22.46

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Hosentaschenextremismus: Damit ist gemeint, dass extremistische Inhalte Kinder und Jugendliche direkt über ihr Smartphone, das ja immer griffbereit ist, erreichen, was Extremisten aller Art im Grunde die Arbeit erleichtert.

Der 7. Oktober hat die Situation weiter verschärft. Aus einer aktuellen Studie heißt es: Lehrkräfte berichten, wie Schülerinnen und Schüler plötzlich mit terrorverharmlosenden, israelfeindlichen, antisemitischen unverrückbaren Positionen zum Nahostkonflikt in die Schule kommen, als hätten sie sich über Nacht radikalisiert.

Gerade in sozialen Netzwerken kommt es zu einer Speedradikalisierung, und besonders anfällig dafür sind junge Männer. Jetzt haben meine Vorredner und Vorrednerinnen schon viel über das ganze Thema von Fehlinformationen und Extremismus gesprochen, aber auch sogenannte Männerrechtsaktivisten haben es auf junge, heranwachsende Männer und deren Unsicherheiten abgesehen. Traditionelle Geschlechterrollen werden angepriesen: Unter dem Hashtag Tradwives wird die Hausfrauenrolle als das Nonplusultra idealisiert – bis hin zu der äußerst bedenklichen Alpha-Male-Bewegung, deren Kopf Andrew Tate wegen Menschenhandel und Vergewaltigung in Untersuchungshaft sitzt und trotzdem von Millionen junger Männer vergöttert wird. Die Spannbreite ist dabei groß: Es geht von Romantisierungsversuchen von Eifersucht bis hin zum direkten Besitzanspruch auf Frauen, dass zum Beispiel gesagt wird, dass Frauen nicht auf Mädelsurlaub gehen sollen, weil das ja respektlos wäre. Diese Entwicklung von der Romantisierung von stereotypen Geschlechterrollen bis hin zum Frauenhass dieser grindigen Alphamales, die zwar einen auf starker Mann machen, aber im Grunde armselige Hascherl sind, ist alarmierend. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Himmelbauer.)

Diese Bewegungen haben eines gemeinsam: Sie zielen mit polarisierenden, extremen Meinungen und Ratschlägen, die schlagen, auf junge Menschen ab. Wir haben schon darüber geredet – mein Kollege Bürstmayr hat darüber geredet –: Genau so funktioniert der Algorithmus. Es gibt also keine Graustufen mehr. Je radikaler die Aussage ist, desto besser im Endeffekt.

Das sehen wir im Kleinen. Wenn Sie beispielsweise jetzt auf Social Media schreiben würden: Abgeordnete Neßler hält gerade eine Rede im Nationalrat, in der sie auf die Gefahren von Social Media hinweist, dass es ein Problem werden kann, wenn es um die differenzierte Debattenkultur geht, dass es im Endeffekt Folgen für unsere Demokratie haben kann!, und so weiter, dann werden Sie wahrscheinlich nicht so viele Klicks kriegen, wie wenn Sie schreiben: Die Grüne da vorne redet nur Bullshit! – Kotz-Emoji, Kotz-Emoji. Diese polarisierenden, extremen Aussagen können vor allem Männer, junge Männer, sehr schnell radi­kalisieren.

Klar ist, wir dürfen Social Media nicht den Rassisten, nicht den Frauenhassern, nicht den Homophoben und nicht den sonstigen Schwurblern überlassen. Wir müssen demokratiefeindlichen Desinformationskampagnen - - (Abg. Wurm: Wem dann, Barbara, wem dann?) – Dass jetzt die FPÖ dazwischenruft, wundert mich überhaupt nicht, weil Sie von diesen extremen Aussagen leider profitieren. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Wurm sowie Lukas Hammer und Schallmeiner.)

Es geht nicht um singuläre Maßnahmen, sondern wir müssen auf unterschied­lichen Ebenen ansetzen: mit einer Gegenbewegung zur Desinformation, Stärkung von Medienkompetenz, Faktenchecks speziell für Kinder und Jugend­liche. Mit diesem Antrag machen wir heute einen wichtigen, großen Schritt. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Himmelbauer. – Abg. Wurm: Revolutionär, Barbara!)

22.50

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Beck. – Bitte sehr.