15.08

Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher: Sehr ge­ehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Abgeordnete! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich danke für die Gelegenheit, auf die Vorteile der Europäischen Union hinsichtlich der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes eingehen zu können, und würde, bevor ich die Fragen beantworte, hier einige Dinge vorausschicken.

Es ist klar, dass damit, dass Österreich vor knapp drei Jahrzehnten Mitglied der EU geworden ist, eine einzigartige Chance für den Standort einhergegan­gen ist. Wir haben einen wirtschaftlichen Aufschwung, der zum Teil durch den Beitritt ausgelöst wurde, erlebt. 0,5 Prozent zusätzliches Wachstum pro Jahr – das ist etwa das Mittel der Schätzungen für die letzten 30 Jahre – gehen auf die EU und natürlich auch auf die Osterweiterungen der EU zurück. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, Grünen und NEOS.) – Das ist Grund, zu applau­dieren, denn wir wären ohne den EU-Beitritt einfach ärmer, so einfach ist das gesagt.

Alleine in den letzten beiden Jahren sind 80 000 Bürgerinnen und Bürger aus dem Europäischen Wirtschaftsraum – und zum Großteil aus der EU – nach Österreich auf den Arbeitsmarkt gekommen. Trotz jenen, die den Ar­beitsmarkt verlassen haben, bedeutet das auch für die Zahl der Erwerbstätigen hier in Österreich Wachstum. Dafür ist hauptsächlich die Europäische Union verantwortlich. Der Binnenmarkt ist seit über 30 Jahren der Wachstums­motor der Europäischen Union, er schafft Verhandlungsstärke und einen Spielraum für die Europäische Union. Die tiefe Integration, die vier Freiheiten, die gemeinsamen Standards, die gemeinsame Wettbewerbspolitik sind Voraussetzungen dafür, dass dieses Wachstum entsteht. Das geht weit über das hinaus, was in Freihandelszonen oder Zollunionen üblicherweise an zusätz­lichen Wirtschaftsimpulsen ausgelöst wird. Nur jemand, der nicht recht bei Trost ist, würde diese Errungenschaft zurückdrehen wollen – das ist keine Frage. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS. – Abg. Hörl: Nur die Blauen! Ihr seid trostlos! – Abg. Steger: Bei euch schaut es trostlos aus!)

Das heißt natürlich nicht, dass Europa nicht besser werden kann. Es ist klar, dass es neue globale Dynamiken gibt. Es gibt neue Rahmenbedingungen, es gibt einen wachsenden Wettbewerbsdruck, es gibt mehr Wettbewerb zwischen den großen Blöcken, die es in dieser Welt gibt. Umso wichtiger ist es, die rich­tigen Maßnahmen zu setzen.

Mitte März hat mich der Bundeskanzler beauftragt, Impulse für den Wirtschafts­standort Europa auszuarbeiten. Wir haben vier Schwerpunkte festgelegt: den Bereich Fachkräfte, den Bereich Deregulierung, den Bereich Energie und, als vierten Bereich, Innovation und Forschung, und es geht jetzt darum, in diesen Bereichen auch für die nächsten zehn Jahre die richtigen Antworten zu geben.

Beginnen wir mit dem Bereich Innovation und Forschung: Es ist klar, dass Innovation und Forschung die Voraussetzungen für Wachstum sind, und nur mit dem Wachstum, das wir brauchen, erreichen wir tatsächlich auch die Kli­maziele, weil das Wachstum die Ertragskraft in den Unternehmen, die Spielräu­me für weitere Investitionen schafft. Der Großteil der Investitionen für eine klimaneutrale Wirtschaft wird aus privater Hand kommen müssen, nicht aus öffentlicher Hand. Das heißt, Wachstum kommt über Innovation und braucht daher die richtige Unterstützung. Mit Verzicht und mit Deindustrialisie­rung werden wir die ambitionierten Klimaziele in Europa sicher nicht erreichen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der NEOS.)

Es gibt ein klares Commitment der Bundesregierung, auch im Österreichplan von Bundeskanzler Nehammer, zu mehr Innovationsförderung, zu mehr Inno­vationseffizienz. Wir wollen Nummer eins in Europa werden, was die Forschungsquote betrifft; wir sind Nummer drei in Europa, was die For­schungsquote betrifft. Wir wollen unter die top fünf Nationen bei den Innovationsrankings kommen; wir sind derzeit Nummer sechs, haben uns im letzten Jahr um zwei Plätze verbessert. Auch die Forschungsquote ist gestie­gen. Die Bundesregierung hat alles getan, um für die nächsten Jahre gut vorbe­reitet zu sein.

Zum Thema Deregulierung: In der Dringlichen Anfrage ist das angespro­chen, und ich teile diese Einschätzung. Das Thema Bürokratieabbau und Deregu­lierung muss im Fokus einer neuen Kommission stehen. Es wird mir auch immer wieder von Unternehmen geschildert, wie stark mittlerweile die Belas­tung durch überbordende Berichtspflichten, durch eine Überregulierung ist, und da braucht es jetzt auf europäischer Ebene Antworten, weil natürlich auch überbordende Berichtspflichten dazu führen, dass Unternehmen die Tätigkeiten durchführen müssen, die weniger produktiv sind, und Tätigkeiten, die produktiver wären, die zukunftsgerichtet sind, nicht so viel Aufmerksamkeit und Ressourcen bekommen.

Wir müssen in der nächsten Periode der Europäischen Kommission die Kommission an ihr Versprechen erinnern, die Berichtspflichten zu 25 Prozent zu reduzieren. Aus meiner Sicht kann es sogar mehr sein. (Beifall bei Abgeord­neten der ÖVP.) Es muss das klare Ziel sein, die Unternehmen von Be­richtspflichten zu entlasten und sie nicht weiter zu belasten.

Das dritte Thema: Fachkräfte. In ganz Europa gibt es angesichts der demografi­schen Entwicklung einen sehr hohen Fachkräftebedarf. Da braucht es natürlich vor allem auch nationale Antworten. Wir sprechen von der Vereinbar­keit von Beruf und Familie, vom Arbeiten im Alter und von vielen ande­ren Dingen, bei denen es in den letzten Jahren in Österreich massive Fortschritte gegeben hat. Trotzdem gibt es auch europäische Aspekte wie zum Beispiel die Erleichterung der Mobilität innerhalb der Europäischen Union mit der soge­nannten Blauen Karte. Das muss auf europäischer Ebene auch verbes­sert werden, damit wir die Fachkräfte haben, die es braucht, um in den nächsten Jahren auch unseren Wohlstand zu sichern.

Und der letzte Punkt: Energie. Im Energiebereich wissen wir, dass wir Abhängigkeiten und Verwundbarkeiten haben, in ganz Europa und in Österreich. Energiesicherheit und leistbare Energiepreise sind sowohl für die Haushalte als auch für die Unternehmen eine ganz entscheidende Komponente, um unseren Wohlstand zu sichern.

Wir wollen erneuerbare Energien schnell ausbauen, wir wollen die Beschleuni­gung von Genehmigungsverfahren weiter vorantreiben – da ist einiges passiert – und wir müssen sicherstellen, dass im Energiebereich nicht weitere Hürden aufgebaut werden – auch innerhalb von Europa, da gibt es einige –, sondern dass diese Hürden abgebaut werden – zum Vorteil aller be­teiligten Länder.

Unser gemeinsames Ziel muss sein, die Wertschöpfung und das Unternehmer­tum in Österreich und in Europa zu erhalten, die Standortattraktivität zu stärken. Ich weiß, da gibt es die unterschiedlichsten Rankings, die auch immer wieder publiziert werden. Das neueste Ranking zur Standortattraktivität in Europa, das es gibt, kommt vom IFO-Institut und ist vor drei Wochen publi­ziert worden. Es wurden 1 500 Expertinnen und Experten weltweit befragt. Österreich befindet sich, was die Attraktivität für nationale Unterneh­men betrifft, unter den top vier Ländern in der Europäischen Union, gemeinsam mit Schweden, den Niederlanden und Dänemark, und was inter­nationale Unternehmen betrifft, liegen wir gemeinsam mit einer großen Gruppe an Ländern hinter den top drei Ländern – die das sehr gut gemacht ha­ben, mit attraktiven Angeboten, nämlich die Niederlande, Litauen und Irland – auf Rang vier.

Das heißt aber nicht – und das sage ich hier ganz klar und ganz bewusst –, dass wir die Situation schönreden sollten. Europa hat an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt. Es braucht sinnvolle Reformen, die von einer breiten Mehrheit getra­gen werden, um die Chancen, die sich in den nächsten zehn bis 20 Jahren wirtschaftlich ergeben, auch nutzen zu können. Die Bundesregierung hat in den letzten Jahren Österreichs Standortattraktivität immer im Blick gehabt und weiterentwickelt und wird sich auch in den kommenden Monaten dafür einsetzen, sowohl hier als auch auf europäischer Ebene. (Beifall bei der ÖVP.)

Damit komme ich zur Beantwortung der konkreten Fragen aus der Dringlichen Anfrage und bitte um Verständnis dafür, dass einige Antworten kurz sind. Man könnte zu vielen dieser Fragen tatsächlich auch mehrere Disserta­tionen schreiben – es gibt auch einige dazu –, wir hatten leider nur einen Vormittag lang Zeit. (Abg. Meinl-Reisinger: Das können Sie dann ja als Nationalbankpräsident!)

Zur Frage 1:

Die positiven Auswirkungen der europäischen Integration lassen sich insbesondere durch die zentralen ökonomischen, gesellschaftlichen und damit standortbezogenen Vorteile des gemeinsamen Binnenmarktes argumen­tieren; ein klares Verständnis betreffend die Vorzüge der europäischen Integra­tion insgesamt erfolgt auf allen Ebenen der Aktivitäten, Aufgaben und Zuständigkeiten der Bundesregierung insgesamt und natürlich des BMAW im Besonderen; es gibt Publikationen der Europäischen Kommission wie beispielsweise die Mitteilung zum 30-jährigen Bestehen des EU-Binnenmarkts, Arbeiten von europäischen Statistikinstituten, zum Beispiel Eurostat; durch die direkte Diskussion im Rahmen unterschiedlicher EU-Ratsformationen wie beispielsweise des Rats für Wettbewerbsfähigkeit, des Rats für Handel, des Rats für Beschäftigung und Soziales; aber natürlich auch durch den direkten Austausch mit relevanten Stakeholdern, durch Industrierunden, EU-Gipfel und Round Tables; und durch die Diskussion und Präsentation von entsprechenden Publikationen und Studien, FIW als Forschungsschwer­punkt sei hier genannt.

Zentraler Motor zur kontinuierlichen Vertiefung der europäischen Integration ist klar der EU-Binnenmarkt mit seinen vier Freiheiten. Diesbezüglich erfolgt auf EU-Ebene gerade ein Weiterentwicklungsprozess. Auch hierzu haben wir unsere Erwartungen für die Zukunft des Binnenmarkts breit diskutiert, beispielsweise gemeinsam in großer Runde mit dem hochrangigen Berichterstat­ter Enrico Letta im März. Ich habe den Bericht auch da. Klar ist, dass alle diese Informationen in die standortpolitischen Diskussionen einfließen.

Zur Frage 2:

Das BMAW gab zuletzt 2019 die Studie „Die Handelseffekte der österreichi­schen EU-Mitgliedschaft 25 Jahre nach der Volksabstimmung“ im Auf­trag heraus; Auftragnehmer war das Wifo, Hauptautor Prof. Harald Oberhofer.

Zur Frage 3:

Nicht Vollziehungsgegenstand des BMAW.

Zur Frage 4:

Schon die Ostöffnung 1989 hat Österreich zu einem zusätzlichen jährlichen Wachstum von 0,1 Prozent – laut Studien – verholfen. Nach dem Beitritt 1995 wuchs das BIP jährlich zusätzlich um 0,4 Prozent. Die Teilnahme an der Wirtschafts- und Währungsunion und die Übernahme des Euro haben zu einem weiteren Schub für Österreichs Volkswirtschaft geführt, das reale BIP stieg jährlich um 0,1 Prozent zusätzlich. Die große EU-Erweiterung 2004 hat dazu geführt, dass das BIP jährlich zusätzlich um 0,3 Prozent erhöht wurde.

Zur Frage 5:

Die EU-Integration führte laut einer Wifo-Studie zu Handelseffekten bis 2014 mit einer 13 Prozent höheren Beschäftigung. Diese Zahlen erscheinen durchaus plausibel.

Zur Frage 6:

Die europäischen Forschungs- und Innovationsprogramme, insbesondere das EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizon Europe“ – mit einer Gesamtdotierung von fast 100 Milliarden Euro das weltweit größte Forschungskooperationsprogramm mit einer Laufzeit bis 2027 –, sind für die Innovation in Österreich, von österreichischen Unternehmen von sehr hoher Bedeutung. Die Teilnahme ermöglicht die Anbindung von Unter­nehmen an die jeweiligen Spitzenforschungszentren in Europa, und die frühzei­tige Integration von Unternehmen in europäische Forschungskoopera­tionsprojekte bietet einen entscheidenden Wissensvorteil und gleichzeitig eine Teilung von Kosten und Risken.

Horizon Europe trägt in Europa in strategisch wichtigen Technologiebe­reichen entscheidend zum Erhalt und zum Ausbau der europäischen Wettbe­werbsfähigkeit bei. Die Teilnahme des Unternehmenssektors ist un­verzichtbar für das Erreichen der Zielsetzungen der europäischen Forschung.

Einige Daten: Insgesamt konnten österreichische Akteure bereits knapp über 1 Milliarde Euro aus diesem Programm einwerben. Der Anteil für Öster­reich in Horizon Europe beläuft sich bislang auf 3,2 Prozent. Das ist eine Steigerung im Vergleich zum Vorläuferprogramm, damals waren es 2,9 Prozent.

Es gibt etwa 680 österreichische Unternehmensbeteiligungen in insgesamt 479 Horizon-Europe-Projekten. Damit fließen bislang 253 Millionen Euro an österreichische Unternehmen. Die höchsten Förderungen gehen in die Bereiche Klima, Energie und Mobilität sowie Digitalisierung, Industrie und Weltraum, außerdem Förderungen vom Europäischen Innovationsrat.

Zur Frage 7:

Das BMAW hat zuletzt 2022 eine Studie in Auftrag gegeben, „The EU Services Directive: Untapped Potentials of Trade in Services“. Auftragnehmer war das Wirtschaftsforschungsinstitut.

Zur Frage 8:

Die weitere Vertiefung des Binnenmarktes wird zentral in zuständigen EU-Gremien diskutiert: in der High Level Group, in der Single Market Enforce­ment Taskforce, in der Ratsarbeitsgruppe Binnenmarkt. Das BMAW ist in all diesen Gremien auf der jeweiligen Ebene vertreten und bringt die in Ös­terreich akkordierte Position natürlich entsprechend aktiv ein.

Darüber hinaus findet aktuell ein grundsätzlicher Diskussionsprozess zur Wei­terentwicklung des gemeinsamen Binnenmarktes statt. Um die österrei­chische Position möglichst umfangreich in diese Neukalibrierung einzubringen, hat das BMAW beispielsweise den hochrangigen Berichterstatter zur Zukunft des Binnenmarktes, Enrico Letta, am 3. März zu einer breiten Diskussion nach Wien eingeladen.

Ergänzend hat das BMAW einen Zehnpunkteplan zur Zukunft des Binnen­marktes ausgearbeitet, gemeinsam mit dem Europaministerium, und diesen breit an sämtliche EU-Institutionen und Stakeholder zirkuliert. Er ist auch auf der Webseite einsehbar.

Hinsichtlich der Chancen für die österreichische Wirtschaft ist klar, dass sich die positiven ökonomischen Auswirkungen des Binnenmarktes umgekehrt pro­portional zur Größe des Mitgliedstaats verhalten. Das bedeutet, dass gerade mit­telgroße, exportorientierte Länder wie Österreich bis dato besonders von den Binnenmarktfreiheiten profitiert haben und dieser Trend sich in Zeiten geopolitischer Dynamiken zukünftig umso mehr fortsetzen wird.

Der Binnenmarkt ist jedenfalls die zentrale Basis für wirtschaftlichen und gesell­schaftlichen Wohlstand. Dafür sprechen auch die Zahlen: Gegenüber dem Jahr 2000 ist das Bruttoinlandsprodukt in Österreich real – also inflations­bereinigt – um 30 Prozent gewachsen. Im selben Zeitraum haben die Warenexporte Österreichs an die Mitgliedstaaten der EU 27 um knapp 85 Prozent zugenommen, die Warenexporte in Drittstaaten vergleichs­weise weniger – um 52 Prozent.

Wie schon gesagt, der mittlere Effekt des zusätzlichen jährlichen Wachstums, das durch den EU-Beitritt und die Osterweiterungen ausgelöst wurde, sind 0,5 Prozent. Auf Basis der geschätzten Effekte wäre jedenfalls mehr als ein Drittel der Zunahme der Wertschöpfung im Zeitraum 2000 bis 2022 auf die Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes zurück­zuführen.

Zu den Fragen 9 bis 19 und 21 bis 23:

Zum Öxit: Das Szenario eines Öxits ist rein hypothetisch, daher besteht keine Veranlassung, Studien um Steuergeld in Auftrag zu geben. Wie ich gesagt habe: Nur jemand, der nicht recht bei Trost ist, wird einen Öxit verlangen.

Zur Frage 20:

In der Anfrage wird davon gesprochen, dass ein Öxit 693 000 Arbeitsplätze ge­fährden würde. Das hängt natürlich von den Szenarien ab. Wenn man ein negatives Szenario unterstellt, erscheint diese Zahl als realistisch.

Zu den Fragen 24 bis 27:

Anmerkung: Die Fragen 25 und 27 können kurzfristig leider nicht beantwortet werden, da die Oesterreichische Nationalbank keine passiven Foreign Direct Investments aus Bulgarien und Rumänien ausweist. Die Zahlen für die passiven Foreign Direct Investments aus Bulgarien stammen von der Bulgarischen Nationalbank. Die sind leider erst ab 2014 verfügbar. Ende 2022 legte Österreich vorübergehend ein Veto gegen den Schengenbeitritt Rumäniens und Bulgariens ein. Die Werte für 2022 und 2023 sind aus diesem Grund hervorgehoben.

Ich lese jetzt nur die letzten vier Jahre vor: österreichische Investitionen in Bulgarien in Millionen Euro: 2020: 2 999; 2021: 3 203; 2022: 2 753; 2023: 2 776; bulgarische Investitionen in Österreich auf Basis der Quelle Nationalbank Bulgariens: 2020: 71; 2021: 60; 2022: 61 und 2023: 54.

Für Rumänien: österreichische Investitionen in Rumänien: 2020: 10 166; 2021: 11 595; 2022: 11 171; 2023: 12 137.

Wie gesagt, Zahlen zu rumänischen Investitionen in Österreich sind kurzfristig nicht verfügbar.

Zur Frage 28:

Die Frage kann nicht nachvollzogen werden. Der Preisindex von Ölen und Fetten war in Österreich sowohl deutlich unter dem EU-Schnitt und dem Euroschnitt als auch unter jenem in Dänemark und den Niederlanden und deutlich unter jenem in Deutschland. Auch bei den Preissteigerungen ist Österreich unter dem EU- und Euroschnitt. Insofern gibt es den in der Anfrage hergestellten Zusammenhang mit Schengen nicht. Die Preissteigerungen bei Ölen insgesamt sind insbesondere natürlich auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine zurückzuführen.

Zur Frage 29:

Es gab drei Vertragsverletzungsverfahren wegen Nichtumsetzung von Richtlinien der Europäischen Union: Das betrifft die Richtlinie 2019/1937, die Richtlinie 2019/1158 und die Richtlinie 2019/1152. Diese genannten Richtlinien sind aber in der Zwischenzeit bereits umgesetzt worden.

Vertragsverletzungsverfahren wegen mangelhafter Umsetzung von Richtlinien: Da gibt es eine, die Richtlinie 2014/67/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG.

Zur Frage 30:

Zu KPI 5, Conformitydeficit, weist der gegenständliche Bericht eine Quote von 1,4 Prozent aus. Der EU-Durchschnitt ist 1,2 Prozent, Österreich ist auf Platz 20.

Zu KPI Ease of Regulatory Compliance weist der Bericht einen Wert von 4,1 aus. Der EU-Durchschnitt ist 3,8 – mehr ist besser.

Das österreichische Ranking ist aus dem Bericht nicht herauszulesen. Die Strompreise für Haushaltskunden und Nichthaushaltskunden sind sehr dynamisch und volatil – mit dem Verweis auf tagesaktuelle Auswertungen von E-Control und Eurostat.

Zur Frage 31:

In dem Bericht werden in Summe 804 Berufe angesprochen, welche in sieben Kategorien unterteilt sind. Der Schutz berufsbezogener Standards ist für Österreich wichtig. Dies dient der Sicherstellung einer hohen Qualität und entsprechender Ausbildungs- und Ausübungsstandards. Sämtliche Diskussionen dazu müssen sorgfältig und nicht übereilt geführt werden.

In Bezug auf das Berufsbild Forstwart hat Österreich Flexibilität signalisiert. Mögliche Anpassungserfordernisse für die Reduktion von Zutrittshürden sind in Prüfung. Klar muss aber sein, dass es dabei einer sorgfältigen Abwägung hinsichtlich der potenziellen Auswirkungen auf die hohen Standards, vor allem im Bereich der Gesundheitsberufe, bedarf.

Zur Frage 32:

Das Vertragsverletzungsverfahren zur Durchsetzungsrichtlinie wegen mangelhafter Umsetzung betrifft bestimmte Regelungen im Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz, wie etwa die Melderegelung, eine Haftungsbestimmung und die Regelung zur Sicherheitsleistung.

Zur Frage 33:

Bezüglich allfälliger notwendiger Gesetzesänderungen zur besseren Integration in den Binnenmarkt geht es weniger um materiell-qualitative Anpassungen, sondern unter anderem um eine effektive Abstimmung bei der Umsetzung mit anderen EU-Mitgliedstaaten einerseits sowie um eine zeiteffizientere Abstimmung mit den Bundesländern, sofern diese betroffen sind.

Ein weiterer Punkt ist der Fokus auf eine einheitliche Durchsetzung des Rege­lungsrahmens im Sinne eines Enforcements. Besonders herausfordernd, gerade im Hinblick auf den Faktor Wettbewerbsfähigkeit und den industriellen Übergang am Wirtschaftsstandort Österreich, sind beispielsweise immer noch vergleichsweise lange Genehmigungsverfahren bei nachhaltigen Industrie- und Energieprojekten und der diesbezügliche bürokratische Aufwand.

Zur Frage 34:

Das sind Arbeiten anhand der Intentionen des Zehnpunkteplans Österreichs für die Zukunft des Binnenmarktes, den wir in allen EU-Gremien eingebracht haben, mit Fokus auf Entbürokratisierung, einen raschen Abbau von Verwaltungs- und Bürokratielasten für Unternehmen.

Zur Frage 35:

Ziel der Kapitalmarktunion ist es, Geld, Investitionen und Ersparnisse in der gesamten EU möglichst frei fließen zu lassen, damit sie Verbrauchern, Investoren und Unternehmen zugutekommen, unabhängig davon, wo sie ansässig sind. Zwar sind seit der Einführung der Initiative zur Kapitalmarktunion im Jahr 2015 Fortschritte erzielt worden, die EU-Kapitalmärkte sind aber nach wie vor fragmentiert. Die EU-Kommission hat daher 2020 einen Aktionsplan beschlos­sen, der unter anderem auch die Unterstützung einer grünen, inklusiven und widerstandsfähigen wirtschaftlichen Erholung umfasst.

Daraus abgeleitet ist unter anderem im Regierungsprogramm 2020 bis 2024 die Umsetzung der österreichischen Green Finance Agenda. Damit sollen Rah­menbedingungen für die Mobilisierung von privatem Kapital für die Erreichung der Energie- und Klimaziele geschaffen werden. Im Rahmen der Agenda wurde die Auflage von Green Bonds durch die Österreichische Bundesfinanzie­rungsagentur beschlossen. Der österreichische Green Bond stärkt die Position Österreichs am grünen Finanzmarkt und öffnet gleichzeitig das Tor für Investitionen in klimafreundliche Aktivitäten.

Zur Frage 36:

Die österreichische Bundesregierung ist ständig bestrebt, den Wirtschafts­standort Österreich zu verbessern und auch die Schwachpunkte, die sich im IMD-Ranking ergeben haben, zu beheben. Relevanter als das Gesamt­ranking ist nämlich ohnehin eine Analyse der einzelnen Kategorien.

Schlecht schneiden wir dabei etwa bei Fachkräften ab, bei denen wir mit der Attraktivierung der Lehre, den Aktivitäten von Work in Austria der Austrian Business Agency und mit Erleichterungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte wichtige Schritte gesetzt haben beziehungsweise setzen, die jetzt wirken. Zur Verbesserung des Wirtschaftsstandortes hat die Bundesregierung auch viele Maßnahmen ergriffen, in letzter Zeit etwa die Transformationsoffensive, den Energiekostenzuschuss, KMU digital and green. Diese Maßnahmen beein­flussen aber das IMD-Ranking nicht direkt, daher sollte man auch als Maßstab für die Qualität eines Wirtschaftsstandortes nicht nur ein einzelnes Ranking heranziehen.

Zur Frage 37a:

Betreffend Maßnahmen zur Entbürokratisierung steht das Once-Only-Prinzip in der digitalen Verwaltung im Vordergrund und wurde bei der Erarbeitung der Strategie auch mitbedacht. Ein Ergebnis dieser Überlegungen sind die Ent­wicklungen betreffend die Once-Only-Plattform. Diese unterstützt Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen dabei, Zeit und Aufwand im Zuge der Datenbereitstellung bei Verwaltungsprozessen zu sparen.

Mit dem Digital Austria Act wurde aus dem RSV, dem Register- und Systemverbund, der Digital Austria Data Exchange, mit dem in weiterer Folge das Once-Only-Prinzip umgesetzt wird. Das bedeutet, dass Bürgerinnen und Bürger ihre Dokumente nicht mehr von einer Behörde zur nächsten tragen müssen.

Zur Frage 37b:

Wie schon in bisherigen Beantwortungen ausgeführt, hatte der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine wirtschaftliche und energiepolitische Folgen. Diese führten zu Änderungen der Rahmenbedingungen, wodurch die Finalisie­rung der Standortstrategie unterbrochen wurde. Viele der erarbeiteten Maßnahmen wie zum Beispiel im Halbleiterbereich, die Life-Science-Maßnah­men und entsprechende Förderprogramme der FFG im Automotivebe­reich, bei Energiepartnerschaften oder die Wasserstoffallianz wurden mittler­weile als Outcome der Strategie auch schon umgesetzt. Auch die Trans­formationsoffensive der Bundesregierung ist letztlich ein Ergebnis der Überle­gungen und Diskussionen im Rahmen dieser Standortstrategie.

Zur Frage 38:

Das BMAW hat in einer Stellungnahme an die Europäische Kommission drei Beispiele für Berichtspflichten genannt. Verbesserungspotenzial gibt es in vielen Rechtsbereichen. Es ist im Einzelfall zu prüfen, welche Verbesse­rungsvorschläge verfolgenswert sind. Wir hoffen, dass wir dann auf der Regie­rungsebene in allen Bereichen das Commitment für Deregulierung ha­ben. 25 Prozent ist angesichts der Fülle jedenfalls ein Mindestwert, die 33 Pro­zent beziehen sich auf die EU-Ebene, da es angebracht ist, eine ambitio­niertere Zielsetzung zu haben. Es darf sowohl auf EU-Ebene als auch auf natio­naler Ebene keine Regelungen nur der Bürokratie willen geben.

Zur Frage 39:

Im Bereich des BMAW wird, wie bereits dargetan, schon immer auf schlanke und unbürokratische Gesetze Wert gelegt – das bezieht sich auch auf Gold Plating. Im Rahmen der europäischen und nationalen Legislativprozesse achten die Vertreterinnen und Vertreter des BMAW stets darauf, dass nicht über die notwendige Mindestharmonisierung hinaus nationale Regelungen zulasten der österreichischen Unternehmen vorgesehen sind. Oft gehen diese Vorschläge im Abstimmungsprozess aber auch verloren, daher braucht es ein Commitment der gesamten Regierung.

Antwort auf die Frage 40:

Insbesondere bei den derzeit in Verhandlung stehenden Abkommen mit Australien, Indien, Thailand, Indonesien und Mexiko wäre ein rascher Abschluss aus österreichischer Sicht wichtig. Durch Freihandelsabkommen gelingt in Zeiten geopolitischer Unsicherheiten die Erschließung neuer Absatzmöglich­keiten, die für Österreich und auch die EU besonders wichtig sind.

Zur Frage 41:

Für ein exportorientiertes Land wie Österreich sind Freihandelsabkommen sehr wichtig. (Abg. Scherak – in Richtung ÖVP deutend –: Das ist der Bauern­bumerang!) Durch die Möglichkeit, die Abhängigkeit von einigen wenigen Län­dern zu verringern und die Lieferkanäle über mehrere Länder zu sichern, wird die Gefahr von Lieferengpässen und das Wegfallen von Handelspartnern minimiert.

Das BMAW hat eine Reihe von Studien in Auftrag gegeben, die diese Ansicht be­legen, zuletzt zum Beispiel: „Implications of the EU-Mercosur Association Agreement for Austria – A Preliminary Assessment“, „Greater than the sum of its parts? Does Austria profit from a widening network of EU free trade agreements?“, „The EU-Japan Economic Partnership Agreement and its Rele­vance for the Austrian Economy“. – Eine Studie zu den Abkommen mit Australien und Neuseeland befindet sich in Ausarbeitung.

Zur Frage 42:

Die Positionierung Österreichs in sämtlichen Fragen der EU-Handelspolitik, ins­besondere zu EU-Freihandelsabkommen, erfolgt durch ein interministeriell besetztes Koordinationsgremium unter Leitung des federführend zuständigen BMAW. Dieses Gremium, das sich aus Vertreterinnen und Vertretern sämtlicher berührter Bundesministerien und der Sozialpartner zusammensetzt, tagt grundsätzlich wöchentlich. Österreich bringt aktiv koordinierte Interessen der österreichischen Unternehmen im EU-Ratsausschuss für Han­delspolitik ein.

Zur Frage 43:

Prinzipiell wäre ein Freihandelsabkommen mit den USA zu überlegen, aber realistisch betrachtet wird ein solches zumindest in nächster Zeit nicht möglich sein. Dabei wäre eine weitere Zusammenarbeit mit den USA zumindest im Rahmen des Trade and Technology Councils wichtig. Auch wird es notwendig sein, die Wahlen in den USA abzuwarten, um über weitere Formen der Zusammenarbeit mit den USA nachzudenken.

Zur Frage 44:

Diese Rechtsakte haben aus unserer Sicht keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Verhandlungen zu Freihandelsabkommen oder die Position des BMAW zu Freihandelsabkommen. Insbesondere das Lieferkettengesetz bezieht sich auf international anerkannte Standards wie die Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte oder die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen und sollte daher insbesondere mit den Nachhaltigkeitskapiteln von Freihandelsabkommen kohärent sein.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Scherak: Hoffen wir nur, dass der Bauernbund das mit dem Freihandel auch gehört hat! – Abg. Leichtfried: Das wird der Kollege Lopatka beant­worten! – Ruf bei der ÖVP: Danke für den Hinweis!)

15.35

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brandstätter. – Bitte sehr.