17.02

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie! Liebe Kolleginnen und Kol­legen! Ich darf vorab einige Gruppen begrüßen:

Im Namen der Abgeordneten Elisabeth Feichtinger die Mitarbeiter von Fokus Mensch aus Oberösterreich. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Im Namen von Jörg Leichtfried den Lions Club aus Bruck an der Mur. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Und im Namen der Abgeordneten Petra Oberrauner die SPÖ Friesach. – Herz­lich willkommen! (Allgemeiner Beifall. – Zwischenruf des Abg. Lindner. – Hei­terkeit bei Abgeordneten der SPÖ.)

Kollege Kassegger hat eingangs in seiner Rede gesagt, die europäischen Staaten haben sich früher, als sie autonom und souverän waren, gegenseitig konkur­riert und gegenseitig aufgeschaukelt, sind dadurch immer besser geworden, und alle wichtigen Innovationen vor einigen Hundert Jahren sind aus Europa gekommen. – Damit vergessen wir aber auch, dass zwei Weltkriege in Europa entstanden sind und das europäische Projekt deswegen so wichtig für uns ist.

Ich möchte sagen – und ich glaube, wir sind uns da alle einig –, dass die österrei­chische Wirtschaft massiv vom EU-Beitritt profitiert hat. Es war auch so, dass seit dem EU-Beitritt viele Firmen extrem expandiert haben und Weltmarkt­führer geworden sind.

Ich nenne nur ein paar Beispiele: zum Beispiel die Firma Doka aus Amstetten mit ihren Hightechschalungen für komplexe Betonierarbeiten – für Brücken, Tunnelbau, Wolkenkratzer, unterwegs von Dubai bis Kanada, von Norwegen bis Südafrika mit insgesamt 2 500 Beschäftigten in Amstetten und 10 000 Be­schäftigen weltweit, erst entstanden durch den EU-Beitritt; die Voest in Donawitz, Kapfenberg, Zeltweg, rund 4 000 Beschäftige – Produktion von Hochleistungseisenbahnschienen, Hochleistungsweichen, die in der ganzen Welt nachgefragt sind, durch ein neuartiges Verfahren; der Maschi­nenbauer Plasser & Theurer – liefert in 100 Ländern und hat rund 3 000 Facharbeiter:innen. Ich könnte die Liste noch fortsetzen, noch weiter­führen.

Jetzt haben wir sehr viel von der Wirtschaft und vom Wohlstand gespro­chen, und ich glaube – ich habe so ein bisschen den Eindruck –, dass einige Fraktionen hier vom Wohlstand der oberen 10 Prozent reden. Wir So­zialdemokraten reden vom Wohlstand aller europäischen Bürgerinnen und Bürger, liebe Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der SPÖ.)

Neben der Wirtschaftsunion braucht es auch eine Stärkung der Sozialunion, Herr Bundesminister! (Abg. Belakowitsch: Der ist schon lange nicht mehr da! Da gibt es keinen Bundesminister mehr!) Es trägt nicht zum Vertrauen der Bürger:in­nen in die EU bei, dass die österreichische Bundesregierung die Deklara­tion zur Zukunft sozialer Rechte nicht unterschrieben hat. Es ist auch so, dass das wegen der ÖVP passiert ist. Es ist keine vertrauensbildende Maßnah­me, dass die ÖVP, die auch einen EU-Kommissar stellt, nämlich Johannes Hahn, die 41-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich fordert. All das stärkt das Ver­trauen der Österreicherinnen und Österreicher in die Europäische Union nicht. Wir brauchen wirksame Maßnahmen gegen Lohn- und Sozialdumping, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort sollte ein Motto in der gesamten Europäischen Union sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir brauchen den vollen Sozialversicherungsschutz für entsendete Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer. Es kann nicht sein, dass 2024 europäische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgebeutet werden. Wir brauchen die Umsetzung der Lohntransparenzrichtlinie, um endlich die Lohnschere zwischen Männern und Frauen zu schließen. So nebenbei an alle Männer: Wir sollten es nicht mehr zulassen, dass unsere Partnerinnen, unsere Schwes­tern, unsere Töchter am Arbeitsmarkt permanent ausgebeutet und benachteiligt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

An die FPÖ, die ja in mehrerlei Hinsicht immer die Europäische Union stark kriti­siert: Es gibt einiges zu kritisieren, aber bei der FPÖ hat man immer den Eindruck, da geht es um irgendetwas anderes. Wenn die Europäische Union im­mer so schlimm ist, warum haben Sie dann im Europäischen Parlament ge­gen angemessene Mindestlöhne gestimmt? (Abg. Steger: Weil das nicht Kompetenz der Europäischen Union sein soll!) Warum haben Sie gegen höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege gestimmt? Warum haben Sie ge­gen bessere Arbeitsbedingungen bei den Essenslieferanten gestimmt, wenn alles so schlimm ist? (Abg. Steger: Weil das nicht Kompetenz der EU sein soll!) Warum haben Sie gegen Mindestkonzernsteuern von 20 Prozent ge­stimmt? (Abg. Steger: Weil das nicht Kompetenz der EU sein soll!) Weil Sie keine Lösungen wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ. Sie brau­chen die Probleme! Das ist Ihr Programm. (Beifall bei der SPÖ.)

Und dieses Nichtreden über den Öxit ist sehr verdächtig. Wir kennen ja die Rhe­torik von 2016 und noch davor, als es um den Brexit gegangen ist, und da frage ich mich immer: Wo sind jetzt Nigel Farage und Boris Johnson? Die haben ja damals den Engländerinnen und Engländern in Großbritannien verspro­chen, dass sie 350 Millionen pro Woche in die englische Wirtschaft investieren werden, anstatt das Geld nach Brüssel zu zahlen. Wir wissen mittlerweile alle, wie es jetzt in Großbritannien aussieht. Die haben wesentlich mehr Proble­me und hätten gern unsere Probleme. Sehr viele wären gerne wieder bei der Europäischen Union. Als Gewerkschafter sage ich immer: Gemeinsam sind wir stark! Deswegen: Europe first. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.08

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald Hauser. – Bitte. (Abg. Leichtfried – in Richtung des sich zum Redner:innenpult begeben­den Abg. Hauser –: Hören wir jetzt was zur WHO? – Ruf bei der SPÖ: Wo ist das Ta­ferl? – Abg. Leichtfried: Und ein Taferl dabei! – Abg. Hauser: Ich werde dich nicht enttäuschen! – Abg. Leichtfried: Danke! Zwischenruf des Abg. Kollross.)