13.56

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und auch zu Hause vor den Bildschirmen! Gäbe es den ORF nicht, dann würden Sie etwas verpassen: Diese Sternstunde des Parlamen­tarismus, dieses intellektuelle Feuerwerk, diese Blaupause für Benimmkurse würde Ihnen dann entgehen.

Worum geht es heute in der Debatte? – Der Verfassungsgerichtshof hat festgestellt, dass der Regierungseinfluss auf ORF-Gremien einfach viel zu groß ist, und hat deshalb auch Teile des ORF-Gesetzes aufgehoben. Die Regierung hat nun noch bis zum nächsten Jahr, bis Mitte 2025, Zeit, um das zu reparieren. Der Zeitpunkt der Feststellung, des Erkenntnisses des VfGH war vor sieben Monaten, seitdem ist zumindest vor den Kulissen sehr wenig pas­siert. Hinter den Kulissen wird allerdings sehr scharf darüber nachgedacht, wie man denn dieses Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes so um­setzen kann, dass man den größtmöglichen Nutzen daraus ziehen kann, nämlich weiterhin massiven politischen Einfluss auf den ORF, in den Gremien zu haben.

Ich möchte schon einmal ganz klar sagen: Alle hier im Haus vertretenen Parteien haben ein Interesse daran, diesen Einfluss weiter aufrechtzuerhalten. Da gibt es die Messagecontrol-Mitarbeiter der ÖVP, die nach wie vor die Telefon­nummer vom Küniglberg auf Kurzwahl haben. (Ruf: Echt?) Da haben es sich die Grünen auch sehr bequem mit Sidelettern eingerichtet und wollen wei­terhin auf diese Art und Weise auch Topjobs ausbaldowern (Abg. Belako­witsch: Die waren schon vorher eingerichtet! Abg. Hafenecker: Das machen doch nur die Schwurbler, oder!?) Die SPÖ hingegen weiß ganz genau, dass man sie für eine Zweidrittelmehrheit benötigt, um eben dieses ORF-Gesetz abzuän­dern, und diese Zustimmung wird sie sich auch sehr, sehr teuer abgelten lassen. Die FPÖ, ja, die Kollegen hier vorne, wollen sowieso den ORF in Schutt und Asche legen (Zwischenruf des Abg. Hafenecker) und haben daher auch schon die Abrissbirne Peter Westenthaler in den Stiftungsrat geschickt; wobei heute auch ein Protestbrief von 30 der 35 Stiftungsräte unterzeichnet wurde, weil dessen Benehmen dem Verhalten eines Aufsichtsrates eines öffent­lich-rechtlichen Rundfunks einfach absolut unwürdig ist. (Abg. Kasseg­ger: ... Fragen stellt! – Abg. Hafenecker: Weil er Fragen stellt? – Zwischenruf des Abg. Deimek. – Abg. Belakowitsch: Wahnsinn! Der traut sich was!) Westenthaler war übrigens auch jener, der einmal dort während der „Zeit im Bild“ angerufen hat – als diese noch gelaufen ist, während laufender Sendung! –, um hineinzuintervenieren, um sich zu beschweren.

Zusammenfassend: Diese ORF-Debatte, meine Damen und Herren, ist geprägt von Eigeninteressen und von Nebelgranaten. Die Politik hat auch zu ver­antworten, dass keine sachlichen Debatten geführt werden – keine sachlichen Debatten über Ziele, über Verantwortungen –, und das haben wir NEOS immer eingefordert. (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.) Wir haben immer gesagt, wir wollen zuerst darüber sprechen, was die Ziele, die Aufgaben des ORF sind, was nicht seine Ziele, nicht seine Aufgaben sind, dann sprechen wir darü­ber, wie wir den ORF nachhaltig entpolitisieren, und dann sprechen wir über die Finanzierung. Das ist dieser Dreiklang, der nicht befolgt worden ist, statt dessen sprechen wir über Einzelmaßnahmen. (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)

Das alles auch im Lichte des European Media Freedom Acts. Was viele vielleicht nicht mitbekommen haben, auch hier im Hohen Haus, ist, dass in Brüssel der europäische Medienmarkt neu gestaltet wurde, und eine der Maßnahmen ist auch, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen müssen, dass öffentlich-rechtli­che Rundfunkanstalten redaktionell und organisatorisch unabhängig arbeiten. Das Medienfreiheitsgesetz verlangt dafür auch Regeln für die Bestel­lung und Abberufung des Managements, in dem Fall des ORF, und auch eine Unabhängigkeit, die dadurch garantiert wird. Ich zitiere: „Generaldirektor und Management müssten in ‚transparenten, offenen, effektiven und nicht diskriminierenden‘ Prozessen nach ‚transparenten, objektiven, nicht dis­kriminierenden und verhältnismäßigen Kriterien‘ bestellt werden. Nur gerechtfertigt, ordnungsgemäß und in Ausnahmefällen“ dürfen diese Gremien „vorzeitig abberufen werden.“

Was passiert meanwhile in Österreich? – Gemauschle, Geschiebe, Hauptsache, weiterhin ordentlich Einfluss auf den ORF haben – und der ORF bleibt somit auch weiterhin in der Geiselhaft der Politik.

Wir NEOS fordern seit Jahren eine echte Entpolitisierung im ORF, und aus die­sem Grund möchte ich einmal mehr darauf hinweisen, was da unser Kern­anliegen ist: Wir wollen die Freundeskreise sofort auflösen und wir wollen die ORF-Gremien neu organisieren. Wir wollen, dass der Stiftungsrat durch einen professionellen Aufsichtsrat ersetzt wird, und dieser Aufsichtsrat besteht wiederum aus Expertinnen und Experten, die sich auch einem Hearing stellen müssen. In weiterer Folge müssen auch die Führungskräfte nach transpa­renten, klaren Kriterien besetzt werden. Eine rein politische Besetzung des Generaldirektors muss endlich Geschichte sein.

Ein Thema, das übrigens niemand hier angesprochen hat, ist, dass die Landes­hauptleute nach wie vor ein Anhörungsrecht haben und mitsprechen, wenn Landesdirektorinnen und -direktoren für das Landeshauptmann-TV be­stellt werden – auch das muss endlich Geschichte sein.

Das ist konstruktive Medienpolitik und nicht dieses würdelose Geplänkel. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Hafenecker: Jetzt sind Sie aber bald eine Schwurblerin, wenn Sie das kritisieren ... Landeshauptleute-TV!)

14.01

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme gelangt nun Frau Bun­desministerin MMag.a Dr.in Susanne Raab zu Wort. – Bitte, Frau Bundes­ministerin.