17.11
Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Herren Bundesminister! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Mit einem Schmankerl beginnend: Ich glaube, es benötigt eher eine Abrissbirne in der ÖVP, um irgendwie nur ansatzweise diesen Bildungsbeton zum Bröckeln zu bringen. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich würde gerne bei der ÖVP bleiben. Kollege Taschner, Sie haben sich an Wien abgearbeitet, ein bisschen untergriffig, würde ich meinen, sehr beschimpfend. Kollegin Salzmann spricht vom perfekten „differenzierten Schulsystem“, das wir haben. Dem widerspricht Wissenschaft und vieles mehr. (Abg. Taschner: Welche Wissenschaft?) Kollegin Totter kündigt irgendwelche Paketchen an, die wir als Parlament überhaupt nicht kennen – so wie heute Abend: Wir haben heute noch ein Paket auf der Tagesordnung, werte Kollegen und Kolleginnen, das nicht durch das Parlament gegangen ist. Wir haben nicht im Ausschuss darüber diskutiert, es gab einfach keine Debatte. Man macht einfach alles am Parlament vorbei. (Abg. Taschner: Wir sind doch hier im Parlament!) Das ist nämlich der Stil der ÖVP und der Grünen, und das ist aus unserer Sicht abzulehnen. (Beifall bei der SPÖ.)
Also: Mit dieser Haltung wird es einfach keine Bildungsreform geben. Es gibt nicht einmal ein Reförmchen. Der Status quo, der wirklich nicht rosig ist, wurde von den Das-Beste-aus-beiden-Welten-Regierungsfraktionen verteidigt, und das mit aller Kraft und Vehemenz über die letzten viereinhalb Jahre. Dem Fortschritt ist ganz klar eine Absage erteilt worden, und das, wir wissen das alle, obwohl unser Bildungssystem leider kracht. Die Bundesregierung hat da wirklich jahrelang zugesehen. Es ist nichts Fundamentales passiert. Kinder, Eltern, Lehrerinnen und Lehrer können nicht mehr, aber es wird weiterhin einfach nur verwaltet.
Herr Bundesminister, wo bleiben die Gelder und der damit verbundene Rechtsanspruch auf einen Kinderbildungsplatz für jedes Kind? Wo? (Beifall bei der SPÖ.) Ich weiß, wo es steckt, das hat nämlich der ehemalige Bundeskanzler Sebastian Kurz verspielt – Stichwort: „Kann ich ein Bundesland aufhetzen?“ Das ist schäbig und das war schäbig.
Wo bleibt die faire Bezahlung für Elementarpädagoginnen und Elementarpädagogen? Es waren Tausende auf der Straße, und Sie, Herr Minister, haben es nicht einmal der Mühe wert gefunden, ihnen zuzuhören. Auch dazu gibt es nichts.
Wo bleiben die Lehrerinnen und Lehrer? – Kollege Oxonitsch hat es heute schon angesprochen: Vor 20 Jahren gab es eine Ministerin, die gesagt hat: Werdet auf keinen Fall Lehrerinnen oder Lehrer!, und heute haben wir den Salat. Das ist von der ÖVP verschuldet: Es fehlen Lehrerinnen und Lehrer. Die 600 000 Euro, die für Klasse Job aufgewandt wurden, werden das System nicht retten beziehungsweise den Fehlbestand nicht wettmachen. Es ist leider unattraktiv, Lehrerin oder Lehrer zu werden. Wo bleibt übrigens auch das Supportpersonal? – Auch das fehlt, obwohl Lehrer:innen einfach nicht mehr können. Alles großartig angekündigt – es gibt nichts!
Wo ist die Umsetzung der ganztägigen Schulform, die Sie ja, Herr Bundesminister, aktuell plötzlich befürworten? Wo sind die Schritte für den Ausbau? – Wir sehen nichts, wir lesen nichts, wir hören nichts. Es gibt einfach nichts dazu. Frauen sind dadurch immer noch verpflichtet, Teilzeit zu arbeiten, und das ist die Frechheit dahinter, weil Sie nämlich auch für keine Arbeitszeitverkürzung eintreten. Das ist das Problem, vor dem wir stehen. (Beifall bei der SPÖ.)
In ganztägigen Schulformen, so wie in allen anderen ganztägigen Bildungseinrichtungen, braucht es logischerweise auch ein Mittagessen – nicht das Mittagessen, das Bundeskanzler Nehammer für unsere Kinder propagiert, Stichwort: Wir schicken jeden Tag die Kinder zum Mäcki auf einen Burger! Das wollen wir als Sozialdemokratie nicht. Wir sind für ein kostenloses gesundes Mittagessen für jedes Kind – jeden Tag in jeder Bildungseinrichtung. Dafür gilt es zu kämpfen, weil es da auch um die Gesundheit von Kindern geht. (Beifall bei der SPÖ.)
Apropos Gesundheit: Kindern und Jugendlichen geht es nach der Pandemie ganz einfach nicht gut – wir haben das hier im Haus schon oft thematisiert –, auch aufgrund der Konflikte und Krisen, die es in der Welt gibt. Es geht den Kindern psychisch einfach nicht gut.
Wo sind die versprochenen Schulpsycholog:innen? Wo sind die versprochenen Schulsozialarbeiter:innen? Wo ist der Ausbau, damit mehr Schulsozialarbeiter:innen beschäftigt werden können? Es gibt auch nicht mehr Studienplätze dafür. Alles nur Luftblasen! Wir wollen Kinder und Jugendliche nicht sich selbst überlassen, es muss da dringend etwas passieren.
Zusammenfassend, Herr Bundesminister, weil das Lamperl schon blinkt: Sie haben rund 1,14 Millionen Schülerinnen und Schüler, rund 390 000 Kinder in Horten, Kindergärten und Kinderkrippen und die jeweils zugehörigen Eltern, 68 000 Pädagog:innen in den Elementarbildungseinrichtungen und 123 000 Lehrer:innen, für die Sie verantwortlich sind, über die letzten Jahre im Regen stehen lassen. Sie haben damit vielen Kindern das Recht auf umfassende Bildung genommen, einfach verwehrt und genommen. Sie haben Pädagog:innen nicht ausreichend unterstützt. Und by the way: Eltern müssen tief in die Tasche greifen, um zum Beispiel Bildungseinrichtungen zu finanzieren, um Nachhilfe finanzieren zu können, damit die Kinder überhaupt die Schule schaffen, damit die Kinder in eine Kinderbetreuungseinrichtung gehen dürfen. Das ist ungerecht. Das ist einfach mehr als ungerecht. (Beifall bei der SPÖ.) Denken wir da auch an Alleinerziehende, die sich das überhaupt nicht leisten können und damit ausgeschlossen werden!
Wir wollen diese Ungerechtigkeit definitiv nicht mehr. Es braucht endlich das Recht auf Bildung für alle Kinder, für jedes Kind, wurscht wo in Österreich es zu Hause ist, und das umfassend und vor allem von Anfang an. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Diese Blockaden von Ihrer Seite sollten endlich abgewählt werden. Diesen Appell und diese Bitte richte ich an dieser Stelle an Sie, werte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)
Weil Sie ja so auf Noten stehen, erhalten Sie zum Schulschluss in Ihrem Zeugnis, weil Sie auf das ja so pochen, einen glatten Fünfer. Tut mir leid. (Beifall bei der SPÖ.)
17.17
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch. – Bitte.