Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Die EU-wahl ist geschlagen. Jetzt steht natürlich das Mercosur-Abkommen auf der europäischen Agenda, und da geht es darum, Ihre Position auch dementsprechend klar zu beziehen. Wie wir ja wissen – und in den vorigen Fragestellungen meiner Kollegen war das ja schon ein Thema –, gibt es da seitens der ÖVP intern unterschiedliche Positionen: Bauernbund, dem Sie angehören, Wirtschaftsbund auf der anderen Seite.

Meine Frage:

358/M

„Werden Sie konkrete Schritte gegen den Abschluss des Mercosur-Abkommens – beispielsweise durch das Einleiten eines Gutachterverfahrens gem. Art. 218 Abs. 11 AEUV – setzen?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Herr Abgeordneter! Es gilt ja, was Mercosur betrifft, die Bindung durch dieses Haus, durch Bundesrat und Nationalrat, eine Bindung aus dem Jahr 2019. Es ist einmal grundsätzlich so, dass der Minister gebunden ist.

Zu Ihrem Vorschlag: Das Gutachterverfahren ist eine Möglichkeit, die im EU-Recht verankert ist. Wie funktioniert es? – Die Kommission, ein Mitgliedsland, oder das Parlament können den Antrag auf Prüfung eines Gutachtens durch den EuGH stellen. Das macht dann Sinn, wenn das Übereinkommen, sprich der Handelsvertrag, den EU-Verträgen widerspricht. Das muss offensichtlich sein, dann kann man diese Möglichkeit wählen. – Wir haben das jetzt nicht gesehen. Zuständig wäre in Österreich darüber hinaus das Bundeskanzleramt.

Was tun wir konkret? – Wir haben mehrfach auf europäischer Ebene im Rahmen des Agrarministerrats das Thema angesprochen. Wir haben eine sogenannte Note eingebracht, auf die Tagesordnung gesetzt und haben mehrfach darauf hingewiesen, was die Konsequenzen sind. Wir nehmen natürlich zur Kenntnis, dass es viele Mitgliedsländer gibt, die das anders sehen. Der Hauptwiderstand in dieser Frage kommt aber nicht von Österreich, sondern von Frankreich und Deutschland. Vor allem Frankreich hat Sorge wegen dieses Abkommens, weil es die Ziele des Klimaschutzabkommens von Paris aus dem Jahr 2015 zu wenig im Abkommen verankert sieht, und hat deswegen auch die Verhandlungen über das Zusatzinstrument initiiert, das aktuell auf europäischer Ebene mit den Mercosur-Staaten in Verhandlung steht.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Heißt das jetzt im Umkehrschluss, Sie verlassen sich auf Frankreich und beziehen keine eigene Position? Das wäre in dieser Art und Weise eigentlich ein kompletter Fehlschlag. Weil auch Kollege Loacker neben mir steht, der vorhin diese 221 Gramm Fleisch ins Rennen gebracht hat: Werden Sie sich konkret als Bundesminister dafür einsetzen, dass dieses Abkommen nicht kommt?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Herr Abgeordneter, noch einmal, es steht im Regierungsprogramm klar die Position drinnen: keine Zustimmung unter den derzeitigen Voraussetzungen. Es gibt in diesem Haus eine klare Positionierung, welche die Bundesregierung bindet, und die besagt, dass sie da nicht zustimmen darf. Darüber hinaus habe ich angesprochen: Es gab mehrfach Initiativen meinerseits, mit denen wir uns ganz klar gegen die Umsetzung dieses Abkommens in der derzeitigen Form ausgesprochen haben. Darüber hinaus haben wir noch weitere Argumente fachlicher Art angeführt, wie gesagt auch die Frage: Wie könnte eventuell so ein Abkommen in der Konsequenz abgefedert werden? Das liegt alles auf dem Tisch. Das heißt, unsere Position ist völlig klar.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Abgeordneter Loacker. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Minister! Es wird ja nicht nur Fleisch aus den Mercosur-Staaten importiert, sondern auch Soja. Wie viele Tonnen gentechnisch veränderter Sojaorganismen werden jedes Jahr aus den Mercosur-Staaten nach Österreich eingeführt?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Die konkrete Zahl, die aktuelle, kann ich Ihnen nicht nennen. Tatsache ist, wenn es um Handelsabkommen geht: Österreich ist ein exportierendes Land, auch in der Land- und Forstwirtschaft, auch für die Landwirtschaftsproduktion ist der Export entscheidend. 23 Prozent unserer Exporte gehen in Drittstaaten. Das heißt, Handelsabkommen sind wichtig, aber sie müssen nachhaltig sein. Und das ist genau das Thema beim Mercosur-Abkommen: Es ist kein nachhaltiges Abkommen, es ist ein Freihandelsabkommen aus den Neunzigerjahren. Wir haben jetzt andere Abkommen mit Kanada, Neuseeland und Singapur abschlossen. Das sind nachhaltige Abkommen, solche können wir unterstützen, Mercosur nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Weber stellt eine Zusatzfrage. – Bitte.

Abgeordneter Ing. Johann Weber (ÖVP): Herr Bundesminister! Unser Wohl­stand in Österreich, welchen wir alle gemeinsam sehr schätzen, ist zu einem großen Teil auf unsere exportorientierte Volkswirtschaft zurückzuführen. Wir wissen alle, 6 von 10 Euro werden bei uns in Österreich durch Export erwirt­schaftet, und seit wir bei der EU sind, hat sich die Exportleistung vervierfacht.

Meine Frage, Herr Bundesminister: Worin bestehen nun die Herausforderungen beim Mercosur-Abkommen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Wie gesagt, es geht um die Nachhaltigkeits­aspekte, das ist ja nicht etwas, was nur Österreich ein Anliegen ist, das ist auch ein Anliegen, das Frankreich vorbringt. Es geht um Klimaschutz, es geht um Menschenrechte; das soll zusätzlich berücksichtigt werden. – Das sehen wir nicht berücksichtigt.

Darüber hinaus sind wir natürlich offen für Handelsabkommen, die fair sind, die Nachhaltigkeit gewähren. Was ist das? Damit sich da jemand etwas vorstellen kann: Wenn wir ein Abkommen mit Neuseeland abschließen, muss zum Beispiel eine Voraussetzung sein, dass die Tiere geweidet werden; das ist ein Nach­haltigkeitsaspekt. Bei einem Abkommen mit Japan – große Chance –: Die legen auch Wert auf Nachhaltigkeitskriterien, die werden wir erfüllen, die erfüllen sie auch. Das funktioniert sehr gut und eröffnet Exportchancen für Österreich.

So werden wir vorgehen: nachhaltige Handelsabkommen, die auch Fairness für die heimischen Produzenten ermöglichen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Böker. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.