Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister, europaweit stehen die Bäuerinnen und Bauern vor großen Herausforderungen. Es ist der Klimawandel, es sind die äußeren Einflüsse, es sind die Betriebsmittelpreise, die in den letzten Jahren enorm angezogen haben.
Jetzt haben Sie zahlreiche Maßnahmen gesetzt, um die Bäuerinnen und Bauern dahin gehend zu unterstützen – ich denke an das Impulsprogramm, ich denke nicht zuletzt an die Unterstützung mit dem Agrardieselpaket, das wir heute auch im Parlament noch diskutieren und beschließen werden.
Herr Minister, die Herausforderungen stehen aber auch für die Zukunft. Mit welchen Strategien begegnen Sie diesen enormen Herausforderungen in der Landwirtschaft?
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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 354/M, hat folgenden Wortlaut:
„Europaweit stehen Bäuerinnen und Bauern vor vielfältigen Herausforderungen wie etwa dem Klimawandel, schwankenden Preisen oder steigenden gesellschaftlichen Ansprüchen, mit welcher Strategie begegnen Sie ihnen?“
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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Minister.
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Sie haben die Herausforderungen völlig richtig angesprochen. Wir setzen auf zwei Ebenen an.
Die erste Ebene ist die europäische Ebene, wo es mit Blick auf die nächsten Monate darum geht, dass wir eine sinnvolle, eine gute Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik ermöglichen – keine Brüche –, dass wir die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik auch sicherstellen – im nächsten Frühjahr beginnen wieder die Verhandlungen über den Mehrjährigen Finanzrahmen ab 2028 –, und darüber hinaus ist es unser Anliegen, dass wir die Maßnahmen des Green Deals mit Sachverstand und mit Augenmaß umsetzen, damit wir die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe erhalten.
Auf nationaler Ebene geht es um Entlastung. Deswegen bin ich diesem Haus auch sehr dankbar für den Beschluss des großen Entlastungspakets – heute wird wieder ein Paket beschlossen, das die Bäuerinnen und Bauern entlastet –: Agrardieselrückvergütung, CO2 bis hin zu einem Investitionspaket, um tierwohlfreundliche Stallungen zu ermöglichen.
Zu guter Letzt, nationale Ebene – vorhin angesprochen –: Vision 2028 plus. Wir wollen den Bäuerinnen und Bauern eine Perspektive für die nächsten Jahre über 2030 hinaus aufzeigen. Da haben wir ausreichend Material und Grundlagen, um zu diskutieren und mit den Bäuerinnen und Bauern in Dialog zu treten.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.
Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Sie haben es angesprochen, Herr Minister: Die Vision 2028 plus ist ein Zukunftsprogramm, wie wir unsere bäuerlichen Betriebe zukunftsfit halten, wie wir die Lebensmittelversorgung in Österreich sicherstellen.
Wie sehen die konkreten Umsetzungsschritte in dieser Vision 2028 plus aus?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Wir gehen bei der Strategie jetzt in die konkrete Umsetzung. Das heißt, es wird eine Umsetzungsgruppe eingerichtet, wieder partizipativ, breit aufgesetzt, unter Einbindung der Stakeholder, unter wissenschaftlicher Begleitung. Ich nehme drei Aspekte heraus:
Das Thema Unternehmertum: Es hat sich gezeigt, dass unternehmerische Kompetenz sehr wichtig ist. Wir wollen sie auf den Höfen weiter steigern – durch eine bessere Beratung, durch eine Anpassung der Ausbildungsprogramme zum Beispiel.
Oder das Thema Qualitätsproduktion in Österreich: Österreich, Österreichs Bäuerinnen und Bauern profitieren am Markt, wenn sie Qualität erzeugen. Da wollen wir besser werden – unter Berücksichtigung der neuen Anforderungen im Bereich Klimaschutz, Biodiversität, Artenvielfalt, Tierwohl.
Das Nächste ist – als letzter Punkt, der ebenfalls wichtig ist – Diversifizierung. Es hat sich gezeigt, dass Betriebe, die in die Direktvermarktung gehen, die in Urlaub am Bauernhof investieren und durch Urlaub am Bauernhof auch Einkommen erzielen, eine größere Wahrscheinlichkeit haben, dass sie übergeben werden, und eine größere Wahrscheinlichkeit haben, dass sie ein gutes, fixes Einkommen erzielen.
Hier müssen wir schauen, dass wir die Möglichkeiten ausweiten, attraktivieren, damit sich die Betriebe auch entwickeln können.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Abgeordneter Litschauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Ing. Martin Litschauer (Grüne): Guten Morgen, Herr Minister! Herr Abgeordneter Lindinger hat als Herausforderungen für die Bäuerinnen und Bauern zu Recht die Bekämpfung des Klimawandels und die Anpassung an diesen, die schwankenden und die niedrigen Erzeugerpreise und die Anpassung an veränderte gesellschaftliche Ansprüche genannt.
Jetzt meine Frage: Inwiefern trägt Ihrer Meinung nach die deutliche Absenkung der Umweltstandards in der GAP zur Bewältigung dieser Herausforderungen bei?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Also da muss man klar sagen, der Vorschlag für eine Änderung der Gemeinsamen Agrarpolitik kommt aus der Europäischen Kommission, einfach weil sie erkannt hat, auch aufgrund der Bauernproteste, dass mit dem Green Deal, mit der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik einfach unvergleichbar mehr Bürokratie auf die Bäuerinnen und Bauern zugekommen ist.
Die Schritte, die vorgeschlagen werden, bringen aus unserer Sicht keine Verminderung der Umweltambitionen, denn alleine wenn wir nach Österreich schauen – ich habe es erwähnt –: 4 Prozent verpflichtende Brache wird zwar gestrichen, gleichzeitig können wir aber die Prämien attraktivieren, um Biodiversität zu fördern, um biologische Landwirtschaft zu fördern.
Wir können die Bioprämie, so wie es ausschaut, anpassen, anheben. Das heißt, es wird am Ende mehr Biodiversitätsflächen in Österreich geben. Wenn wir die anderen Maßnahmen anschauen: Das bedeutet eine Flexibilisierung, Anbaudiversifizierung, mehr Flexibilität. Für die kleinen Betriebe bis 10 Hektar entfallen nur die Kontrollen und Sanktionen bei der Konditionalität; das heißt, das Umweltprogramm ist davon unberührt. Ich habe da also keinerlei Sorge, dass es zu einer Reduktion der Umweltambitionen kommt. Ich bin sogar zuversichtlich, dass wir unsere Ambitionen in Österreich ausweiten können.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Wimmer. – Bitte.
Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ein gesellschaftlicher Anspruch ist es, unser Grundwasser vor Verunreinigungen zu bewahren. Geht es nach einem Vorschlag der EU, sollen Landwirt:innen künftig noch mehr Nitrat auf den Feldern ausbringen dürfen, obwohl in Österreich schon 7 bis 8 Prozent des Grundwassers mit Nitrat verschmutzt sind. Was tun Sie, um die geplante Anhebung des Grenzwertes um zusätzliche 100 Kilogramm Nitrat zu verhindern?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Das Gegenteil ist der Fall. Wir haben das Nitrataktionsprogramm beschlossen, das weitere Verschärfungen vorsieht. Wir haben in den letzten Jahren sukzessive da die gesetzlichen Bestimmungen angepasst: Es gibt größere Pufferstreifen entlang von Gewässern; man schaut genauer hin, wo Obergrenzen überschritten werden; es werden neue Gebiete ausgewiesen, wo besonderer Wasserschutz vorgesehen wird. Wir haben also eine andere Entwicklung hier in Österreich, wenn man das mit Ländern wie Deutschland oder den Niederlanden vergleicht. Seit Jahren setzen wir konsequent darauf, dass der Eintrag reduziert wird, dass die Bäuerinnen und Bauern nachhaltiger produzieren. Wir sind da in Österreich vorbildhaft unterwegs.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Seemayer. – Bitte.