10.44
Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf eingangs im Namen von Kollegen Didi Keck eine Besuchergruppe vom Pensionistenverband aus Linz ganz herzlich hier im Haus begrüßen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, FPÖ und Grünen.) Schön, dass ihr da seid, willkommen im Hohen Haus!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren jetzt das MTD-Gesetz, da geht es um die medizinisch-technischen Dienste in Österreich, um mehr als 40 000 Angehörige von sieben Gesundheitsberufen, die dafür zuständig sind, und das ist eine Debatte – deswegen bin ich dankbar, dass uns heute auch so viele Menschen zuhören –, die im Parlament oft geführt wird.
Wenn man auf der Überschriftenebene bleibt, ist es in der Politik ganz einfach. Wir haben es jetzt gerade in der Debatte zum Tierschutzgesetz gehört: Da hat die ÖVP wortreich erklärt, wie superwichtig der Tierschutz der ÖVP sei. Da stellt sich kein Politiker hin und sagt: Wir wollen im Tierschutzbereich nichts weiterbringen! – So blöd ist natürlich niemand, dass man offen zugibt, dass man nichts machen möchte, aber wenn es dann im Detail darum geht, konkrete Regelungen zum Beispiel für Nutztiere zu schaffen, dann werden die Nutztiere völlig vergessen.
Ähnlich ist es leider auch in vielen Fragen der Gesundheitspolitik. Niemand von der ÖVP würde sich hinstellen und ganz offen sagen: Ich bin für die Zweiklassenmedizin! Oder: Es gibt im Gesundheitsbereich Berufe, von denen wir zwar sagen, dass sie superwichtig sind, und dann reden wir irgendetwas von Respekt, aber wenn es darum geht, den Leuten, die tagtäglich am Krankenbett arbeiten, das Leben konkret ein bissl leichter zu machen, sind wir dagegen! – Diese Ehrlichkeit möchte ich in den Debatten einfach einfordern, wenn wir von Respekt gegenüber den Menschen in Gesundheitsberufen reden, und dass wir ganz konkret Arbeitsbedingungen schaffen, damit diese Menschen, die tagtäglich für uns da sind, auch bestmöglich ihre Arbeit leisten können.
Da haben wir jetzt ganz konkret eine Erfahrung machen müssen, und das ist auch eine Frage der Transparenz: Wie gehen wir mit der Ergotherapie, mit der Logopädie um? Wie gehen wir mit den biomedizinischen Analytiker:innen um? Was machen wir mit den Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten in Österreich? Welche Arbeitsbedingungen ermöglichen wir in diesen Gesundheitsberufen in Zukunft? Da gibt es zwei Wege: Glauben wir daran und vertrauen wir darauf, dass diese bestens ausgebildeten Menschen in Gesundheitsberufen in Österreich dieselbe Leistung erbringen können, wie es in allen anderen entwickelten Ländern dieser Welt bereits umgesetzt ist? Sind wir bereit, für diese Gesundheitsberufe einen modernen gesetzlichen Rahmen zu schaffen, oder sind wir eigentlich der Meinung, dass die gar nichts dürfen?
Es ist leider im Hintergrund immer die ÖVP, die zwar dann von Respekt gegenüber den Menschen in Gesundheitsberufen redet, aber jede einzelne Maßnahme zur Verbesserung torpediert.
Da hat es zwei Dinge gegeben, die eigentlich wirklich dramatisch sind. Das eine ist im Entstehungsprozess des Gesetzes heimlich so passiert: In den ersten Entwurf hat der Minister hineingeschrieben, es ist wichtig, dass die Angehörigen dieser Gesundheitsberufe ihrer Tätigkeit auch eigenverantwortlich nachkommen können, dass sie das, was sie studiert haben, ganz konkret zum Nutzen von Patientinnen und Patienten einsetzen dürfen, am Krankenbett oder in der Therapie. – Plötzlich ist dieser Vorschlag des Ministers irgendwie sozusagen beerdigt worden. Auf die Frage im Gesundheitsausschuss, welche Kräfte da im Hintergrund gewirkt haben – da könnte sich doch irgendjemand hinstellen und sagen: wir wollen nicht, dass die Physiotherapeutinnen und -therapeuten in Österreich dasselbe dürfen wie woanders! –, haben wir keine Antwort bekommen. Das haben uns die Grünen nicht erklären können, aber auch das Haus des Ministers nicht; der Minister war nicht da. Niemand hat uns erklärt, warum das, was auf der ganzen Welt möglich ist, in Österreich nicht möglich sein soll – weil die ÖVP in Wahrheit die Gesundheitsberufe abqualifiziert, zwar von Respekt redet, aber keine Weiterentwicklung möchte.
Der zweite Punkt ist – das ist gestern Nacht aufgetaucht –: Die Gesundheitsberufe sind nicht einmal angehört worden. Da gibt es Hunderte Stellungnahmen, aber auf die Menschen, die tagtäglich arbeiten, hat man nicht gehört. In der Nacht haben sich aber wieder einmal Lobbyisten aus dem ÖVP-Klub durchgesetzt und die Grünen haben sich leider über den Tisch ziehen lassen. Plötzlich hat die Wirtschaftskammer wieder ein Anhörungsrecht, das heißt, die Wirtschaftskammer darf groß mitreden, wie es bei den Gesundheitsberufen weitergeht, und die Berufsangehörigen nicht. – Das ist der zweite Sündenfall, den die Grünen zu verantworten haben.
Wir haben es einmal bereits erlebt: Bei der Pflegelehre, als man gehofft hat, dass wir die Pflege billiger machen, dass wir gegen Lohn- und Sozialdumping arbeiten können, hat man die Wirtschaftskammer das erste Mal hineingeschrieben. Jetzt haben die Leute, die den Beruf tagtäglich ausüben, nichts mitzureden, aber wenn es nach der ÖVP geht, ist plötzlich die Wirtschaftskammer mit einem Anhörungsrecht mit dabei.
Das ist reine Lobbypolitik, das hat nichts mit einer Weiterentwicklung des Berufsbildes zu tun, und wir sind deswegen heute aus voller Überzeugung dagegen, dass das MTD-Gesetz in dieser Form novelliert wird. (Beifall bei der SPÖ.)
10.49
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schallmeiner. – Bitte.