16.54

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren im Plenum, auf der Galerie, vor den Bildschirmen oder wo immer Sie uns empfangen! Bevor ich auf den Dringlichen Antrag der NEOS eingehe, ein Wort zu Frau Kollegin Totter: Ja, es gibt im Herbst Personalvertretungswahlen, und ich verstehe, dass man das hier nützt, um zu sagen, die Grünen seien schuld, dass das Paket nicht beschlossen werde. Es ist leider die GÖD schuld, das wissen Sie; wider besseres Wissen so etwas zu behaupten, ist auch nicht ganz redlich, muss ich sagen. In Wirklichkeit ist es so, dass wir das Entlastungspaket natürlich genauso wollen, aber wenn andere Maßnahmen von der GÖD sozusagen blockiert werden, dann, kann ich nur sagen, geht es halt leider nicht.

Es wäre gut gewesen, wenn man hier nicht nur die Personalvertretungswahlen im Auge hätte, sondern das Wohl der Lehrer und Lehrerinnen, aber auch der anderen Beamten, Beamtinnen, also aller, die im Bundesdienst sind, aber da geht offensichtlich die Wahlwerbung für die Personalvertretungswahl vor.

Zum Dringlichen Antrag der NEOS: Wenn es tatsächlich so sein sollte, wie Sie fordern, dass nämlich alle Kinder und Jugendlichen gleichermaßen die Chance haben sollen, gefördert zu werden, gleichermaßen die Chance haben sollen, in Bildungseinrichtungen betreut zu werden, zu lernen, kann ich nur sagen: Mit diesen Maßnahmen wird das nicht gelingen.

Ihre Vorstellung ist eine der vollkommenen Ökonomisierung der Bildung, und zwar dahin gehend, dass es eigentlich darauf hinausläuft, Menschen ausschließlich für den Arbeitsmarkt zu bilden (Abg. Künsberg Sarre: So ein Unsinn!) und nicht im Sinne einer umfassenden Bildung. (Abg. Loacker: Man sollte den eigenen Vor­urteilen nicht trauen!)

Im Dringlichen Antrag kommt immer wieder vor, sie sollen für die Praxis, das Leben vorbereitet werden, zum Beispiel mit Finanzwissen. – Also für die Praxis des Lebens wäre es gescheiter, sie lernen kochen und nicht Finanzwissen­schaften (Abg. Belakowitsch: Ja ...!), weil das nicht die Praxis des Lebens ist. (Abg. Scherak: Finanzwissenschaften ist etwas Böses, ist eh klar!) Wie ich Gulasch mache, ist wichtiger, als zu wissen, wie eine Aktie funktioniert. (Beifall des Abg. Hintner. – Ruf: Die Beamtengewerkschaft klatscht schon, Frau Blimlinger! – Zwischen­ruf des Abg. Loacker.)

Das sehen Sie vielleicht anders, aber ich glaube, es ist ein ganz wichtiger Punkt, zu sagen, dass man in der Schule natürlich das lernen soll, was man wirklich fürs Leben braucht, dazu gehört auch die Theorie und nicht nur die Praxis. Das wird Ihnen jeder Pädagoge, jede Pädagogin, aber auch jede:r Lehrende an Universitäten, Fachhochschulen, PHs und so weiter sagen.

Der zweite Punkt, der zu so einer völligen Ungleichheit führen würde, ist Ihre Forderung, die Schulen sollen autonom werden. Wenn die Schulen autonom werden, das heißt, jeder Direktor, jede Direktorin sich die Lehrer und Lehrerin­nen aussuchen kann, die er beziehungsweise sie will, haben wir in kürzester Zeit eine Segregation, die man sich nicht wünschen kann, denn dann wird man sozusagen die guten – was immer das ist; können wir jetzt noch diskutieren – Lehrer aussuchen, die weniger guten werden überbleiben und die werden in Restschulen abgeschoben werden. (Abg. Künsberg Sarre: Schauen Sie doch in andere Länder, wie es funktioniert!)

Da gibt es dann von manchen, auch aus Ihren Reihen, das Argument: Na ja, die muss man dann halt kündigen! Tschüss mit Ü! (Abg. Scherak: Also Harald Walser war ... Bildungssprecher!) – Angesichts des Lehrermangels ist das wirklich eine wahnsinnig gute und sinnvolle Vorstellung!

Natürlich geht es darum, möglichst viele motivierte, gut ausgebildete Lehrkräfte zu haben – Klammer auf: Quereinsteiger ja, aber Quereinsteiger nur, wenn sie tatsächlich eine didaktische Ausbildung haben. Es bringt nichts, wenn ich einen wahnsinnig guten – bleiben wir bei den Finanzen – Finanzer habe, der aber nicht weiß, wie er das den Schülerinnen und Schülern vermitteln soll. Die Didaktik ist also ein ganz zentraler Bereich, nicht umsonst hat sie diesen Stellenwert.

Es geht darum: keine Autonomie für die Schulen, insbesondere was das Lehrpersonal betrifft. Da kann man über manches reden, aber die Auswahl der Lehrer muss aus unserer Sicht natürlich zentral erfolgen.

Es gibt in Ihrer Dringlichen auch immer wieder die Formulierung: „Pflicht“ und „Kür“. Bei den Eiskunstläufern hat man das schon lange abgeschafft, weil man gewusst hat, dass das eigentlich ein Blödsinn ist, Pflicht und Kür; es gibt eben ein Kurzprogramm und eine Kür. (Abg. Michael Hammer: Eingesprungener Rittberger!) Für Schüler, Schülerinnen sollte alles Kür sein, eben nicht nur quasi das Minipflichtpaket – und wer halt dann Zeit, Geld et cetera hat, darf dann die Kür machen. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Also: Aus unserer Sicht braucht es gut ausgebildete, gut bezahlte – ganz wichtig – Lehrkräfte, die auch die Möglichkeit zu Berufsum- und -aufstiegen haben, weil das eigentlich hauptsächlich die Problematik ist, warum Lehrer nicht 40 Jahre in dem Beruf bleiben wollen. In einer Zeit, in der die Berufsmobilität steigt, ist das im Schulbereich bis dato sozusagen leider kaum möglich. Lehrer haben nicht zuletzt auch dank solcher Anträge wie dem Ihren ein ganz schlechtes Image – das gilt es zu verbessern, weil jeder von Ihnen aus der eigenen Schulerfahrung wissen wird: Es gibt depperte Lehrer, es gibt unangenehme Lehrer, es gibt super Lehrer, Lehrerinnen. Es gibt jene, die einen wirklich vom Sessel reißen und die einen den Weg in eine gute Berufsausbildung weisen – und zwar nicht durch die Praxis, nicht durch Finanzwissen, sondern durch ihre Persönlichkeit, durch ihren Charakter und durch ihre Überzeugung.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Geiseln, die noch immer von der Terrororganisation Hamas festgehalten werden, endlich freigelassen werden sollen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.00

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Yannick Shetty. – Bitte.