10.06

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, die Sie heute zuhören! Die Aktuelle Stunde der FPÖ bestätigt das Bild, das wir so oft bekommen: Ein Thema wird thema­tisiert – ja, es ist ein aktuelles Thema –, auf ein bestehendes Problem wird hingewiesen. Es wird emotionalisiert, auf den ersten Blick wird eine ein­fache Lösung, die für die meisten Menschen verständlich ist, angebo­ten. Wir wissen es: Es sind Scheinlösungen. – Genau das ist heute wieder das Thema. Warum wir anders handeln müssen, das möchte ich jetzt ablei­ten. (Abg. Wurm: Bitte!)

Sie wissen, die Anzeigen betreffend Jugendliche, die zwischen zehn und 14 Jahre alt sind, sind auf einem Höchststand. Es gibt schwere Straftaten – Vergewaltigungen, Erpressungen, Raub –, schwere Verbrechen nach unserem Strafgesetzbuch. Es gibt Intensivtäter; das sind Täter, die immer wieder Straftaten begehen, die unter 14 sind und nicht bestraft und verfolgt werden können. Da müssen wir etwas ändern, denn nur zuzuschauen und diese Kriminalisierung weiter zuzulassen, das wollen wir als ÖVP nicht. Der Weg aber, wie wir dorthin kommen, unterscheidet uns ganz grundsätzlich von Ihnen von der FPÖ. (Abg. Belakowitsch: Gott sei Dank!)

Jugendgewalt muss eingebremst werden. (Abg. Belakowitsch: Wie?) Das Strafrecht – und das wissen alle Juristen, die hier sind, die in den Ausschüssen, auch in unserem Justizausschuss, immer wieder diskutieren – hat auch präventiven Charakter. Genau darum geht es auch, wenn wir verschiedene An­gebote oder Maßnahmen diskutieren, die wir jetzt setzen wollen. Es geht darum, kriminelle Karrieren von Anbeginn zu verhindern, auch zum Schutz der Jugendlichen, die da in ein falsches Fahrwasser geraten sind. Wir unter­scheiden - - (Abg. Belakowitsch: Was heißt das? – Abg. Wurm: Wie, Frau Kolle­gin?) – Ich komme schon dazu, keine Sorge. Keine Sorge, ich komme schon dazu.

Wir unterscheiden zwischen den 14- bis 18-Jährigen – da gibt es Maßnah­men, die das Strafgesetzbuch vorsieht – und den jungen Erwachsenen von 18 bis 21 – da gibt es Sanktions- und Reaktionspakete.

Herr Kollege Kickl, Ihnen sei ins Stammbuch geschrieben: Nicht jeder Jugendliche – auch 14- bis 21-Jährige nicht – wird mit der vollen Härte des Gesetzes bestraft und sofort ins Gefängnis gebracht. Ganz im Gegenteil! Wir gehen davon aus, dass Jugendliche natürlich nach geltendem Recht bestraft werden müssen, aber doch immer in dem Ausmaß, wie sich der einzelne Täter verhalten hat. Daher: Volle Härte des Gesetzes ist einfach ein falscher An­satz hier. (Beifall bei der ÖVP – Abg. Kickl: Ja, ja! Die volle Härte gilt nur für Poli­zisten! Ich weiß! Für die Polizisten gilt die volle Härte des Gesetzes!)

Herr Kollege Kickl, Sie brauchen das jetzt gar nicht schönzureden. Diese verkürzten Botschaften, die volle Härte des Gesetzes, das hilft niemandem und das will auch keiner. (Abg. Kickl – auf Bundesminister Karner weisend –: Das hat ja er gesagt! Das war sein Vokabular!)

Was wir wollen, ist: Der Bundeskanzler hat ganz klar nach den Vorfällen bei der schweren Vergewaltigung der Zwölfjährigen - - (Abg. Kassegger: Jetzt haben Sie gerade von Prävention geredet, zwei Sätze vorher! Sie widersprechen sich selbst!) – Geh, hört mir bitte zu! Ihr tut nur herumrumoren.

Die Zwölfjährige, die von 18 Jugendlichen vergewaltigt wurde, zwei davon wa­ren unter 14 – es gibt diese Fälle, in denen Jugendliche angestiftet wer­den, einen Ehrenmord zu begehen. Das war in Deutschland der Fall – weil heute deutsche Kollegen hier sind –, da ist der Jüngste ausgesucht worden, um den Ehrenmord zu begehen, weil er nach den deutschen Gesetzen nicht strafbar war. Solche Dinge dürfen nicht passieren. (Abg. Kickl: Ah!) Das heißt, einen unter 14-Jährigen anzuleiten und zu einer Tat zu verleiten, das darf nicht sein! Daher komme ich nun zu dem Maßnahmenkatalog. (Abg. Kickl: Die beste Prävention ist, wenn diese Leute nicht im Land sind! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) – Langsam, langsam! Ist ja gut, dass ich Ihr Interesse geweckt habe. (Abg. Wurm: Eine Selbstanklage!)

Erstens einmal: Der Herr Bundesminister, unsere Verfassungsministerin und der Herr Bundeskanzler haben sich mit Experten aus Justiz, aus Polizei und aus dem Sozialbereich zusammengesetzt, die jetzt schon am Thema Fallkonfe­renzen arbeiten – Fallkonferenzen, die Jugendliche genau dorthin brin­gen und Maßnahmen für sie vorsehen, die notwendig sind, um Straftaten zu verhindern. Es geht doch darum, Gewalt zu verhindern. (Abg. Kickl: Das ist ja Hilflosigkeit!)

Frau Kollegin Fürst hat vorhin gefragt: Was wollt ihr mit denen reden? Was wollt ihr den Eltern beibringen? – Ja um Gottes Willen, in unserer Demokratie, in unserem Rechtsstaat ist immer noch das Reden mit denen, die etwas falsch gemacht haben, der erste Weg, um Gewalt zu verhindern, ihnen das klarzumachen. Das ist immer noch der wichtigste Zugang. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Wurm: Nicht im Kalifat!)

Daher ist es auch wichtig, dass die Eltern dazu aufgerufen sind, hinzugehen und dieses Gespräch zu führen. Wenn Sie glauben, dass eine Maßnahme - - (Abg. Belakowitsch: Das ist doch ..., was Sie da machen!) – Sie sagen doch immer, 4 000 Euro, 5 000 Euro sind so viel Geld. Ja, eine Strafe von 4 000 Euro oder 5 000 Euro ist viel Geld, das man zahlen muss, wenn man nicht kommt und das Gespräch führt. (Abg. Amesbauer: Ist Ihnen bewusst, dass Sie gegen die Forderungen Ihres Kanzlers argumentieren? – Abg. Deimek: Der Kanzler sagt das Gegenteil!)

Wir kommen zum nächsten Punkt: Wir wollen eine Bewährungshilfe auch für die unter 14-Jährigen einführen und die Aufenthaltspflicht in besonderen Er­ziehungseinrichtungen als Paket schnüren. Und wir reden über die Senkung der Strafmündigkeit auf zwölf Jahre, wenn alle vorhin genannten Maßnahmen in einem Paket mitbeschlossen werden können. Das ist das Paket, das ist der Ansatz, und das ist ein ganz anderer als der polemische Ansatz, heute einen Antrag mit dem Inhalt zu stellen: Senkt die Strafmündigkeit ohne Wenn und Aber auf zwölf Jahre! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bürstmayr.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was wichtig ist – und ich glau­be, da sind wir uns alle einig –, ist, dass rasch reagiert wird und dass der Jugend­liche die Sanktionen auch spürt. Es ist schon ganz wichtig, dass das für den Einzelnen eine einschneidende Maßnahme ist.

Die Grundregeln des Zusammenlebens in unserer Gesellschaft – die Vorredner haben das angesprochen – passen nicht mehr. Wir müssen uns bemühen, wieder klarzumachen, was es heißt, Demokratie und Rechtsstaat zu leben, wel­che Werte wir vertreten.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (fortsetzend): Wir wollen Kinder schüt­zen, wir wollen Kinder erziehen und Straftäter bestrafen, und das genau so, wie es notwendig ist: differenziert und mit wirksamen Vorschlägen. Das ist das, was ich Ihnen heute präsentiert habe. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Hurra!)

10.12

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Yil­dirim. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.