14.50
Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Jedes Mädchen und jede Frau muss ein selbstbestimmtes Leben führen können, ein Leben frei von Gewalt. Jede Gewalttat und jeder Mord ist einer zu viel, und das ist unser Beweggrund, weshalb wir in den letzten Jahren, in dieser Legislaturperiode Strukturen geschaffen haben – Strukturen in der Prävention von Gewalt und für den Opferschutz.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben in den letzten Jahren so viel getan wie nie zuvor passiert ist. Wir haben das Frauenbudget verdreifacht und mit diesem Geld die Gewaltschutzzentren in jedem Bundesland ausfinanziert. Wir haben die Frauen- und Mädchenberatungsstellen budgetär gestärkt und flächendeckend in jedem Bezirk in Österreich eingeführt. Wir haben eine neue Bund-Länder-Vereinbarung gemeinsam mit den Ländern getroffen, um neue sogenannte Schutz- und Übergangswohnungen in den Ländern zu schaffen, in denen von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder Unterstützung bekommen. Wir haben eine neue Gewaltschutzplattform eingerichtet, die die bestehenden Arbeitsgruppen zusammenführt und derzeit an einer Gewaltschutzstrategie arbeitet.
Das alles haben wir getan, weil die Frauen in Österreich es verdient haben, ein gewaltfreies Leben führen zu können und weil sie dabei unsere Unterstützung benötigen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Natürlich müssen wir auch in die Analyse gehen. Wir haben unter anderem im Bundeskriminalamt eine Analysestelle zu Tötungsdelikten an Frauen eingerichtet, damit eine wirklich gezielte Auseinandersetzung mit den Einzelfällen möglich ist. Da sieht man sich an, was im Vorfeld passiert ist: Hat es einen Kontakt mit einer Einrichtung gegeben? War die Polizei schon einmal involviert? Hat es ein Betretungsverbot gegeben? Daraus werden auch wieder Erkenntnisse und Schlüsse für weitere Maßnahmen gezogen. Das sind alles Bausteine – um nur einige exemplarisch zu nennen – für ein flächendeckendes Gewaltschutznetz in Österreich.
Sehr geehrte Damen und Herren, nun können wir den nächsten Schritt setzen, nämlich die flächendeckende Einrichtung von Gewaltambulanzen. Ich bin demütig und dankbar, dass das gelungen ist. Ja, es war ein Projekt, das sehr gut vorbereitet war und in dem Kollegin Zadić und ich uns über viele Monate hinweg wissenschaftlich begleiten lassen haben, mit Expertinnen und Experten zusammengearbeitet haben. Wir haben uns anhand eines Modells in einer Pilotregion – in der Steiermark – genau angesehen, was es braucht, und erst vor wenigen Monaten durften wir in Graz diese Gewaltambulanz eröffnen.
Wir sind uns ganz sicher, dass das das richtige Konzept ist, um zu bewerkstelligen, dass Frauen, die Opfer von Gewalt werden, auch zu ihrem Recht kommen. Denn: Die Täter müssen härtestmöglich bestraft werden. Das haben sich die Frauen, die Opfer von Gewalt werden, verdient. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Prammer.)
Wir wissen, dass das derzeit nicht der Fall ist. Wir, die wir hier sitzen, wissen, dass die Verurteilungsrate wirklich sehr gering ist – Kollegin Zadić hat es erwähnt –, und dass es eben auch ein Thema der Beweissicherung ist, dass es oft zu Einstellungen der Verfahren kommt, weil eben die Beweise fehlen. Das ist deshalb so tragisch, weil es natürlich mehr als nur die Nichtstrafe, die Nichtverurteilung ist, es ist ein ganz verheerendes Signal an die Frauen. Wenn man sieht, dass das Verfahren ohnehin zu keinem Ergebnis führt, ja warum sollte ich mich dann darauf einlassen? Warum sollte ich mich als Frau darauf einlassen, diese Retraumatisierung zu erfahren, all das wieder durchzugehen und über all das wieder sprechen zu müssen? Das müssen wir ändern, sehr geehrte Damen und Herren. Wir müssen die Beweise sichern, damit die Frauen zu ihrem Recht kommen und die Täter härtestmöglich verurteilt werden. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Prammer.)
Ein ganz wesentlicher Baustein sind die Gewaltambulanzen, die ja nicht nur da sind, um direkt vor Ort die Beweise zu sichern – ja, das natürlich auch, aber es steckt viel mehr dahinter: Es gibt mobile Teams, die in die Regionen fahren, in den Krankenhäusern vor Ort sein können, wenn eine Frau dort ist und eine Gewalttat, eine Körperverletzung erlitten hat und sich deshalb behandeln lässt. Es gibt ein breites Netzwerk, das dahintersteht – Gewaltschutzzentren, Fraueneinrichtungen, mit denen eine Vernetzung stattfindet. Es werden einfach ganz wichtige Strukturen geschaffen.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir legen heute den Grundstein dafür, dass wir diese Gewaltambulanzen, die wir in Graz gestartet haben und wofür in Wien derzeit schon Umbauarbeiten stattfinden, in ganz Österreich ausrollen können. Ich wünsche mir – wie im Übrigen für alle Bereiche in der Frauenpolitik – vor allem im Gewaltschutz einen parteiübergreifenden Schulterschluss. Diesen haben wir in den letzten Jahren oft erreicht, und das ist auch gut und richtig so. Dass wir ihn gerade im Bereich der Gewaltambulanzen heute womöglich nicht erreichen und es heute keinen Allparteienbeschluss gibt, das lässt mich etwas verständnislos zurück. Ich glaube, es wäre ganz wichtig, dass wir den Frauen gemeinsam zeigen, dass die Gewaltambulanzen ein Ort sind, wo sie sicher sind und wo ihnen zu ihrem Recht verholfen wird. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
14.56
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Selma Yildirim. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.