10.32
Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher, insbesondere hier auf der Galerie! Wie viel Reformbedarf hat Österreich? – Diese Frage stellen die NEOS heute hier im Rahmen ihrer Aktuellen Stunde. Ich habe den Ausführungen von Klubobfrau Meinl-Reisinger heute und auch in den vergangenen Tagen sehr, sehr genau zugehört und ich habe mehrfach gehört, dass sie – wörtlich – von schmerzhaften Sparmaßnahmen spricht, die nach der Wahl auf in Österreich lebende Menschen zukommen. Ich habe gehört, dass sie eine sogenannte Ausgabenbremse propagiert und eine solche mit dem Schuldenstand argumentiert.
Deshalb will ich eingangs drei Zahlen nennen, die die Zuseherinnen und Zuseher zur besseren Einordnung unserer heutigen Debatte kennen sollten.
Die erste Zahl bezieht sich auf das Jahr 2017. Da wurde das Land von einer SPÖ-ÖVP-Regierung unter dem sozialdemokratischen Bundeskanzler Kern geführt, und die Schuldenquote hat damals 78,5 Prozent des BIPs betragen. Nach von Krisen geprägten Jahren, in denen es uns wichtig war, unseren Sozialstaat zu stärken, damit die Menschen bestmöglich durch die Krisen kommen, ist die Schuldenquote unter der jetzigen Bundesregierung im Jahr 2023 bei 77,8 Prozent des BIPs gelegen und war damit niedriger als im Jahr 2017. Und die dritte Zahl: Die Schuldenquote in der Eurozone beträgt im Schnitt 90,4 Prozent des BIPs. – Also, sehr geehrte Damen und Herren, die Schuldenquote in Österreich ist trotz diverser Krisen niedriger, als sie es im Jahr 2017 unter der letzten rot-schwarzen Stillstandskoalition gewesen ist, und sie ist auch deutlich niedriger als in der Eurozone. (Beifall bei den Grünen.)
Trotzdem malen die NEOS aber den Teufel an die Wand, sprechen von schmerzhaften Sparmaßnahmen, die notwendig seien. Eine besonders drastische möchte ich herausgreifen, weil über diese noch viel zu wenig geredet worden ist, sie betrifft die von den NEOS angedrohten Pensionskürzungen.
Während die türkis-grüne Bundesregierung in Zeiten von Inflation und Teuerung die Kaufkraft von Pensionistinnen und Pensionisten mehrfach abgesichert hat, haben die NEOS unser Pensionssystem in einer Dauerschleife schlecht- und einen Generationenkonflikt herbeigeredet, und jetzt wollen sie 4,5 Milliarden Euro bei den Pensionen einsparen. (Abg. Loacker: Ich glaub’, du kannst einfach schlecht zuhören, und deshalb hast du es nicht verstanden!) – Herr Loacker, ich habe es sehr wohl verstanden (Abg. Loacker: Nein, gar nicht!), und deine komische Mansplainerei wird mir echt nicht abgehen, wenn du nicht mehr hier bist. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Loacker: Ja, du mir auch nicht!)
Und was die NEOS wollen: Sie wollen die sogenannte Flexipension einführen, das ist nichts anderes als eine Pensionskürzung. Was sieht diese Flexipension vor? – Künftig sollen nur jene, die bis 69 arbeiten, den vollen Pensionsanspruch erhalten. (Abg. Scherak: Sag einmal, kannst du lesen, Meri? Das ist so irr! – Weiterer Zwischenruf des Abg. Loacker.) Das heißt, unabhängig davon, ob jemand am Fließband steht, unabhängig davon, ob man in der Pflege tätig ist oder ob man am Bau arbeitet: Nur derjenige, der 69 Jahre alt ist, soll den vollen Pensionsanspruch haben.
Expertinnen und Experten analysieren folgerichtig, dass ein solches Modell soziale Ungleichheiten verstärkt und zu steigenden Armutszahlen in Österreich führen würde. So sieht die klassische neoliberale Sozialpolitik aus, die die Pinken in Österreich haben wollen, und ich frage Sie, sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher: Wollen Sie das für Österreich? (Beifall bei den Grünen.)
Ich will das nicht für Österreich. Wir Grüne sehen es als unsere Aufgabe an, weiterhin dafür zu sorgen, dass Menschen, die jahrzehntelang mit ihrer Arbeit zu unserem Wohlstand, zur Prosperität unseres Landes beigetragen haben, in der Pension mit dem Einkommen das Auskommen finden, und auch dazu wird es heute in der Nationalratssitzung einen Beschluss geben, um das zu gewährleisten. Wir wollen das – die NEOS aber wollen Ihnen einen Teil Ihrer Pensionsansprüche wegnehmen. (Beifall bei den Grünen.)
Was die NEOS hingegen nicht wollen, ist, dass Superreiche auch einen fairen und gerechten Beitrag zur Finanzierung von zum Beispiel Pensionen oder Kinderbetreuung leisten. Da passt übrigens auch kein Blatt Papier zwischen NEOS, ÖVP und FPÖ.
Wenden wir uns abschließend den Ibiza-Parteien zu: Was droht, wenn ÖVP und FPÖ nach der Wahl miteinander eine Koalition bilden? – Ich habe ein Zitat aus der Ära Kurz mitgebracht, das Bände spricht: Sozialkürzungen sind sehr christlich sozial, denn Sozialkürzungen machen stark und führen dazu, dass die Menschen arbeiten gehen. – Wer hat es gesagt? – Der damalige ÖVP-Chef und Bundeskanzler Sebastian Kurz.
Diese Politik haben Türkis und Blau auch konsequent umgesetzt: Sie haben Lücken in unsere sozialen Sicherungssysteme gerissen, sie sind mit der Abrissbirne auf unser Gesundheitssystem losgegangen, sie haben den 12-Stunden-Tag eingeführt – für den die NEOS übrigens mitgestimmt haben –, sie haben in der Frauenpolitik gekürzt (Abg. Loacker: Warum gibt’s kein Pensionssplitting, damit die Frauen was haben?), im Gewaltschutz gekürzt und eine spalterische Die-Ausländer-sind-an-allem-schuld-Politik verfolgt. All das werden ÖVP und FPÖ, ohne mit der Wimper zu zucken, auch sofort wieder machen, wenn Sie, sehr geehrte Wählerinnen und Wähler, ihnen die Möglichkeit dazu geben, und ich bitte Sie inständig: Lassen Sie das nicht zu! (Beifall bei den Grünen.)
Die letzten Tage haben gezeigt, dass es bei den kommenden Wahlen in jederlei Hinsicht darum geht, unser Klima zu schützen. Das gilt auch für das gesellschaftliche Klima, für das soziale Klima in unserem Land, das gilt auch für das solidarische Miteinander in unserem Land, gemäß dem jene, die das können, auch mehr beitragen sollen. Wem das ein Anliegen ist, den und die lade ich sehr herzlich ein, bei den kommenden Wahlen uns Grüne zu unterstützen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wurm: Meri, das war die schlechteste Regierung aller Zeiten! Die schlechteste Regierung aller Zeiten war das! – Ruf bei der FPÖ: Mit Abstand!)
10.37
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Doppelbauer. – Bitte.