10.35

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Welt, wie die FPÖ sie sich ausmalt, möchte ich mir nicht einmal vorstellen, geschweige denn, dass ich darin leben möchte. Ich mag kein abgeschottetes, unsolidarisches (Beifall bei Abgeordneten der Grünen), vollkommen in sich selbst verliebtes, blindes, scheuklappenlaufendes Österreich. Ich mag eine offene Welt, ich mag ein offenes Österreich, ich möchte ein soli­da­risches Österreich haben! (Beifall bei SPÖ und Grünen. – Abg. Schnedlitz: ... Klein­gärten aufteilt ...! ... nur für sich selbst da ist ...! – Abg. Höfinger – in Richtung Abg. Schnedlitz –: ... die Freiheitliche Partei Graz?)

Dieser Bericht, wie er uns vorliegt, ist sehr hübsch. Wenn man ihn im Detail anschaut, kommt man durchaus drauf, dass da noch sehr viel Substanzielles zu tun ist. Seit 2017 prüft der Rechnungshof laufend die Umsetzung der SDGs und seit 2017 gibt uns der Rechnungshof auch konstant konkrete Empfeh­lungen. Ich möchte zwei davon nennen: einerseits einen gesamtstaatlichen Umsetzungsplan – von dem fehlt nach wie vor jede Spur; das wäre auch die Chance, das Parlament strukturiert einzubeziehen –; und zum Zweiten die verpflichtende Berücksichtigung der SDGs und der Wirkungsfolgenabschätzung durch das Bundeshaushaltsgesetz.

Da gab es im März 2023 hier im Haus einen angenommenen Antrag, in dem wir Bundesminister Brunner auffordern, eine dementsprechende Novelle vorzu­bereiten. Passiert ist nichts. Es liegt jetzt aktuell eine Novelle für das Bundeshaus­haltsgesetz vor. Was nicht drinnen vorkommt, ist die verpflichtende Einbezie­hung der SDGs in die Wirkungsfolgenabschätzung. Sehr geehrte Damen und Herren, man muss sich fragen: Was ist mit Herrn Bundesminister Brunner? Kann er nicht? Will er nicht? Ist ihm der Nationalrat wurscht und ignoriert er die Beschlüsse des Nationalrates oder ist ihm eine nachhaltige Haushaltsführung egal?

Ich weiß es nicht, aber egal, was der Grund ist, es ist ein ziemliches Problem (Beifall bei der SPÖ), und wenn Herr Brunner wirklich als EU-Kommissar antreten wollen würde, dann wird er sich diese Fragen auch im Hearing im EU-Parlament gefallen lassen müssen. By the way, es steht nirgendwo, dass die ÖVP eine Erbpacht auf den EU-Kommissar hat. Das zu sagen, finde ich, ist in diesem Zusammenhang auch sehr wichtig. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Krisper.)

Lassen Sie mich anhand von zwei Beispielen noch etwas zu den Inhalten und zur inneren Stimmigkeit des Berichtes sagen.

Was das SDG 1 betrifft, die Armut, so firmiert das im Überblick unter: Ziel erreicht. Wenn die Statistik Austria für das Jahr 2022 ausweist, dass 2,3 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher arm sind und dass es im Jahr 2023 schon 3,7 Prozent waren, dann ist das nicht wirklich stimmig; und wenn wir wissen, dass 23 Prozent aller Kinder und Jugendlichen armutsgefährdet sind, dann mag es schon sein, dass irgendwelche Indikatoren, die wir zum Messen hernehmen, uns auf einem guten Weg zeigen, aber real haben wir in dieser Republik ein Armutsproblem. Darum halte ich es für kommunikativ schwierig, zu sagen: Alles gut, Ziel erreicht!. und der Frage von Armutsbekämpfung in Öster­reich im Bericht gerade einmal eineinhalb von 270 Seiten zu widmen.

Zweites Beispiel: SDG 13, Klima. Das firmiert unter: Es gibt nach wie vor große bestehende Herausforderungen – in der Tat –, aber alle Indikatoren zeigen auf positiv, auf signifikant positiven Fortschritt – obwohl wir seit dreieinhalb Jahren ein Klimaschutzgesetz vermissen, obwohl wir seit einem Jahr eine Vorlage an Brüssel vermissen, wie denn unser konkreter Energie- und Klimaplan aussehen sollte.

Ich denke mir, dass es da mehr Kohärenz, mehr Stimmigkeit, mehr innere Logik braucht zwischen dem, was Österreich an Politik real macht, und dem, was gemessen und was dann letztendlich auch kommuniziert wird, denn sonst könnte am Ende übrig bleiben, dass wir mit diesem Bericht nur Schönfärberei betreiben wollen – und das wollen wir wahrscheinlich alle nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

10.39

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rössler. – Bitte.