20.01

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Werte Zuseherinnen und Zuseher hier oder auch zu Hause vor den Bildschir­men! Es ist heute schon mehrfach gefallen: Seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine haben wir gemeinsam in diesem Hohen Haus mit einer breiten Mehrheit viel dafür getan, dass österreichische Kundinnen und Kunden sicher mit Energie versorgt werden können. Mit den gesetzlichen Grundlagen, über die Sie abgestimmt und die Sie in diesem Haus be­schlossen haben, haben wir vieles geschafft. Wir haben die Gazprom aus unse­ren Speichern getrieben, wir haben eine strategische Gasreserve als Sicherheitspolster für die Energieversorgung geschaffen und so den Versor­gungsstandard erhöht und vieles, vieles mehr.

Auch wenn wir heute besser als zu Beginn des russischen Kriegs vor über zwei Jahren dastehen, sehen wir gerade und wissen wir – ich muss es nicht wiederholen, es ist vielfach angesprochen worden –, wie riskant und gefährlich die Abhängigkeit von Russland weiterhin ist. Auch die OMV hat gerade in den letzten Tagen mit einer Ad-hoc-Meldung wieder bekannt gegeben: Auch mit einem Gerichtsverfahren droht ein Risiko!

Die Pipeline geht durch ein Kriegsgebiet. Wir wissen, wir müssen raus aus dieser gefährlichen Abhängigkeit.

Deswegen ist es wichtig, dass sich Gasversorger – und zwar alle Gasversorger – auch tatsächlich in der Praxis – nicht nur in der Theorie oder in der Presseaussendung, sondern in der Praxis – gezielt darauf vorbereiten.

Der Ihnen vorliegende Antrag ist genau so ein weiterer Schritt, um das sicherzu­stellen. Darin werden die österreichischen Gasversorger – und ja, auch die Gasimporteure; danke auch für diesen Zusatz – verpflichtet, Versorgungssicher­heitskonzepte zu erstellen, in denen dann die getroffenen und die geplan­ten Maßnahmen zur Absicherung der vertraglichen Versorgungs­pflichten gegenüber Endkundinnen und Endkunden für den Fall enthalten sind, dass die größte einzelne Bezugsquelle ausfällt.

Dass das wichtig ist, wissen die Gasversorger mittlerweile auch. Es ist auch durch Rechtsgutachten belegt, die zum klaren Ergebnis kommen, dass sich ein Gasversorger zwei Jahre nach Kriegsbeginn nicht mehr auf höhere Gewalt ausreden kann, wenn Russland den Gashahn zudreht, sondern selbst Verantwortung für die Belieferung der Kundinnen und Kunden über­nehmen muss.

Die jetzt in diesem Gesetzespaket geforderten Konzepte sorgen dabei für uns alle für mehr Transparenz, für mehr Versorgungssicherheit, weil sie eben der Regulierungsbehörde gegenüber offenlegen müssen: Wie sorgen sie vor? Wie bereiten sie sich vor? Damit müssen sie auch den wirtschaftlichen Eigentümern gegenüber sagen, was sie getan haben, um das wirtschaftliche Risiko für ihr Unternehmen zu minimieren. (Beifall bei den Grünen.)

Schließlich – und das bezieht sich auf den zweiten Teil dieses Antrages – sieht der Initiativantrag auch eine Verlängerung der strategischen Gasreserve bis 2027 vor, auch das Gasdiversifizierungsgesetz – es ist schon angesprochen worden – sowie im Energielenkungsgesetz die entsprechenden Paragra­fen entsprechend zu verlängern.

Insgesamt sind das also sinnvolle Maßnahmen, und ich darf Sie wirklich auch von dieser Stelle noch einmal um Ihre Unterstützung bitten.

Ich möchte aber auch eines ganz klar sagen: Das ist ein wichtiger Schritt, ein nächster Schritt, aber es müssen natürlich weitere Schritte folgen. Die Grün­de dafür sind schon angesprochen worden: Auch wenn wir wissen, dass die Gasinfrastruktur nach Österreich ausreichend ist, um entsprechende Mengen nach Österreich zu transportieren – und lieber Herr Kollege Kassegger (Abg. Kassegger: Ist sie nicht! Sie wissen, dass das nicht ausreichend ist!), bitte schauen Sie sich die Zahlen an!; ja, sie reicht –, haben wir ein Preisrisiko. Deswegen ist es so wichtig, dass wir vorsorgen, dass wir die nächsten Schritte setzen und dass wir uns unabhängig vom Willen Wladimir Putins machen, wenn er denkt, es ist wieder Zeit, Gas abzudrehen und damit die Preise zu treiben.

Deswegen habe ich ein Gesetz zur verpflichtenden Diversifizierung ausgear­beitet und werde da natürlich auch weiter dranbleiben. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte aber drei weitere Schritte erwähnen, weil sie im Ausschuss ein The­ma waren, weil sie hier auch schon angesprochen wurden und weil sie auch und insbesondere der Sozialdemokratie ein Anliegen waren. Ich möchte mich auch noch einmal für die konstruktiven Verhandlungen und den konstruktiven Zugang, jetzt hier die nächsten Schritte auf den Weg zu bringen, bedanken.

Das Erste ist die Infrastruktur. Ich sage es noch einmal: Wir haben eine Infrastruktur, die über Jahrzehnte auf Russland ausgelegt war und die wir jetzt umbauen müssen. Deswegen freut es mich auch, dass heute ein Initiativ­antrag zur Finanzierung des WAG-Teilloops eingebracht wurde, um damit die Infrastruktur noch einmal zu ertüchtigen. Wie gesagt: Bereits heute kann Österreich auch ohne russisches Gas ausreichend Gas über die Infrastruk­tur transportieren, aber im europäischen Verbund. Auch für Österreich ist es wichtig, die Kapazitäten zu erhöhen. Daher ist dieser heutige Initiativantrag ein wichtiger zusätzlicher Schritt. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Prinz.)

Zweitens – und auch das möchte ich Ihnen hier noch einmal versichern –: Wir müssen auch auf europäischer Ebene weitere Schritte setzen. Wir kön­nen derzeit schon – wir haben über AggregateEU die gemeinsame Einkaufsplatt­form; wir haben es im Gasdiversifizierungsgesetz festgelegt – natürlich nicht russisches Gas kaufen. Das kann man auch nachweisen.

Dennoch wird von Lieferanten oft das Nichtvorhandensein einer europäischen Herkunftskennzeichnung genutzt, um weiterhin Gas – unter Anführungs­zeichen – „unbekannter Herkunft“ über virtuelle Handelsplätze zu beziehen und damit auch ein Stück weit die Verantwortung von sich zu schieben. Deswegen werde ich natürlich auch weiterhin darauf drängen, dass wir ein europäisches System zur Herkunftskennzeichnung von fossilem Gas bekommen. Das ist ein weiterer, zusätzlicher Schritt, der es einfacher macht, der aber natürlich nicht – ich glaube, da sind wir uns einig – als Ausrede gelten soll. Man kann schon jetzt nicht russisches Gas kaufen, wenn man will. Ich ersuche auch alle, die Beziehungen auf der Landesebene zu den Energiever­sorgern haben, sich dafür einzusetzen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Bogner-Strauß.)

Drittens, die deutsche Gasspeicherumlage: Auch da sind wir uns einig. Das ist wirklich ein Hindernis in den Diversifizierungsverpflichtungen. Wir sehen es auch in den Gasflüssen: Mit Einführung der Umlage, mit Erhöhung der Umlage sind die Flüsse über alternative Routen zurückgegangen. Deswegen hat es – da darf ich Abgeordnete Graf beruhigen – unzählige Besprechungen mit unseren deutschen Partnern, mit der Europäischen Kommission gegeben, und wir haben da ordentlich Druck aufgebaut.

Deswegen hat die Europäische Kommission auch ein Pilotverfahren eingeleitet. Deswegen hat das auch jetzt dazu geführt, dass Deutschland angekündigt hat, die Gasspeicherumlage auslaufen zu lassen.

Es braucht da – und auch dafür werde ich mich weiter einsetzen – eine rasche Beschlussfassung im Bundestag. Ich schaue jetzt insbesondere zur Frak­tion der NEOS, in der Hoffnung, dass Sie vielleicht auf die Kollegen der Freien Demokratischen Partei in Deutschland, die bereits Zweifel angekündigt haben, positiv einwirken können, sodass sie da mitstimmen, weil es eine rasche Beschlussfassung im Bundestag braucht, damit wir so bald wie möglich und deutlich vor Jahresende Rechtssicherheit haben und damit auch diese Hürde für die Marktteilnehmer und Marktteilnehmerinnen aus dem Weg ist.

Die Kommission hat auch bereits gesagt, sie wird die deutsche Gesetzesvorlage eng monitoren und auch das Pilotverfahren erst dann abschließen oder gegebenenfalls die nächsten Schritte im Verfahren setzen, wenn das wirklich beendet und ausgelaufen ist.

Insofern nur zur Versicherung: Wir werden an all diesen Schritten weiter arbeiten, beziehungsweise sind sie schon in Arbeit, teilweise mit Anträgen, teilweise auf europäischer Ebene – aber insgesamt, glaube ich, ist es ein weiteres Paket von nächsten Schritten, und ich bitte Sie daher wirklich um Ihre Unterstützung. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

20.10

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Dr. Christoph Matznetter. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Michael Hammer: Na, der hat selber keine Energie! – Abg. Matznetter – auf dem Weg zum Redner:innenpult –: Na die möchte ich nicht haben!)