17.21
Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann die NEOS nicht nachvollziehen, wenn Kollege Bernhard sagt, wir als SPÖ wollen bewahren, wie es ist. Gerade das hat unsere Arbeit im Europaparlament nämlich nicht gezeigt, weil wir vorangegangen sind. Kolleginnen und Kollegen wie Andreas Schieder und Evelyn Regner haben die Entgelttransparenz, Women on Boards – also Quoten in Vorstands- und Aufsichtsratspositionen – und ein Lieferkettengesetz verhandelt. (Beifall bei der SPÖ.)
Also: Wir wollen sehr wohl nach vorne, sehr wohl eine progressive Union, sehr wohl auch in Richtung einer Sozialunion, in der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch wirklich gute Rahmenbedingungen vorfinden. Da geht es uns sehr wohl um Paketboten, um Essenslieferant:innen, um Praktikantinnen und Praktikanten – und es war ehrlicherweise ein guter Schritt, dass im Europaparlament selbst unbezahlte Praktika abgeschafft worden sind, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ.)
Klarerweise wollen wir auch nicht am selben Standort bleiben, sondern nach vorne gehen, indem wir eine Wirtschaftsunion schaffen, in der internationale Konzerne im Vergleich zum Würstelstandl da vorne bei der U-Bahn-Station oder dem kleinen Gasthaus auch den Beitrag leisten, den sie leisten müssen. Das findet sich aktuell in der Europäischen Union noch nicht so wieder. Deshalb wollen wir mit ganz konstruktiven Vorschlägen in Richtung einer sozialeren, einer demokratischen Union nach vorne gehen – einer demokratischen Union, die vor allem auch solidarisch ist und gemeinsam an Lösungen in außen-, sicherheits- und migrationspolitischen Fragen arbeitet. Wir wollen einfach nicht, dass sich wenige Länder, wie zum Beispiel Ungarn mit Viktor Orbán, zwar sehr viel Geld aus der Europäischen Union herausziehen, aber sich dann letzten Endes überhaupt nicht konstruktiv an irgendeiner Lösung für diesen Kontinent beteiligen. Diese Verzwergung, diese Verkleinerung lehnen wir ab. (Beifall bei der SPÖ.)
Klar ist: In einer demokratischen Union ist die Rechtsstaatlichkeit der Rahmen, an dem sich die Politik zu orientieren hat. Rechtsstaatlichkeit ist ein hohes Gut für die Bürgerinnen und Bürger und ehrlicherweise auch ein Rahmen für die Politik.
Europa steht vor großen Herausforderungen. Das haben wir nicht nur in den letzten Jahren gesehen – Corona, Krieg in Europa, Klimakrise. China und die USA und andere Großstaaten ziehen an den Ländern der Europäischen Union vorbei. Das wollen wir nicht mehr, dass Europa zurückfällt. Auch da braucht es ganz klar Investitionen hier am Standort. Wir haben das als SPÖ auch ganz klar dargelegt: Europe first statt Made in China. Da geht es, wie Kollegin Greiner auch schon angesprochen hat, um Medikamentenproduktion, um die Produktion von Solarpanelen, damit wir die grüne Wende in Europa auch schaffen. (Beifall bei der SPÖ.)
Da geht es um die ganz wichtige Daseinsvorsorge, um kritische Güter, damit diese Daseinsvorsorge und damit die Souveränität erhalten werden kann. Nicht Protektionismus, sondern – ganz klar – Souveränität ist die Antwort, die wir liefern wollen, damit Arbeitsplätze erhalten und modernisiert werden können, Umweltstandards und Menschenrechtsstandards eingehalten werden können, Lieferketten kurz gehalten werden können und bei öffentlichen Ausschreibungen natürlich europäische Bieterinnen und Bieter bevorzugt werden. (Beifall bei der SPÖ.)
Europe first statt Made in China, das heißt: Wirtschaftsstandort sichern, Industrie unterstützen, Arbeitsplätze der Zukunft und grüne Wende. Dafür stehen wir, und das heißt für uns auch ganz klar, dass ein Freihandelsabkommen wie Mercosur ohne jegliche Sanktionen auch tatsächlich abzulehnen ist, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das ist selbstverständlich. Ohne wirkliche Standards, ohne Sanktionen, wenn Menschenrechts- oder Kinderrechtsstandards nicht eingehalten werden, ist ein derartiges Freihandelsabkommen einfach abzulehnen.
Deshalb ist aber wiederum das Lieferkettengesetz wichtig. Wir wollen nicht, dass Konsumentinnen und Konsumenten, wenn sie im Supermarkt eine Tafel Schokolade kaufen, nicht wissen, ob ausbeuterische Kinderarbeit bei der Kakaoproduktion dahintersteckt oder nicht. Das muss garantiert werden. Wer sich zum Beispiel eine Tafel Schokolade oder auch einen Teppich im Geschäft kauft, der muss davon ausgehen können, dass keine ausbeuterische Kinderarbeit in diesem Produkt steckt und dass Umweltstandards eingehalten worden sind. (Beifall bei der SPÖ.) Deshalb ist ein schlagkräftiges Lieferkettengesetz ein europäisches Gebot der Stunde.
Am Ende möchte ich auch noch einen Aspekt einbringen, der für uns wirklich sehr, sehr wichtig ist: Europa beziehungsweise die Europäische Union muss natürlich den Blick weiten und die Hand in Richtung Westbalkan ausstrecken. Die Länder des Westbalkans brauchen klare Beitrittsperspektiven, und das muss auch nach einer Wahl zur Europäischen Union ganz klar angegangen werden. Wenn wir als Europäische Union den Ländern nicht tatsächlich nachhaltige Beitrittsperspektiven geben, dann werden andere vor Ort am Westbalkan eingreifen. Für uns ist klar: Der Westbalkan gehört zur Europäischen Union mit dazu. (Beifall bei der SPÖ.)
17.27
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Martin Litschauer zu Wort. – Bitte.