12.13

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Quod erat demonstrandum – was zu beweisen war: Der Luftschlösserproduktion von René Benko ist die Luft  ausgegangen, und nein, das kam nicht überraschend, denn die Signa war und ist einzig eine hochriskante Wette, die auf niedrigen Zinsen, aggressiver Expansion und massiver Aufwertung fußte. Niedrige Zinsen und gute Kontakte in die Politik sind aber kein Unternehmenskonzept, und das alles können Sie in diesem (den Fraktionsbericht der Grünen zum Cofag-Untersuchungsausschuss in die Höhe haltend) 140 Seiten starken Bericht der grünen Fraktion nachlesen.

Heute ist auch der Tag, zu sagen – das wird Sie vielleicht überraschen –, dass René Benko meiner Meinung nach weder für seinen Aufstieg noch für seinen Niedergang alleine verantwortlich ist. Mitverantwortlich sind auch die Geschäftsführung, der Aufsichtsrat und auch all jene reichen Anleger, die sich jahrelang nicht für die dubiosen Praktiken im Konzern interessiert haben, oder aber auch die kreditgebenden Banken. Ein besonderes Beispiel ist die Hypo Vorarlberg, die im öffentlichen Eigentum steht, die ernsthaft in einem, bitte, Blankokreditvertrag als Begründung für den Kredit vermerkt hat: gute Kontakte in Politik und Wirtschaft.

Nicht zuletzt trägt auch die Politik eine Mitverantwortung. Da gibt es Vertreter und Vertreterinnen aus fast jeder Fraktion, die dem angeblichen Wunderwuzzi aus Tirol gerne mal den roten Teppich ausgelegt haben. Allen voran steht aber die Altkanzler-Connection Kurz und Gusenbauer, die für millionenschwere Honorarnoten beraten haben; VIP-Reisen nach Abu Dhabi, die aus dem Bundes­kanzleramt hinaus organisiert wurden; millionenschwere Deals, die mit der Bundesimmobiliengesellschaft eingefädelt wurden.

Meiner Meinung nach am schlimmsten aber wiegt – das haben wir ganz deutlich in den Akten gesehen – das Wohlfühlprogramm im ÖVP-geführten Finanz­ministerium, denn während man von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, von rechtschaffenen Unternehmerinnen und Unternehmern verlangt, Steuern zu zahlen – und nicht zu wenig Steuern zu zahlen –, wird demjenigen, der sich mit Glanz und Glamour über die Regeln von uns allen stellte, auch noch geholfen, Steuern eben nicht zu zahlen, und das kann es doch bitte nicht sein. (Beifall bei den Grünen.)

Was auch klar ist: Wir kennen bisher nur die Spitze des Eisbergs. Die Aufklärung der größten Pleite der österreichischen Geschichte wird noch lange dauern. Trotzdem kommen wir aber nicht umhin, damit zu beginnen, zu formulieren, was die Lektion aus der Causa Benko ist. Benko wäre für die Politik Anlass genug, sich erneut Wege zu überlegen, wie es vermieden werden kann, dass Einzelne ungehörig reicher werden, indem sie sich über die Regeln von uns allen stellen.

Ich möchte Sie erinnern, wie groß die Empörung vor einem guten halben Jahr war, als bekannt wurde, dass Benko in der Signa ein ganzes System aufgebaut hat, um zu vermeiden, dass Bilanzen öffentlich gemacht werden. Wie groß war die Empörung, als bekannt wurde, dass Benko mit einem Riesenaufwand versucht hat, die Konsolidierungspflichten eines Konzerns mit wirklich billigen Taschenspielertricks zu umgehen!

Soll ich Ihnen etwas sagen? – Die Empörung alleine hilft nichts. Die Menschen da draußen erwarten sich Lösungen von der Politik. Wir müssen unser System gegen Hütchenspieler à la Benko resilient machen, sonst kommt doch in den nächsten Jahren der nächste ums Eck und baut die nächsten Luftschlösser. Es ist die Pflicht der Politik, Konsequenzen zu ziehen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich sage auch ganz offen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, mir fehlt das Verständnis dafür, wieso Sie sich seit Monaten gegen das Paket unserer Justizministerin Alma Zadić, die das vorgelegt hat, wehren, das eben genau verhindern soll, dass wieder der nächste Hütchenspieler à la René Benko ums Eck kommt. Sie wehren sich mit Händen und Füßen gegen, zum Beispiel, empfindlichere Strafen beim Firmenbuch. Da frage ich mich schon: Wen wollen Sie eigentlich beschützen? Ich kenne keine rechtschaffenen Unternehmer oder Unternehmerinnen, die wirklich ein Problem mit empfindlichen Strafen für systematisches Ignorieren von Bilanzveröffentlichungsregelungen haben. Wen wollen Sie da beschützen? – Diese Frage müssen Sie sich gefallen lassen. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Abschluss noch eine persönliche Anmerkung: Ich beschäftige mich ja seit Jahren mit dem Geschäftsmodell von René Benko und der Signa, weil wir Grüne auch zu jenen gehören, die von Anfang an gewarnt haben: Achtung, da stimmt irgendetwas nicht!, während sich andere noch über Jahre mit René Benko auf Society-Fotos haben ablichten lassen, weil es uns wichtig war, weil wir der Meinung sind, dass unsere Gesetze, unsere Regeln für alle gelten. Niemand ist gleicher.

Das Interessante, wenn ich das alles so Revue passieren lasse, ist: René Benkos Geschichte hätte eine gute Geschichte fürs Land werden können; die Geschichte von einem Tiroler Buben, der ausgezogen ist, um es allen zu beweisen, um ein richtig erfolgreicher Unternehmer zu werden. Doch geworden ist es eine Geschichte des tiefen Falls; in den Hauptrollen: Hybris und Profitgier.

Die juristische Aufarbeitung wird noch Jahre dauern. Es ist die Geschichte eines Eisbergs, von dem wir erst die Spitze kennen. Die restlichen Kapitel wird die nahe Zukunft schreiben. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

12.20

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Yannick Shetty. – Bitte.