20.40

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte zu Beginn ein Wort über den schrecklichen Unfall verlieren, den Kollege Stark gerade angesprochen hat, weil Sankt Marein bei Graz meine Heimatgemeinde ist. Ich bin wirklich tief betroffen, bin sprachlos und in Gedanken bei allen Angehörigen. Es ist ein fünfjähriges Kind von einer Mure verschüttet worden und drei weitere wurden verletzt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Dennoch zurück zum eigentlichen Thema: Es ist schon viel über den Anlass dieses Gesetzesvorschlages gesprochen worden. Die Energiekrise und ihre Folgen haben verdeutlicht – und es ist jetzt aus den unterschiedlichen fraktionellen Blickwinkeln auch noch einmal ver­deutlicht worden, warum das so wichtig ist –, dass ein funktionierender Wettbewerb am Energiemarkt für uns alle von substanzieller Bedeutung ist, für die österreichischen Endkundinnen und Endkunden und somit für jeden und jede von uns. Der österreichische Strom- und Gasmarkt ist in weiten Teilen durch eine hohe Konzentration gekennzeichnet, das wissen wir, das ist kein Geheimnis, das ist der Markt, wie er sich darstellt.

Kollege Kassegger hat schon die Taskforce Energie von Bundeswettbewerbsbe­hörde und E-Control zitiert, die sich insbesondere im Krisenjahr 2022 sehr intensiv mit diesem De-facto-Erliegen des Wettbewerbs am österreichi­schen Energiemarkt beschäftigt hat. Daraus leitet sich ein Auftrag an die Politik, ein Auftrag an uns alle ab, potenzielle Marktmissbräuche, etwa durch die Forderung unangemessen hoher Preise, hintanzuhalten, und um genau dieses Ziel geht es bei diesem Sondergesetz.

Es wurde schon erläutert: Worum geht es im Kern? – Wir haben im Kartellge­setz – und es gilt auch für sämtliche Märkte – ein Missbrauchsverbot einer marktbeherrschenden Stellung. Dieses Verbot existiert in Österreich, es wird jetzt aber mit diesem Gesetz speziell für den Energiemarkt konkreti­siert, und für marktbeherrschende Energieversorgungsunternehmen wird eine wettbewerbsrechtliche Beweislastumkehr eingeführt.

Das ist wirklich sozusagen einer der springenden Punkte, warum dieses Gesetz eine Wirkmächtigkeit hat. Nach aktueller Rechtslage liegt die Beweislast für den Nachweis des Missbrauchs bei der Behörde. Das drehen wir jetzt um. Warum? – Weil ein gerichtsfester Nachweis – darum geht es am Ende, es braucht einen gerichtsfesten Nachweis – in der Praxis sehr, sehr schwer zu erbringen ist.

Wir haben eine Informationsasymmetrie zwischen der Behörde und den Unternehmen, und um diesem Umstand zu begegnen, wird es jetzt eben die Beweislastumkehr geben. Marktbeherrschende EVUs müssen gegebenen­falls den ermittelnden Behörden beweisen, dass sie ihre Marktmacht nicht missbraucht haben und müssen insbesondere die Forderung von höheren Preisen auch sachlich rechtfertigen können.

Es wurde schon darauf hingewiesen: Diese Bestimmung gibt es in Deutsch­land seit dem Jahr 2007. Die Regelung hat sich dort bereits bewährt, ist seit 15 Jahren nicht nur in Kraft, sondern wurde zwischendurch auch be­ständig verlängert. Die Regelung, die wir hier treffen, soll nicht nur für Elektrizität und leitungsgebundenes Erdgas, sondern eben auch für die Fernwärme gelten, weil gerade dort die Frage des Wettbewerbs – leitungsgebunden – eine sehr wichtige ist. Die Regelung soll auch da sicher­stellen, dass kein potenzieller Preismissbrauch praktiziert wird. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Pfurtscheller und Prinz.)

Es ist mir auch wichtig, zu betonen, dass die Bestimmungen des Kartellgeset­zes – das ist jetzt für alle, die sich intensiver mit der Materie beschäfti­gen – sowie des Wettbewerbsgesetzes und somit auch sämtliche Ermittlungsbe­fugnisse und Antragsrechte der Wettbewerbs- und Kartellbehörden auch auf dieses Sondergesetz anzuwenden sind. Wird gegen das vorgeschlagene Gesetz verstoßen, zieht das somit auch kartellrechtliche Folgen nach sich. Da gibt es dann alles: Abstellungsmaßnahmen oder eben Verhängung von Bußgeldern durch das Kartellgericht. Das reiht sich also in die Bestim­mungen des Kartellgesetzes und des Wettbewerbsgesetzes ein.

Kollege Stark hat es vorhin angesprochen: Da sich aber die Bedingungen am Energiemarkt – wir sehen das in der derzeitigen Situation – natürlich auch rasch sehr intensiv ändern können, wollen wir das vorerst befristen – ana­log zur deutschen Regelung bis 31.12.2027. Dann liegt es natürlich am Hohen Haus, darüber zu debattieren, wie wir weiter damit vorgehen.

Ich möchte abschließend noch eines sagen: Dieses neue Gesetz soll dazu dienen, mögliche schwarze Schafe am Energiemarkt, welche bisher aufgrund des wettbewerbsrechtlichen Rechtsrahmens nicht belangt werden konnten und sich potenziell auf dem Rücken der Endkundinnen und Endkunden unrecht­mäßig bereichert haben, zu verhindern. Sofern es diese Fälle in Österreich über­haupt gibt, können diese zukünftig ausfindig gemacht, gegebenenfalls auch sanktioniert und jedenfalls leichter gerichtsfest gemacht werden – im Interesse aller Endkundinnen und Endkunden. Wir haben alle Interesse an einem fairen Wettbewerb am Energiemarkt und daran, potenziellem Preismissbrauch keinen Platz zu geben; auch das eint uns.

Ich habe den Redebeitrag der NEOS noch nicht gehört, aber wenn ich an den Ausschuss anschließen darf: Ich freue mich wirklich über die breite Un­terstützung dieses Anliegens, das uns in diesem Haus offenbar eint, und das finde ich sehr schön. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

20.46

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Dipl.-Ing.in Karin Doppel­bauer. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.