11.20

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Ich darf zu Beginn recht herzlich eine Besuchergruppe aus Fürstenfeld begrüßen. Herzlich begrüßt sei der Pensionistenverband aus Fürstenfeld mit seinem Obmann Manfred Hafner. (Allgemeiner Beifall.)

Zu Kollegen Loacker ganz kurz: Also dieser Bericht (ein Exemplar des Berichtes in die Höhe haltend) – er hat den Band II mit nicht 400, sondern mit 443 Sei­ten gemeint – ist kein „Mist“ oder Schmarrn, sondern ein ausgezeich­neter Bericht. Da muss man auch einmal Danke an das Sozialministerium sagen (Beifall bei der SPÖ), weil dieser Bericht nämlich im Band I klar die Aktivi­täten aufzählt, aber in Band II sehr wohl sozialpolitische Analysen von Expertinnen und Experten enthält und wissenschaftlich untermauert, wo wir in Österreich noch einen Handlungsbedarf haben. Da wird klar aufgezeigt, wo unser Sozialstaat steht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Bericht zeigt auch eindeutig auf, wo die Bundesregierung versagt hat, wo wir einen Aufholbedarf haben, zum Beispiel bei der Teuerung. Die Einmalzahlungen helfen nicht, die Armut zu bekämpfen. Fakt ist, die Armut ist weiter gestiegen, und deswegen noch einmal die Botschaft an die Regierungsparteien: Wer die Teuerung nicht bekämpft, der erhöht die Armut! Das ist leider in diesem Land passiert, und dafür ist diese Bundesregierung verantwortlich.

Fakt ist, die Reichen – auch das kommt klar in diesem Bericht zum Aus­druck – werden immer reicher, die Armen immer ärmer. So können und wollen Sie Armut wahrscheinlich nicht bekämpfen.

Wenn hier im Anschluss Kollege Hammer herauskommen und uns sagen wird, dass die Sozialleistungen valorisiert werden: Ich frage Sie, Kollege Hammer von der ÖVP: Warum ist dennoch die Armut gestiegen? Warum ist die Armut, auch in Form von Arbeitslosigkeit und Notstandshilfebezug, weiter ge­stiegen? – Weil dort die Sozialleistungen nicht valorisiert worden sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir müssen wieder an einem armuts­festen Sozialstaat bauen, weil eine weitere Erkenntnis in diesem Sozialbe­richt ist: Wer nicht in Bildung investiert, der erhöht die Kosten für die aktive Arbeitsmarktpolitik und schwächt den Wirtschaftsstandort Österreich.

Eine OECD-Studie zeigt ganz klar: Wenn wir armutsgefährdete Kinder in der Bildung benachteiligen, wenn diese armutsgefährdeten Kinder nicht gleiche Bildungschancen bekommen, dann ist das auch für den Staat ein Verlust, dann sind das nämlich 3,6 Prozent weniger an Wirtschaftsleistung. Das sind 18 Milliarden Euro pro Jahr, 50 Millionen Euro pro Tag, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Darüber wird die Debatte nicht geführt. Die ÖVP, die Wirtschaft reden immer nur davon, Lohnnebenkosten und damit Sozialleistungen zu senken. Wie­so diskutieren wir nicht einmal, wie man den Wirtschaftsstandort Öster­reich auch wieder über die Bildung fitter machen und den Kindern gleiche Chancen geben kann, ein Bildungssystem zu besuchen? (Beifall bei der SPÖ.)

Was ÖVP und Grüne noch gemacht haben – weil es heißt, die Kinder seien so wichtig und Kinderarmut sei zu bekämpfen –: Sie haben den Familienbo­nus von Schwarz-Blau von 1 500 Euro auf 2 000 Euro erhöht. Die Teuerung hat eingesetzt, und Sie haben bei denen, die Sie vorher mit 700 Euro abgespeist haben, die nämlich nicht so gut verdienen, noch 60 Euro pro Monat draufgelegt.

Die Frage stellt sich aber schon: Der ist befristet. Mit 1.1.2025 bekommen Familien, die gut verdienen, 2 000 Euro vom Staat, und Familien, die nicht gut verdienen – das sind überwiegend Frauen, alleinerziehende Mütter, Teil­zeitbeschäftigte –, wieder 700 Euro. Warum unterscheiden Sie bei den Familien zwischen gut verdienenden und nicht gut verdienenden? Diese Frage müssen wir immer wieder und erneut stellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die dritte Erkenntnis in diesem Sozialbericht ist: Wer Vermögen nicht verteilt und gerecht besteuert, der ist dafür verantwortlich, dass die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter auseinandergeht. Fakt ist – Kollege Koza hat das mit seinen 5 Prozent, mit seinen 10 Prozent aufgezeigt –, das sagt die Oesterreichische Nationalbank in ihrer Studie, Vermögen und Einkom­men müssen gemeinsam analysiert werden. Diese Studie der Autoren der Oesterreichischen Nationalbank sagt, es ist Zeit, dass jene Vermögen, die unverdient und ohne Leistung steigen, dass diese Vermögenszuwächse besteuert werden. Da geht es um Erbschaftssteuern bei Millionenerben, nicht beim kleinen Häuslbauer, nicht beim kleinen Erben, sondern bei Millionen­erben. Es geht ganz klar darum, dass da etwas gemacht wird.

Diesen Autoren verbietet man jetzt, das in der Öffentlichkeit bei Pressekonfe­renzen zu präsentieren. Das ist ja die größte – ich will das Wort jetzt nicht sagen – Unverständlichkeit dabei – ja, so.

Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, abschließend: Die Sicherung von Mindestlebensstandards für alle Menschen in Österreich muss so gestaltet werden, dass relevante Grundrechte gewährleistet werden: ein Recht auf Wohnen, ein Recht auf Versorgung mit Energie, mit Infrastruktur, mit Kinderbetreuung, mit Pflege, mit Gesundheitsversorgung. Das sind die The­men, die wir brauchen. Nur durch Sichern dieser Mindestlebensstandards schaffen wir einen armutsfesten Sozialstaat.

Es liegt an der Politik, unseren Sozialstaat abzusichern und weiter auszubauen. Wir in der SPÖ wollen das tun. Wir haben dazu ein Programm, einen Plan mit Herz und Hirn, präsentiert. Wir zeigen auch auf, wie man das finan­zieren kann.

Wir brauchen dazu den Auftrag der Menschen in Österreich, und, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden uns diesen Auftrag bei der Nationalratswahl am 29. September für ein sozialeres, gerechteres Österreich holen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.26

Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Johannes Rauch zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.