17.37

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuse­her! Wir diskutieren heute über die Novelle des Datenschutzgesetzes. Warum reden wir heute darüber? – Wir reden darüber, weil der Verfassungsge­richtshof das sogenannte Medienprivileg, also die Ausnahme der Medienunter­nehmer aus der DSGVO, aus der Datenschutz-Grundverordnung, aufge­hoben hat.

Infolgedessen standen wir also vor einer nicht unerheblichen Herausforderung, nämlich einerseits die neuen datenschutzrechtlichen Erfordernisse, die der Verfassungsgerichtshof aufgestellt hat, zu erfüllen, gleichzeitig aber die Presse- und Informationsfreiheit vor Einschränkungen zu schützen. Wir mussten daher die verschiedenen, sehr wichtigen Grundrechte abwägen und eine Balance finden. Das ist kein einfaches Unterfangen, denn es geht letzten Endes um den Ausgleich der Interessen: jedes Einzelnen an Datenschutz und der Allgemeinheit sowie der Medienunternehmer am Schutz des Rechts auf Meinungsäußerungsfreiheit.

Es wurde in den Reden zuvor schon mehrfach gesagt: Die Medien haben in einer Demokratie eine sehr wichtige Rolle. Als Public Watchdogs leisten sie als vierte Gewalt im Staat einen wichtigen Beitrag zu den sogenannten Checks and Balances. Sie garantieren mit diesen Checks and Balances, dass wir in einer offenen Gesellschaft leben können, was unser Land letzten Endes ausmacht. Die Funktion der Medien als Public Watchdogs ist unverzichtbar und muss natürlich durch uns als Regierung und den Gesetzgeber geschützt werden. Es war mir als Justizministerin und der Frau Medienministerin besonders wichtig und ein besonderes Anliegen, diesen Entwurf so auszugestalten, dass die beiden Interessen einen guten Ausgleich finden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Grundlage für mediale Kontrolle ist letzten Endes auch die journalistische Recherche, insbesondere die investigative Recherche und der investigative Journalismus.

Damit das möglich ist, braucht es natürlich einen starken Redaktionsschutz und einen umfangreichen Quellenschutz, damit sich auch betroffene Men­schen an die Medien wenden können, ihnen Sachen verraten können, ohne Sorge zu haben, dass die Quelle offenbart wird. Daher müssen zu jeder Zeit der Quellenschutz und das Redaktionsgeheimnis gewährleistet sein.

Aus diesem Grund haben wir jetzt ein neues Kriterium eingeführt, nämlich das sogenannte datenschutzrechtliche Redaktionsgeheimnis, das sogar weiter geht als das – unter Anführungszeichen – „normale“ Redaktionsgeheimnis, weil es mit einem effektiven Umgehungsschutz ausgestattet ist.

Die Verantwortlichen sind damit gegenüber Behörden oder datenschutzrechtlich Betroffenen und Dritten nicht zur Offenlegung von Informationen ver­pflichtet, die dem Schutz des Redaktionsgeheimnisses unterliegen. Das ist ganz wichtig, denn das Redaktionsgeheimnis gilt in unserem Entwurf letzten Endes absolut.

Eine Sache möchte ich noch einmal erwähnen, sie wurde auch schon von Abge­ordneten erwähnt: Wir haben natürlich auch dafür gesorgt, dass die Be­troffenenrechte einen guten Ausgleich finden, weil wir eine zeitliche Differen­zierung getroffen haben. Das hat uns der Verfassungsgerichtshof erlaubt, weil der Verfassungsgerichtshof gesagt hat, eine zeitliche Differenzierung könne man treffen. Daher haben wir die zeitliche Differenzierung so ausgestaltet, dass in der Phase vor der Veröffentlichung sämtliche Auskunftsrechte ausgeschlossen sind, weil in dieser besonderen journalistischen Phase der Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit jedenfalls Vorrang genießt. Nach der Ver­öffentlichung des Artikels gibt es natürlich gewisse Auskunftsrechte, wobei es letzten Endes auch gewisse Schutzmechanismen gibt.

Darüber hinaus – das möchte ich auch noch einmal erwähnen – haben wir erstmals eine eigene Regelung für sogenannte Bürger:innenjournalist:innen geschaffen. Das ist ein absolutes Novum und ein entscheidender Beitrag zu einem modernen Rechtsrahmen für diesen immer wichtiger werdenden Be­reich in unserer Gesellschaft.

Sie sehen, die Materie ist komplex. Sie sehen, es war kein einfaches Unter­fangen, diesen Entwurf zu erarbeiten. Daher haben wir wirklich zahl­reiche Gespräche geführt, mit Stakeholderinnen, mit Stakeholdern, mit Medien­häusern, Journalistinnen und Journalisten, aber auch mit Professor:innen, Datenschützer:innen, Rechtsanwält:innen. An dieser Stelle möchte ich mich noch bei allen Beteiligten bedanken, die über Monate hinweg in einem intensi­ven und stets konstruktiven Austausch mit uns gestanden sind, denn nur so konnte eine gute, ausgeglichene Regelung gefunden werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ja, ich möchte der Opposition die Kritik ja auch zugestehen: Auch ich hätte mir gewünscht, dass wir mehr Zeit gehabt hätten, damit wir das in einem längeren Begutachtungsverfahren auch begutachten lassen, denn das ist der Anspruch, den ich auch an mich selbst habe. Die meisten meiner Ge­setze oder Gesetze des Justizministeriums haben wir mit einem ordentlichen Begutachtungsverfahren gemacht. In diesem speziellen Fall war diese grundrechtliche Abwägung einfach sehr, sehr komplex, und es war uns sehr wichtig, mit vielen, vielen Menschen in Kontakt zu treten und einen guten Ausgleich zu finden. Nur so konnte dann letzten Endes eine wirklich ausgewogene und umsichtige Regelung gefunden werden, die die Pressefreiheit schützt, den Investigativjournalismus schützt und die datenschutzrechtli­chen Erfordernisse des Verfassungsgerichtshofes erfüllt. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.43

Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Muna Duzdar zu Wort. – Bitte.