Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Bei den Menschen herrscht große Verunsicherung, was den Bereich Pensionen betrifft. Der derzeitige Status ist ja: Je früher man 2025 seinen Pensionsantritt wählt, umso höher ist die Pension.

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„Warum schaffen Sie nicht diese ungerechte Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung ab, damit nicht rund 90.000 Personen, die ab 2025 jährlich in Pension gehen, mit lebenslangen Pensionsverlusten von bis zu 3, 4 oder mehr Prozent, je nach Inflation, leben müssen?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Abgeordneter, wir haben dieses Thema ja schon öfter auch hier im Hohen Haus behandelt. Sie wissen auch, dass es im Hinblick auf die Aliquotierung durchaus unterschiedliche Zugänge gege­ben hat. Die aliquote Anpassung, die seit 2022 in Kraft ist, stellt schon auch eine Verbesserung gegenüber der kompletten Aussetzung der ersten Anpassung dar. Sie beruht auf statistischen Überlegungen, und in Jahren mit mode­rater Inflation stellt die Aliquotierung nur eine unwesentliche Verschlechterung dar.

Wir hatten in den letzten Jahren hohe Inflationsraten, und da hätte die Aliquotierung tatsächlich zu hohen Verlusten geführt. Deshalb haben wir, haben Sie als Gesetzgeber, Sie wissen das, die Aliquotierung im Jahr 2023 abge­mildert, indem eine Erhöhung der Pension um mindestens 2,9 Prozent festgelegt wurde, und sie für die Jahre 2024 und 2025 zur Gänze ausgesetzt, um be­sonders negative Effekte zu verringern und zu verhindern.

Im Hinblick auf die kommende Pensionsanpassung sind Gespräche darüber im Gange, wie wir das im nächsten Jahr halten werden.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Eine weitere Verunsicherung ist ja, dass es noch keine Lösung für eine Schutzklausel 2025 gibt. Viele Betroffene schreiben uns und teilen uns mit, dass sie sich ihren Pensionsstichtag 2025 nicht aussuchen können, weil es Vereinbarungen gibt, zum Beispiel Altersteilzeit­vereinbarungen; sie müssen dann 2025 ihre Pension antreten.

Warum haben Sie nicht schon längst – wie eigentlich angekündigt, im ersten Halbjahr 2024 eine Lösung zu präsentieren – aufgrund der hohen Infla­tion eine Schutzklausel im Pensionskonto für das Jahr 2025 vorgesehen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Ich kann mich an dieser Stelle nur wiederholen: Wir werden natürlich, und zwar fristgerecht vor dem September, weil das ja auch beschlossen werden muss, alle drei Punkte gemeinsam vorlegen, einer Beschlussfassung durch das Parlament zuführen: Das betrifft die Inflationsan­passung entlang der Inflation, da wird die Durchrechnung im nächsten Monat vorliegen, und das betrifft im Gesamtpaket dann auch die Aliquotierung und das Pensionskonto.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abge­ordneter Herbert. – Bitte.

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Herr Bundesminister! Ihre Antworten be­friedigen mich jetzt nicht wirklich, weil ja diese Aliquotierung per se eine Ungerechtigkeit für die betroffenen Arbeitnehmer darstellt, da er sich mitunter ja gar nicht aussuchen kann, ob er am Jahresanfang oder am Jahresende – Stichwort notwendige Beitragsmonate – seine Pension antreten kann.

Daher meine Frage: Warum bestrafen Sie Menschen, die oft viele Jahrzehnte hindurch gearbeitet haben und einen wertvollen Beitrag für das Sozial- und Pensionssystem geleistet haben, mit derartiger Geringschätzung, indem Sie diese unflätige Maßnahme aufrechterhalten?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Noch einmal zur Aliquotierung: Es ist in den vergan­genen 20 Jahren, ich habe es schon einmal im Parlament ausgeführt, von allen Regierungen unterschiedlichster Couleurs unterschiedlichst gehandhabt worden: Aussetzung, Abschaffung, Wiedereinführung, teilweise. Es ist ja auch eingebracht worden, das hat der Verfassungsgerichtshof entschieden, nämlich die Verfassungskonformität der Aliquotierung. Das war lange ein Streitpunkt.

Von manchen wurde die Rechtsauffassung vertreten, dass eben die Aliquotie­rung verfassungswidrig ist. Der Verfassungsgerichtshof hat sich mit dieser Regelung auseinandergesetzt und in seinem Erkenntnis diese Form der Anpassung für zulässig erklärt.

Ich halte es schon für angebracht, auch im Sinne der Sorgfalt der Budgetierung, von Fall zu Fall, von Inflationslage zu Inflationslage die Frage zu entscheiden, ob es diese Aliquotierung geben soll und wie sie umgesetzt wird. Genau das tun wir im heurigen Jahr auch.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Abgeordneter Loacker. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Bundesminister, die Einführung einer zusätzlichen Pensionserhöhung im ersten Pensionsjahr, aliquo­tiert oder nicht, kostet bis 2027 laut Budgetdienst 2,2 Milliarden Euro.

Wenn Sie als Befürworter der Kindergrundsicherung darauf schauen, wo sehen Sie da die Generationengerechtigkeit, wenn Sie für eine Besserstellung der Pensionisten 2 Milliarden Euro ausgeben und es an anderer Stelle fehlt?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Abgeordneter Loacker, Sie sind ein exzellenter Kenner der Thematik und Sie wissen auch, dass da – wie soll ich es nennen? – eine Balance zwischen Generationengerechtigkeit, aber auch des Sich-verlassen-Könnens darauf, dass man im Alter eine Absicherung hat, gehalten werden muss. Diese Balance zu halten und auch in besonders schwierigen Situationen das auszutarieren ist die Schwierigkeit.

Ich gestehe zu: Ja, es ist so, dass in den kommenden Jahren – ich habe das auch schon ausgeführt – die Aufwendungen für das Pensionssystem ansteigen werden, und zwar deutlich ansteigen werden. 1 Prozentpunkt Pensionserhöhung kostet nachhaltig im Budget 600 Millionen Euro, das ist viel Geld. Wir wer­den heuer bei 5,6, 5,7, 5,8 Prozent Erhöhung landen, man kann sich dann aus­rechnen, was das für das Budget ausmacht.

Ich möchte aber eben auch betonen, dass es schon notwendig ist, die Ge­samtfinanzierungssituation erstens langfristig und zweitens auch ent­lang der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Gemeinwesens zu betrachten, weil – das ist schon ein Argument – letztlich Pensionen, die ausbezahlt werden, zu einem guten Teil – insbesondere bei kleinen Pensionen – wieder so­zusagen in die Wirtschaft, in den Konsum fließen. Diese Gesamtbetrach­tung müsste man also schon für sich in Anspruch nehmen.

Ja, es ist notwendig, die Nachhaltigkeit im Auge zu behalten, aber letztlich auch eine Absicherung im Alter sicherzustellen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte sehr.