12.12

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wir novellieren heute das Opferfürsorgege­setz, ein Gesetz, das es in dieser Form seit 1947 gibt. Ich wage zu behaup­ten, es ist eines der am meisten novellierten Gesetze.

Vielleicht ein kurzer historischer Rückblick: 1945 wurde das erste Opferfürsor­gegesetz gemacht. Damals war dies aber nur für Widerstandskämpfer und -kämpferinnen gedacht und entstand natürlich unter dem Eindruck der Moskauer Deklaration, der Selbstbefreiung Österreichs vom Nationalsozialismus. Erst 1947 hat man Juden und Jüdinnen – diese waren ja die Mehrzahl der Opfer –, die in den KZs ermordet worden sind, beziehungsweise Überlebende und deren Nachkommen in das Opferfürsorgegesetz hineingenommen. Seit dem Jahr 1947 ist nach und nach die eine oder andere Gruppe dazugekom­men, weil man es aus politischen Gründen vorher nicht wollte – erst sehr spät Roma und Sinti, als diese als Volksgruppe anerkannt worden sind, äußerst spät Behinderte. Also erst nach und nach sind diese Gruppen mitaufge­nommen worden, und das meistens oder immer auf Druck – das macht mich ein bisschen stolz – des Parlaments, eine diesbezügliche Änderung herbeizuführen.

Nun ist es so, dass das Opferfürsorgegesetz von 1947 zwei Kategorien von Opfern unterscheidet: die sogenannten aktiven und passiven. Wir werden das, fürchte ich, in dieser Legislaturperiode leider nicht mehr ändern können, aber diese Diskriminierung ist eine, die man schon seit Jahrzehnten immer wieder versucht hat aufzuheben. Die sogenannten aktiven Opfer, also die Widerstandskämpfer:innen, haben eine Amtsbescheinigung, die passiven Opfer einen Opferausweis, aus dem heraus es keine Unterhaltsrente oder irgendetwas dergleichen gibt. Hingegen gibt es das für die aktiven Opfer.

Wie Sie wissen, leben nur mehr sehr wenige. Es wäre also zum jetzigen Zeitpunkt ohnehin nur mehr ein symbolischer Akt, aber ehrlicherweise muss ich Ihnen sagen, der wäre mir persönlich sehr wichtig, damit es da keine diskriminierenden Unterscheidungen zwischen den Opfern des Nationalsozialis­mus gibt. So schließen wir zumindest heute mit dieser Novelle eine Lücke, nämlich mit der letzten Gruppe, die nicht bedacht wurde, bei der es um Menschen mit nicht getilgten gerichtlichen Verurteilungen geht, die nicht als Opfer anerkannt worden sind, um Menschen, die sich schon vor 1938 gegen Nazis gewendet haben, die aufgrund von irgendwelchen Schlägereien mit Nationalsozialisten verurteilt und von den Nazis als sogenannte Berufs­verbrecher bezeichnet worden sind, was natürlich vollkommen willkürlich ge­schah. Diese nationalsozialistische Bezeichnung wurde nach 1945 weitergeführt. Das wird nun endlich geändert. Unserer Recherche nach gibt es diesbezüglich keine Überlebenden mehr, aber vielleicht doch. Es würde mich freuen, wenn es noch den einen oder anderen geben würde. Es ist eine nachträgliche, leider eben nur mehr symbolische Anerkennung von Opfern des nationalsozialistischen Terrors, die eben bislang nicht als solche anerkannt wurden. Diese Lücke schließen wir heute.

Ich darf auch die Kolleginnen und Kollegen der Opposition sehr herz­lich um Unterstützung bitten, damit wir hier eine gemeinsame Politik des Ge­denkens haben.

Genau in diesem Sinn bin ich im Übrigen der Meinung, dass die noch immer in Geiselhaft der Hamas befindlichen Geiseln endlich freigelassen werden sollten. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.16

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Sabine Schatz. – Bitte.