11.13

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Zuseherinnen und Zuseher! Ich werde bei diesem Tagesordnungspunkt versuchen, wieder etwas mehr Sach­lichkeit und weniger Emotionalität in die Debatte hineinzubringen.

Eines ist tatsächlich so: Volksbegehren sind ein wichtiges Element, das unsere repräsentative Demokratie ergänzt, ein Instrument, mittels dem dem Gesetzgeber interessante und auch bereichernde Anstöße gegeben werden können und bei dem die Wählerinnen und Wähler mit ihrer Unterschrift, mit ihrer Unterstützung zum Ausdruck bringen können, ob sie den Inhalt dieses Volksbegehrens für gut befinden. Bei Erreichung von über 100 000 Unter­schriften muss dieses Volksbegehren dann auch im Parlament behandelt werden. Das Volksbegehren, um das es jetzt geht, das Covid-Strafen-Rückzah­lungs-Volksbegehren, hat diese Schwelle knapp überschritten.

Setzt man sich mit der Begründung dieses Volksbegehrens auseinander, muss man allerdings schon feststellen, dass teilweise faktenwidrige Feststellungen getroffen werden und einzelne Ausführungen durchaus auch etwas fragwürdig erscheinen.

Eines muss man an der Stelle schon festhalten: Wir hatten es vor allem zu Beginn mit einem Virus zu tun, das die Menschen dahingerafft hat, das vor allem unsere Gesundheitseinrichtungen, Pflegeeinrichtungen und so weiter massiv überfordert hat. Wir wussten zu Beginn noch nicht genau, wie es übertragen wird, wie man sich am besten davor schützt. Das Ziel der Bundesregierung war es – das möchte ich hier nochmals klar festhalten –, Menschenleben zu retten und Menschen zu schützen. Das war das Ziel. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Stögmüller.)

Das ist zum Großteil auch gelungen, und wir sind jetzt in der Lage, darüber zu diskutieren, was gut und was weniger gut gelaufen ist. Natürlich, mit Blick zurück würde man manches heute nicht mehr so machen, wie wir es getan haben. Eines ist aber auch fix: Die Bundesregierung hat sich mit diesem Thema intensiv auseinandergesetzt. Ich möchte auf die Coronastudie der Öster­reichischen Akademie der Wissenschaften verweisen, in der auch Lehren für den zukünftigen Umgang mit solchen Seuchen, mit solchen Krisen aufgezeigt wurden.

Abgesehen davon ist die Impfpflicht – das ist beim vorherigen Tagesordnungs­punkt schon angesprochen worden – außer Kraft gesetzt worden bezie­hungs­weise gar nicht schlagend geworden und mittlerweile auch wieder aufgehoben worden.

Im Rahmen eines Hearings haben wir uns mit dem Inhalt dieses Volksbegehrens intensiv auseinandergesetzt. Ich möchte doch einige wesentliche Argumente aus diesem Hearing hier nochmals öffentlich ansprechen. Der Leiter des Verfas­sungsdienstes hat im Hearing ganz klar festgehalten und dabei auf Hans Kelsen, auf einen Kommentar aus dem Jahr 1922 zum Bundes-Verfassungsgesetz hingewiesen, nämlich dass „rechtskräftig gewordene Entscheidungen von der Aufhebung der gesetzlichen Grundlage in späterer Folge nicht berührt“ werden. Das heißt, eine nachträgliche Aufhebung der Rechtsgrundlage ändert nichts an der Strafbarkeit zum Zeitpunkt der Entscheidung. Das Institut der Rechtskraft ist in einem Rechtsstaat ein ganz wesentliches, weil es den Staat berechenbar macht.

Ich möchte aber auch auf die Stellungnahme des Herrn Dr. Stöger hinweisen, der das Volksbegehren so verstanden hat, wie er sagt, „dass die Strafbarkeit rückwirkend beseitigt werden soll“, also aufgehoben werden soll. Das heißt, im Nachhinein würde festgestellt werden, dass kein unrechtmäßiges Verhalten gesetzt wurde. Das wäre dann so etwas wie eine Amnestie, die im Artikel 93 der Bundesverfassung für gerichtlich strafbare Handlungen geregelt ist. Er meint, man könnte eine solche Amnestie auch für Verwaltungsstrafen umsetzen, allerdings weist er darauf hin, dass dabei unbedingt der Gleichheitsgrundsatz zu berücksichtigen ist und dass solche gesetzlichen Amnestien nur dann unprob­lematisch sind, wenn sie auf einer Änderung der grundsätzlichen Wertehaltung oder „auf einer Änderung von gesellschaftlichen Ansichten beruhen“, so wie es in der Vergangenheit bei der Aufhebung von Verurteilungen wegen homo­­sexueller Handlungen der Fall war. Dann, so meint er, ist es unproblema­tisch.

Im konkreten Fall allerdings sagt er, „dass der Verfassungsgerichtshof die meisten Verordnungen und damit auch die meisten Strafen bestätigt hat“. Der Verfassungsgerichtshof hat also keine solch gravierende „Verfassungs­widrigkeit in Einzelfällen“ festgestellt, „dass Gründe für eine Amnestie vorliegen“ würden.

Er meint weiter, man könnte natürlich ein Verfassungsgesetz machen, aber man muss ganz genau aufpassen, welches Signal man damit aussendet. Das Signal wäre nämlich, „dass die Maßnahmen in ihrer Gesamtheit nicht nötig waren“, und das wäre aus seiner Sicht problematisch. Für zukünftige Seuchen könnte das nämlich bedeuten, dass seuchenrechtliche Verbote in Zukunft überhaupt nicht mehr ernst genommen werden.

Ich erinnere daran, dass Experten auch vor der Möglichkeit der Übertragung der Vogelgrippe auf den Menschen warnen und wir uns auch mit solchen Gefähr­dungen, mit solchen Bedrohungslagen auseinandersetzen müssen. Natürlich müssen wir auch darüber nachdenken, wie man solchen Seuchen in Zukunft begegnet, und vor allem, was jeder Einzelne tun kann, nicht nur um sich zu schützen, sondern auch die Gesellschaft und die Gemeinschaft zu schützen.

Unter Berücksichtigung all dieser Argumente kann man den Forderungen dieses Volksbegehrens eigentlich nicht nachkommen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

11.19

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alois Stöger. – Bitte.