2024_04_Pressetext_Schnellsch%C3%A4tzung_FISK-B%C3%BCro.pdf
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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, steht daher auch mit in Verhandlung.
Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Haubner. – Bitte.