12.40
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! In der Volksgruppenpolitik – man hat es bei den Vorreden teilweise herausgehört, nicht bei allen, aber bei manchen – gibt es ein gewisses Fremdeln. Man formuliert, man sei offen für die Volksgruppen, man ist quasi progressiv. Es wird in unserem Land noch nicht immer verstanden, dass die Volksgruppen in Wirklichkeit Teil von uns sind und dass neben der deutschen Sprache Ungarisch, Kroatisch, Slowenisch, Tschechisch, Slowakisch und Romanes ebenfalls Teile unserer Sprachenvielfalt sind.
Den Volksgruppen ist nach jahrzehntelangem wirklichem Kämpfen für ihre Rechte – obwohl sie verfassungsgemäß besondere Aufmerksamkeit und auch Schutz in unserem Land genießen – mittlerweile an Worten zu viel und an Taten zu wenig gespendet worden.
Wir haben sehr positiv wahrgenommen, dass im Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen tatsächlich sehr viele umfangreiche Maßnahmen und konkrete Projekte vorgesehen waren. Man muss aber ehrlicherweise sagen – und das betrifft jetzt im Konkreten die Volksgruppenpolitik, ist aber in allen anderen Bereichen nicht anders gewesen –: Von den vielen Dingen, die man sich vorgenommen hat, wurde nur eine einzige Sache wirklich umgesetzt, nämlich die Verdoppelung der Förderung. Danach kam zweimal eine sehr hohe Inflation, das heißt, selbst diese Verdoppelung der Förderung wurde schon wieder deutlich reduziert.
Was wir wirklich machen müssten und wozu wir als NEOS auch sehr gerne einen konkreten Beitrag leisten wollen, sind in Wirklichkeit vier Bereiche: Der erste und wichtigste ist, dass wir den schulischen Bereich komplett auf neue Beine stellen müssen. Niki Berlakovich hat vorhin schon die Sprache angesprochen – da sind die Herausforderungen unterschiedlich.
In Kärnten geht es darum, dass man eher kleinräumige Gemeinden mit Betreuungsangeboten erreicht, damit Sprache nicht nur in den Städten oder in größeren Zentren verfügbar ist, sondern wirklich auch vor Ort, dort, wo die Minderheit lebt. In Ballungszentren beispielsweise geht es jedoch darum, dass man wirklich ein neues Bildungsangebot schafft, nämlich in Wien oder in Graz, weit über die Siedlungsgebiete von Sloweninnen und Slowenen oder auch Kroatinnen und Kroaten hinaus – und das ist enorm schwierig.
Wir als NEOS haben auch versucht, in Wien konkrete Schritte zu gehen – dazu braucht es alle Parteien. Unser konkreter Vorschlag – und es gibt ja etwas Vergleichbares, was die Komenský-Schule auch gerade anstößt – ist wirklich eine Art Volksgruppencampus, wo vom Kindergarten bis zur Matura alles möglich ist, und zwar in allen Sprachen; das betrifft alle sechs Volksgruppen mit natürlich sehr unterschiedlichen Herausforderungen. Das klappt nur, wenn der Bund und das Land in der jeweiligen Stadt zusammenhelfen, anders wird es nicht gehen.
Wenn wir aber wollen, dass wir die Sprachen und die Kultur wirklich langfristig erhalten und vielleicht auch wieder zum Erstarken bringen, dann müssen wir über die bisherigen Strukturen hinausgehen. Man muss dann beispielsweise auch in allen Bundesländern verstehen, dass eine österreichische Volksgruppe nicht mit jeder anderen sprachlichen Minderheit, die vielleicht später zugezogen ist, gleichzusetzen ist. Sprache ist generell immer wertvoll, aber die Besonderheit, dass wir Volksgruppen gegenüber einen Auftrag haben, ist eben eine andere.
Ein letzter Punkt, der aus meiner Sicht im Parlament einer ist, den wir tatsächlich in der nächsten Gesetzgebungsperiode umsetzen können: Wir haben sogar für Südtirol einen Unterausschuss, wir haben aber keinen Ausschuss für Volksgruppenpolitik. Es wäre, da es da um alle Bereiche geht – um föderale Themen, um den Finanzausgleich, um die Bildung, um die Frage der Selbstverwaltung und vieles, vieles mehr, auch um die Förderung natürlich: Medien, Kultur –, dringend geboten, dass wir einen eigenen parlamentarischen Ausschuss haben, der sich mit der Volksgruppenpolitik auseinandersetzt und in dem man auch wirklich vertiefend Politik machen kann und nicht darauf angewiesen ist, dass Menschen, die sich ehrenamtlich einsetzen, immer mit großem Nachdruck auf das Parlament zugehen, um ihre Forderungen zu präsentieren. Da können wir noch viel besser werden, und uns als NEOS ist das ein sehr wichtiges Anliegen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Voglauer und Schwarz.)
12.45
Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Susanne Raab zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.