21.04

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Werter Herr Bundes­­minister! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Hohe Cybersicherheitskriterien und -regelungen ganz klar auf die Füße zu bekommen ist zentral und wichtig, und es ist auch richtig und wichtig. Wir müssen, das steht, glaube ich, außer Frage, als Staat, als Europäische Union resistent und resilient bezüglich Angriffen sein. Wir haben Angriffe auf Ministerien erlebt. Erinnern Sie sich auch an den Angriff auf das Bundesland Kärnten!

Mit dem Netz- und Informationssystemsicherheitsgesetz, mit der Richtlinie eins, ist damals, glaube ich, ein wichtiger erster Schritt gesetzt worden. Nun soll NIS2, die Richtlinie zwei, folgen, so die Verhandlungen auf europäischer Ebene. Aber – und jetzt komme ich zum großen Aber –: Seit zwei Jahren wissen Sie, werte Bundesregierung, Bescheid, dass die Richtlinie umgesetzt werden muss, nämlich konkret seit Dezember 2022. Zwei Jahre haben Sie abgewartet und nichts – nichts! – gemacht. Sie haben davor auch mit niemandem geredet, Sie haben das Parlament nicht eingebunden, Sie haben die Zivilgesellschaft nicht eingebunden, Sie haben die Wissenschaft nur bedingt berücksichtigt, und dann gab es im April plötzlich einen Ministerialentwurf, dann gab es 86 Stellung­nahmen, die zum Großteil sehr, sehr vernichtend waren, by the way auch vom Sozialministerium, das sozusagen ordentlich – wie soll ich sagen? – drüber­gefahren ist.

Was machen Sie weiter? – All das wird ignoriert. Es kommt keine Regierungs­vorlage, es wird nicht darauf eingegangen. Plötzlich, vor einem Monat, geben sich Abgeordnete des Parlaments, dieses Nationalrates, für einen Initiativantrag her. (Abg. Herr: Das ist ein Wahnsinn!) Der Initiativantrag, der nichts verändert hat, außer dass er den Gesundheitsbereich herausgenommen hat – keine einzige Rücksichtnahme auf eine Stellungnahme –, schiebt das dann in den Innenaus­schuss, und man führt wieder keine Gespräche mit der Opposition. (Ruf bei der SPÖ: Skandal!)

Werte Damen und Herren, es handelt sich hierbei um eine Zweidrittelmaterie, man benötigt da andere Fraktionen, aber eine Diskussion wird wieder nicht geführt. Dann gibt es krampfhaft – weil Oppositionsfraktionen das so wollten – ein Hearing im Ausschuss. Auch die beiden Experten waren äußerst kritisch, sowohl der Experte der Regierungsfraktionen als auch der Experte, wenn man so sagen mag, der Oppositionsfraktionen; wir hatten hier in diesem Saal zwei zu Gast. – Alles wurscht, alles, alles wurscht.

Das ist aber nur Beiwerk, wenn ich das so sagen darf, und da rede ich als Parla­mentarierin. Wenn ich mir jetzt aber das Gesetz ansehe, so sehe ich drei große Kritikpunkte, warum wir als Sozialdemokratie dezidiert nicht zustimmen werden:

Erstens: Es wird ein Superministerium geschaffen, das es in dieser Republik noch nie gab. Das Innenministerium nimmt sich und bekommt Macht, was unerträglich ist. Diese Macht hat kein Bundeskanzler, diese Macht hatte davor auch noch nie ein anderes Ministerium. Sie unterlaufen die bundesstaatliche Kompetenz­verteilung und damit das föderalistische Prinzip. Man pfeift, wenn ich das so sagen darf, auf andere Ministerien, auf die Bundesländer, auf die Gemeinden. Es gibt ein Weisungsrecht im Innenministerium und Sie overrulen damit alle. – Diese Machtbesessenheit unterstützen wir definitiv nicht. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Amesbauer.)

Es ist auch inhaltlich völlig falsch, ein Ministerium zu schaffen, in dem ab Oktober 500 Leute mehr walten müssten – wo kommen denn die 500 Fach­kräfte her? –, die nämlich Hilfeleistungen bei der Umsetzung anbieten müssen und gleichzeitig Regulierungsbehörde sind. Bitte, was soll das? Was soll das?!

Eine parlamentarische Kontrolle kann es aufgrund des Umfangs nicht geben. Wir kennen die Beantwortungen unserer parlamentarischen Anfragen durch den Innenminister. Da wird das Interpellationsrecht, na ja, sagen wir so: nicht immer ganz so ernst genommen. Aufgrund des Umfangs des Gesetzentwurfes, der jetzt vorliegt, kann diese parlamentarische Kontrolle gar nicht stattfinden, und es gibt auch keinen Automatismus, Berichte legen zu müssen.

Ich sage es Ihnen ehrlich: Da an der Kontrolle des Parlaments vorbei zu agieren ist nicht zu unterstützen und sehr, sehr frech. (Beifall bei der SPÖ.)

Drittens, abschließend: Ich weiß, es handelt sich hierbei um eine unfassbar große Menge an Daten, die verwaltet, verarbeitet und weiterverbreitet werden. Wenn man es böse meint, könnte das ein Tor zur anlasslosen Massenüberwachung sein. (Abg. Einwallner: Das ist es! Das ist es, liebe Grünen! – Abg. Himmelbauer: Das stimmt ja nicht! Sie brauchen da keine Angst schüren, das stimmt einfach nicht! Das hat der Experte im Ausschuss gesagt, das stimmt nicht!) Wir befürchten da wirklich die Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür, die vom VfGH gekippt wurde. (Abg. Himmelbauer: Ein Blödsinn! – Zwischenruf bei den Grünen.) Und Sie, werte Kolleginnen und Kollegen der Grünen, unterstützen das! Es ist sehr, sehr enttäuschend, dass Sie den Überwachungsstaat gemeinsam mit der ÖVP bauen – mit uns als Sozialdemokratie nicht, wir stimmen nicht zu! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Einwallner: Überwachung à la Stögmüller wird das!)

21.09

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Himmelbauer. – Bitte, Frau Abgeordnete.