12.29
Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher, insbesondere hier auf der Galerie! Beim aktuellen Tagesordnungspunkt widmen wir uns einem Thema, das oft im Verborgenen bleibt: Ich spreche vom Schwangerschaftsverlust. Von einem Schwangerschaftsverlust wird gesprochen, wenn eine Frau ihr ungeborenes Kind im Zeitraum vor der 24. Schwangerschaftswoche verliert oder solange es weniger als 500 Gramm wiegt. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie hier im Plenarsaal und auch auf der Galerie eine Frau kennen, die einen Schwangerschaftsverlust erfahren hat, ist ziemlich groß: 12 bis 24 Prozent der schwangeren Frauen haben einen Schwangerschaftsverlust, das ist in etwa jede sechste Frau.
Trotz dieser Häufigkeit, obwohl das so oft vorkommt, ist der Schwangerschaftsverlust nach wie vor ein Tabuthema, über das wir eigentlich nur sehr wenig sprechen. In vielen Ländern ist es auch so etwas wie eine gesellschaftliche, eine soziale Konvention, überhaupt erst dann über eine Schwangerschaft zu sprechen, wenn der dritte Monat quasi überstanden worden ist, weil erst dann das Risiko für eine mögliche Fehlgeburt deutlich geringer ist. Wenn also Frauen vor dem dritten Monat einen Schwangerschaftsverlust haben, dann bekommt das Umfeld oft gar nichts davon mit, weil es gar nicht erst wusste, dass die Frau schwanger ist. Das ist schlecht, weil für viele Frauen ein Schwangerschaftsverlust sowohl körperlich als auch psychisch enorm belastend ist und sie deshalb Unterstützung – etwa durch Ärztinnen, Ärzte, Pflegerinnen, Pfleger oder auch durch Hebammen – brauchen.
Um Frauen bei einem Schwangerschaftsverlust künftig besser zu unterstützen, als das jetzt der Fall ist, beschließen wir deshalb heute ein Gesetz und ein sehr breites Maßnahmenpaket, das wichtige und längst überfällige Verbesserungen für Betroffene mit sich bringt. Der aus meiner Sicht zentralste Punkt, die aus meiner Sicht zentralste Verbesserung ist, dass Frauen, die einen Schwangerschaftsverlust erleiden, künftig bereits ab der 18. Schwangerschaftswoche gesetzlich Anspruch auf eine Begleitung durch eine Hebamme haben. Konkret bedeutet das: Betroffene Frauen erhalten in dieser sehr herausfordernden und für sie auch belastenden Zeit die Unterstützung, die sie benötigen, nämlich kompetente Beratung, Betreuung und auch Pflege durch qualifizierte Hebammen. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Holzleitner.)
Teil dieses Maßnahmenpakets, das wir heute beschließen, ist außerdem eine Weiterbildungsoffensive für Ärztinnen und Ärzte, hier insbesondere für Allgemeinmedizinerinnen, -mediziner, auch für Gynäkologinnen und Gynäkologen sowie für Hebammen und für Beraterinnen und Berater in Familien-, Frauen- und auch Mädchenberatungsstellen. Wir werden eine Broschüre mit dem Titel „Stille Geburt oder Tod des neugeborenen Kindes“ zur Information für betroffene Eltern und auch als Beitrag zur Bewusstseinsbildung und zur Enttabuisierung auf den Weg bringen. Außerdem prüft eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe die Erweiterung der Definition Totgeburt sowie damit etwaig einhergehende Ansprüche betroffener Frauen, wie zum Beispiel den Anspruch auf Wochengeld, auf Kündigungs- und Entlassungsschutz.
Mit diesem Maßnahmenpaket setzen wir tatsächlich einen wichtigen ersten Schritt. Wir wollen damit einerseits wie gesagt das Thema Schwangerschaftsverlust enttabuisieren und andererseits den betroffenen Frauen, ihren Partnern und auch Partnerinnen zur Seite stehen.
Mir ist es ein dringendes Anliegen, an dieser Stelle den Sternchenmamas, dem Verein für Betroffene von Schwangerschaftsverlust, ein sehr herzliches Danke zu sagen. Die kämpfen sehr engagiert und ehrenamtlich beherzt für Verbesserungen für von Schwangerschaftsverlust Betroffene, haben dazu im Juni 2023 auch eine Bürger:inneninitiative eingebracht, und mit dem Gesetz, das wir heute hier hoffentlich einstimmig beschließen werden, sind einige ihrer Forderungen umgesetzt. Danke für ihr Engagement! (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Kaniak.)
Klar ist für uns auch: Dieses Maßnahmenpaket ist ein erster, ein wichtiger Schritt; in Zukunft müssen weitere Schritte folgen, um die Situation von Sternchenmamas weiter zu verbessern, um sie noch besser zu unterstützen. Daran müssen wir weiterhin mit aller Kraft arbeiten, und ich kann Ihnen versprechen: Wir Grüne werden das tun. Es ist uns ein großes Anliegen, dass wir gemeinsam dafür sorgen, dass Frauen nach dem Verlust einer Schwangerschaft, eines ungeborenen Kindes die bestmögliche Unterstützung erhalten und auch dass das Thema Schwangerschaftsverlust nicht länger tabuisiert ist.
In diesem Sinne hoffe ich wirklich auf einen einstimmigen Beschluss, bedanke mich und vertraue darauf, dass wir das heute hier schaffen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
12.34
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Eva Maria Holzleitner. – Bitte.