10.50

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Im Unterschied zur Märchenstunde, die wir heute vor allem von der FPÖ präsentiert bekommen, war am Sonntagabend auf Ö1 zumindest eine Funktionärin der ÖVP ehrlich und hat so das Menschenbild der ÖVP ehrlich zum Ausdruck gebracht. Auf die Frage, warum die ÖVP so deutlich verloren habe, hat sie eine Antwort gewusst und gesagt: Man muss auch sagen, den Leuten geht es auch viel zu gut – viel zu gut! –, sie schätzen wirklich nicht, was man alles leistet.

Die Leute sind also einfach undankbar. Dass es der breiten Masse der Bevölkerung aufgrund der schlechten Bekämpfung der Teuerung inzwischen deutlich schlechter geht, spürt die ÖVP nicht. Das ist deren Menschenbild.

Die Dreistigkeit, mit der sich heute die Vertreterinnen und Vertreter der Blauen, der FPÖ hier herausstellen und irgendetwas von den kleinen Leuten daherreden, die sie jahrelang im Stich gelassen haben – heute, kurz vor der Wahl –: Das ist aber wirklich eine Schmähpartie. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wurm: Philip, was redest du?!)

Jetzt reden Sie über die Teuerung. – Was ist mit all den Anträgen in den letzten Monaten? Es war nicht nur die Bundesregierung, die dagegen war, dass wir eingreifen und Preise senken, egal ob das das Wohnen in Österreich betrifft, ob es die Lebensmittelpreise sind, ob es die milliardenschweren Überge­winne der Energiekonzerne sind oder die Heizkosten, die sich die Leute nicht leisten können. Wir haben ganz konkrete Vorschläge gemacht. Wir haben gesagt: Machen wir doch das in Österreich, was alle anderen Staaten in Westeuropa auch zustande gebracht haben! (Abg. Wurm: Philip!) Und wisst ihr, welche Partei nicht dabei war? – Es war die FPÖ, die sich geweigert hat, bei den Mieten einzugreifen, bei unserer Mietpreisbremse, die wir ganz konkret vorgeschlagen haben, mitzustimmen. (Abg. Wurm: Philip!) Es war die FPÖ, die in dieser Frage immer dagegen war.

Wenn wir vom Arbeitseinkommen reden, bin ich der Erste, der sagt: Die breite Masse jener Menschen, die mit ihrer Arbeit unser Land am Laufen halten, verdient es, mehr Geld in der Brieftasche zu haben – und ebenso die Pensionistinnen und Pensionisten, die unser Land aufgebaut haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Da geht es zum einen auch um einen fairen Beitrag von Milliardenver­mögenden, damit wir die Steuern auf Arbeit wirklich senken können. Wer war dagegen? – Es war die FPÖ. (Abg. Wurm: Wo waren wir dagegen? Philip, wo waren wir dagegen?) Bleiben wir heute bei der Wahrheit: Euch waren die kleinen Leute immer egal, ihr habt euch jedes Mal, wenn ihr in der Regierung wart, von der ÖVP über den Tisch ziehen lassen!

Erinnern wir uns miteinander: Herbert Kickl ist immer dabei gesessen, er war immer mit dabei. Heute redet er groß vom System, dabei ist er in Wahr­heit seit 20 Jahren ein System auf zwei Beinen. (Heiterkeit des Abg. Schallmeiner.) Das ist Herbert Kickl.

Er war bei Wolfgang Schüssel mit dabei, mit dabei bei den Pensionskür­zungen. Da hat er die Reden geschrieben, da hat er gesagt: Das ist super, dass die Pensionistinnen und Pensionisten weniger Geld haben. Er war – Bussi, Bussi – mit Karl-Heinz Grasser unterwegs, als der die Buwog-Wohnungen verscherbelt hat. Er hat ihm zugejubelt und gesagt: Das ist klass, dass wir die Wohnungen verschleudern. – Das war Herbert Kickl.

Als dann Hartinger-Klein hier auf der Regierungsbank gesessen ist und der Krankenkasse in Wahrheit Hunderte Millionen Euro weggenommen hat, weshalb die Menschen heute monatelang auf Arzttermine warten, ist die ganze blaue Partie mit Herzerln in den Augen danebengesessen und hat Hartinger-Klein zugejubelt. Und auch dass Kollege Ragger von der FPÖ heute herausgeht und allen Ernstes von den Pflegeheimen redet, wo doch die FPÖ alle Pflegeheime an private Investoren verscherbelt und die ge­meinnützige Pflege geschwächt hat, ist alles eine Pflanzerei der Menschen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die ÖVP war zumindest ehrlich, die fühlt sich den Großspendern verpflichtet. Karl Nehammer spürt die Armut nicht. Auch wenn er jetzt sagt, er wird zuhören, er geht auf Reisen und möchte wieder zuhören – wirklich gespürt und getan hat er in den letzten Jahren natürlich gar nichts. Er hat den Men­schen, die sich das Leben nicht mehr leisten können, ausgerichtet, sie sollen sich halt irgendwo einen Burger bestellen, soll die Pensionistin halt den Burger essen, sollen die Kinder den Burger essen, soll die alleinerziehende Mutter den Burger essen. Das war die Antwort von Karl Nehammer.

Man soll die Politik schon auch ganz konkret an den Taten messen und nicht an dem, was sozusagen vor Wahlen erzählt wird. Das Ziel der Regierung von ÖVP und Grünen war es, die Armut in diesem Land zu halbieren. – Das ist leider nicht gelungen. Es gab milliardenschwere Einmalzahlungen, die verpufft sind, aber ihr habt euch geweigert, in einen nicht funktionie­renden Markt einzugreifen. Deswegen sind wir inzwischen Schlusslicht beim Wirtschaftswachstum, deswegen zeichnet sich eine dramatische Situa­tion für den Mittelstand ab: weil ihr nicht reagiert habt!

Das ist es, was wir in Österreich wieder brauchen: nicht eine Politik, die sich durchwurschtelt, wegduckt und zuschaut, sondern eine Politik, die allen Ernstes die Probleme auch anpackt und löst (Beifall bei der SPÖ); dass wir das Leben in Österreich wieder leistbar machen; dass wir die Teuerung in den Griff kriegen; dass wir schauen, dass sich die Leute ihre Wohnungen wieder leisten können; dass wir im Bereich Gesundheit darauf schauen, dass die Leute einen Rechtsanspruch darauf haben, wieder in einem vernünftigen Zeit­raum einen Arzttermin zu bekommen. All das ist möglich, man muss es nur tun! (Beifall bei der SPÖ.)

10.55

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Wurm. – Bitte.