16.29

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staats­sekretärin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Europa zuerst – Europe first: Uns ist allen klar, wir brauchen eine starke europäische, demokratische Gesellschaft. Wir brauchen eine starke europäische Wirtschaft. Das entscheidet unsere Zukunft.

Für uns ist das jetzt noch deutlicher geworden durch die durchlebten Krisen – Teuerung, Krieg in der Ukraine –, und ich möchte das an ein paar Bei­spielen verdeutlichen: Sie alle haben das jetzt in den letzten Jahren wahr­scheinlich irgendwie erlebt – oder Bekannte von Ihnen –: Das dreijährige Kind ist zu Hause, hat starken Husten und hohes Fieber. Sie gehen in die Apotheke, brauchen dringend einen Hustensaft mit Penicillin, aber er ist nicht verfügbar. Sie probieren es in der nächsten Apotheke, in noch einer Apotheke, er ist nicht verfügbar, so die durchgängige Antwort. Wie konnte das passie­ren? – China hat sich auf die Produktion von Penicillin spezialisiert, die Produk­tion ist nach und nach abgewandert.

Seien wir uns aber ehrlich: Grundlegende Bestandteile von Medikamenten, Basisstoffe, Pharmazeutika müssen in Europa erzeugt werden, damit sie rasch verfügbar sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie schaut es am Automobilmarkt aus? – Als Steirerin kann ich wirklich davon reden und weiß, wovon ich rede. Wir haben sehr viele Autobetriebe, füh­rende Autobetriebe in der ganzen Steiermark. Da bangen die Leute um Hunderte Arbeitsplätze. Warum? – Weil sie sich zu Recht vor der unfairen Kon­kurrenz fürchten, die aus China droht. China produziert unter Subven­tionen enorme Mengen an Elektroautos, überschwemmt damit den Markt, und das ist doch eine unehrliche Konkurrenz! Elektroautos müssen in Öster­reich, in Europa produziert werden! Wir haben die Technologien, wir haben das Know-how und die Qualität. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: In Steyr werden sie eh! BMW, Rieseninvestitionen in Steyr!)

Herr Bundesminister, in dem Zusammenhang darf ich eine Frage an Sie stellen: Was war eigentlich bei der Ausschreibung für die 640 Behördenfahr­zeuge? Was ist da bei der Reihung passiert? Da war an erster Stelle ein chinesi­scher Automobilhersteller gereiht. Wie kann das passieren? (Bundesminis­ter Kocher: Das ist nicht meine Behörde! Das ist nicht meine Behörde und ich kann ...!) – „Das ist nicht meine Behörde“ – ich übersetze es –, das ist jetzt ein bisschen wenig an Statement. (Ruf bei der SPÖ: Das ist billig! – Abg. Leichtfried: Das heißt, ist mir wurscht! – Weitere Rufe bei der SPÖ: Es ist nicht seine Behörde! Aber vom Kollegen Brunner!) Die Zuseher:innen würden sich darauf zu Recht eine ausführliche Antwort erwarten.

Ich bringe Ihnen noch ein Beispiel. Wie schaut es mit den Schlüsseltechnologien aus? Wir haben zum Beispiel – und das ist ein erfreuliches Beispiel – in Graz-Umgebung ein Unternehmen, einen Halbleiterhersteller, ein hoch speziali­siertes, technologisch wirklich gut entwickeltes Unternehmen mit 800 Mit­arbeitern aus 50 Nationen. Das ist hervorragend, das ist erfreulich, aber das muss so bleiben, Entwicklung muss hier in Österreich, in Europa voran­getrieben werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Uns ist klar: Wir brauchen ein starkes Europa mit einer starken europäi­schen Wirtschaft. Das sehen auch die NEOS so, das sehen wir gemeinsam so, mit einem grundlegenden Unterschied: Die NEOS sehen das Heil Euro­pas in einem uneingeschränkten Freihandel. Sie stellen die Interessen der Wirt­schaft über die sozialen und solidarischen Interessen. Sie wollen Mercosur (Abg. Meinl-Reisinger: Ja, wir wollen Handelsabkommen statt Handelskriegen!), das wollen wir nicht, weil wir das Ganze in der umgekehrten Reihenfolge angehen. (Abg. Meinl-Reisinger: Lieber Handelskriege?)

Für uns stehen soziale, solidarische Interessen an erster Stelle (Abg. Meinl-Rei­singer: Eh, aber wie wollen Sie die denn durchsetzen außer mit Verträgen?), gleiche Entlohnung für gleiche Arbeit. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: Aber wie wollen Sie die durchsetzen in der Welt außer mit Verträgen? – Abg. Holzleitner: Mit einem starken Lieferkettengesetz! – Abg. Meinl-Reisinger: Wie wol­len Sie denn das durchsetzen dort in den Ländern, ohne die ... Unternehmen in die Pflicht zu nehmen?)

Warum ist das so wichtig? – Weil das die Grundlage für eine starke Wirtschaft in Europa ist. Wir wollen – und da nehme ich jetzt andere Fraktionen auch mit – Europa gemeinsam gestalten. In diesem Parlament sehen das vier von ins­gesamt fünf Fraktionen so.

Sehr geehrte Damen und Herren, ein Austritt Österreichs aus der Europäischen Union kommt für uns niemals infrage. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer, es ist nicht egal, wer in Europa Politik betreibt. Sie können das am 9. Juni entscheiden. Sie können zwischen konstruktiven Kräften und destruktiven Kräften entscheiden. Zu den konstruk­tiven Kräften zählen die sozialdemokratischen Vertreter:innen im Europäi­schen Parlament. Ich denke da an Andreas Schieder, ich denke an Evelyn Regner, ich denke als Steirerin an die steirische Spitzenkandidatin Elisabeth Gross­mann und an viele andere.

Sie alle kämpfen täglich für Gerechtigkeit am europäischen Arbeitsmarkt, für ein starkes, gemeinsames Europa. Für sie alle gilt: Europa zuerst – Europe first! Liebe Wähler:innen, Sie haben es in der Hand. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.35

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Nächster Redner ist Abgeordneter Kasseg­ger. – Bitte.