18.00
Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Kollegin Jeitler-Cincelli, es ist wirklich unfassbar, Sie leben anscheinend in einer rosaroten Wolke – ganz ehrlich! (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie behaupten hier, dass die Löhne Inflationstreiber wären. Zusammengefasst bedeutet das, die Leute sollen einfach nichts verdienen, aber mehr hackeln. (Abg. Heinisch-Hosek: Genau!) Das ist nämlich das, was Sie einfordern. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist unerträglich und dagegen lehnen wir uns mit aller Vehemenz auf. (Zwischenruf der Abg. Kirchbaumer.) Der Inflationstreiber schlechthin ist das teure Wohnen, dagegen haben Sie bis jetzt auch nichts unternommen, und die Leute wissen auch nicht mehr, wie sie sich die eigenen vier Wände überhaupt leisten können. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Jeitler-Cincelli.)
Jetzt aber zu Ihnen, Herr Bundesminister: Sie haben 10 Minuten nicht geantwortet beziehungsweise 10 Minuten erläutert, was alles nicht funktioniert (Abg. Hanger: Du hast es nicht verstanden, offensichtlich!) – 10 Minuten, lang und breit. Was ist eigentlich passiert beziehungsweise was tun Sie – ehrlich! –, was machen Sie? (Abg. Höfinger: Das ist ein Wahnsinn, kein Land ...!) Wir erkennen ganz einfach nichts. Ich würde wirklich darum bitten, einfach einmal hinzuhören, hinzufühlen (Abg. Hanger: Wirtschaftspolitik kannst du nicht hineinschreiben ...!), wie es vielen Leuten in Österreich geht. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich frage Sie, Herr Minister: Ist das Brot, ist die Milch, ist die Butter billiger geworden? Merken Sie, dass irgendein anderes Grundnahrungsmittel billiger geworden ist? Sie werden nichts merken können und auch nichts erkennen, weil es nicht billiger geworden ist, sondern ganz im Gegenteil. Ich frage Sie wirklich (Abg. Hanger: Marxismus wirdʼs lösen!): Was haben Sie als Bundesregierung außer Ankündigungspolitik gemacht? (Abg. Holzleitner: Was sagt der ÖAAB eigentlich zu der Lohnpolitik der ÖVP?) – Nichts. Sie haben nichts gegen die explodierten Lebensmittelpreise gemacht. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir haben als SPÖ bereits im Herbst 2021, möchte ich sagen, erste Anträge im Kampf gegen die Teuerung gestellt – 2021! 2023 sind Sie dann draufgekommen, dass man vielleicht irgendwann eine Lebensmittelpreiskonferenz benötigt, dass man sich einmal darüber unterhält, dass man Lebensmittelpreise beobachtet und anschaut. Durch Anschauen und Beobachten passiert aber nichts. Unsere Anträge zur Senkung der Preise der Lebensmittel haben Sie abgeschmettert, weggeschoben – offen gesprochen –, sehr belächelt und damit auch die Sorgen von vielen belächelt. Sie haben nichts gemacht. In Bezug auf die App oder die Datenbank, die Sie angekündigt haben, ist auch nichts passiert. Das ist ehrlich gesagt ein bisschen peinlich für ein Ministerium und höchst unprofessionell. Ich weiß auch nicht, woran es scheitert. Klappt es einfach nicht, will man es ganz einfach nicht, gibt es keine Einigung zwischen ÖVP und Grünen? (Abg. Kollross: Sie können es nicht!) Wir haben darauf keine Antworten.
Das Zweite ist: Von dem hat niemand etwas, kein Kind, keine Frau, kein Mann. Es hat niemand etwas davon, wenn man nur überlegt, überlegt, überlegt und in Bälde was auch immer in Begutachtung schickt oder nicht in Begutachtung schickt. Das ist wirklich das Dramatischste.
Kollege Kucher hat es erzählt oder erwähnt (Abg. Schmuckenschlager: Ja, der erzählt viel!): Wir zahlen in Österreich im Jahr 1 000 Euro mehr für Lebensmittel als die Deutschen – 1 000 Euro mehr, das ist gewaltig! Wissen Sie eigentlich, was 1 000 Euro mehr für Lebensmittel zum Beispiel für eine Alleinerzieherin bedeuten, wissen Sie das? (Beifall bei der SPÖ.) Wissen Sie, was 1 000 Euro mehr für Lebensmittel für einen Pensionisten bedeuten, der nicht Häuser an Pension hat? Wissen Sie, was 1 000 Euro zum Beispiel für eine Studentin bedeuten, die sie mehr für Lebensmittel ausgeben muss? – Das bedeutet ganz klar, Ängste zu haben, zum Beispiel das eigene Kind nicht mehr versorgen zu können. 12 Prozent Ernährungsarmut – das haben wir gerade gehört – ist nicht irgendetwas Lächerliches, wie Kollegin Jeitler-Cincelli vorhin gesagt hat, sondern das ist ein Faktum – und das in Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)
Für einen Pensionisten bedeutet das zum Beispiel, das Enkerl nicht mehr unterstützen zu können. Das ist auch ein schiaches Gefühl, oder? In diese Rolle können sich vielleicht manche hineinversetzen. Für die Studentin bedeutet das womöglich, länger studieren zu müssen, weil sie mehr arbeiten muss, weil sie sich das Studium sonst nicht leisten kann. Es ärgert uns als SPÖ, dass Sie das alles nicht sehen, dass Sie Lebensrealitäten von Menschen ganz einfach seit Jahren ignorieren und nicht sehen.
Wir alle sind in einer privilegierten Rolle, das sind wir. Wir kennen das Gefühl nicht, jeden Cent zweimal umdrehen zu müssen (Abg. Schmuckenschlager: Das wissen Sie auch nicht!), aber wir müssen zuhören, wir müssen die Empathie an den Tag legen, wir müssen verstehen und handeln – das ist unser Job, das ist Ihr Job, werte Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.)
Einen Satz noch, weil ich es so unerhört finde: Es gibt jetzt endlich eine Einigung auf Länderebene, was die Kindergrundsicherung anbelangt. Die Kindergrundsicherung bekämpft ganz klar Kinderarmut. 378 000 Kinder und Jugendliche in Österreich sind von Armut betroffen. Was macht Familienministerin Raab? – Sie sagt, das braucht es nicht, wir haben eh die Sozialhilfe! (Abg. Heinisch-Hosek: Wie die Jeitler-Cincelli!) – Aus welcher privilegierten Rolle heraus nimmt sie Kindern das Recht auf ihre Grundsicherung? Ich würde Sie wirklich bitten, werte ÖVP, endlich einzulenken und Kinderarmut umfassend zu bekämpfen. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)
18.05
Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch zu Wort gemeldet. – Bitte.