12.02
Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Die schweren Unwetter der vergangenen Tage haben unser Land und die Menschen, die hier leben, extrem hart getroffen.
Gewaltige Wassermassen haben Ortschaften verwüstet und Wohnraum zerstört, und nur der unermüdliche Einsatz unzähliger Helferinnen und Helfer vor Ort konnte noch Schlimmeres verhindern. Viele, die hier sind, waren selbst im Einsatz. Ich möchte an dieser Stelle auch den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern und den Gemeinderät:innen, die in den letzten Tagen wenig oder gar nicht geschlafen haben und bis zum Einsatz ihrer letzten Muskelkraft überall mitgeholfen haben, meinen expliziten Dank ausdrücken. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.) Das gilt natürlich auch für die Einsatzkräfte, insbesondere für die freiwilligen Feuerwehren. Es gibt in Österreich wirklich großartige Hilfsbereitschaft und auch ein sehr gutes System.
Meine Gedanken sind bei allen Menschen, die um Angehörige trauern, und bei jenen, die in den Fluten ihr Hab und Gut verloren haben und in diesen Stunden nicht wissen, wie es weitergehen soll. – Ich versichere Ihnen: Wir stehen alle an Ihrer Seite. Die Bundesregierung sichert Ihnen Hilfe zu, die Landesregierungen sichern Ihnen Hilfe zu, und ich bin überzeugt davon, dass es auch hier im Parlament einen breiten Konsens gibt, dass wir Ihnen helfen werden und müssen. Auch der Zusammenhalt und die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung grundsätzlich ist groß. Jetzt geht es darum, zusammenzuhelfen, die Betroffenen zu unterstützen und dann gemeinsam wieder aufzubauen. Das wird noch eine lange Zeit dauern.
Unser politisches Handeln darf aber nicht enden, wenn die enormen Schäden wieder repariert sind – oder vielmehr, wenn sie wieder einmal repariert sind, denn viele Menschen, die in diesen Tagen besonders hart getroffen wurden, haben genau diesen Albtraum schon einmal durchgemacht. Sie haben schon einmal ihr Zuhause verloren, um ihr Leben und ihre Zukunft gebangt. Das letzte Jahrhunderthochwasser ist in diesen Gegenden gerade einmal rund 20 Jahre her. Jetzt gilt es also, im Land zusammenzuhalten. Als Nächstes werden wir gemeinsam aufräumen müssen. Im dritten Schritt müssen wir zusammen reparieren, was die Ursache für diese verheerenden Schäden ist. Wir müssen auch nach vorne schauen – mit dem Ziel, dass wir die Menschen in unserem Land in Zukunft besser schützen können.
Dafür müssen wir auch die Ursache dieser Naturkatastrophen klar und nüchtern benennen. Die extremen Unwetter sind eine Folge der Klimakrise, egal was manch eine Partei hier von sich gibt. Wenn der Starkregen kommt, brechen immer größere Wassermassen über uns herein, im Extremfall auf einen Schlag so viel, wie sonst in mehreren Monaten, wie es gerade eben passiert ist. Pro Grad Erderwärmung speichert die Luft 7 Prozent mehr Wasser. Das ist ein direkter Zusammenhang, der nicht zu leugnen ist. Dieses Wasser muss irgendwohin, und genau diesen Platz müssen wir der Natur wieder zurückgeben. Wir müssen mit Klimaschutzmaßnahmen den Kreislauf durchbrechen, der zu immer stärkeren Unwettern führt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.)
Es geht hier um eine Politik, die sich den wissenschaftlichen Fakten stellt und pragmatische Lösungen anbietet. Wir wollen unsere Natur und das Klima schützen, weil wir die Menschen schützen wollen. Wir sind der Meinung, dass dabei alle Parteien zusammenhalten und zusammenhelfen sollen. Das sagen nicht nur wir Grüne, sondern das wünschen und erwarten sich auch immer mehr Menschen in diesem Land von der Politik, von uns allen. Das geht so weit, dass dann in einem Interview jemand sagt: Ich bin eigentlich ein Blauer, aber Gewessler hat recht.
Halten wir in dieser Frage doch zusammen! (Abg. Wurm: Na!) – Ich höre jetzt schon wieder Zwischenrufe und Lacher von Herrn Wurm. Ich finde das nicht lustig. (Beifall bei den Grünen.) Auch wenn einige Abgeordnete und hohe Vertreter gewisser Parteien dieses Anliegen als Klimahysterie und als Untergangsirrsinn bezeichnen, ist das alles – gerade in Anbetracht der aktuellen Lage – unangebracht. Wir Grüne lassen uns aber nicht von Spott und auch nicht von übler Nachrede abschrecken. Wir übernehmen Verantwortung und handeln mutig und gut überlegt. Leonore Gewessler hat das mit Österreichs Ja zu Europas wichtigstem Naturschutzgesetz unter Beweis gestellt. (Beifall bei den Grünen.)
Wir wissen inzwischen: Sie hat rechtskonform gehandelt, und sie hat auch völlig richtig gehandelt. Worum geht es bei diesem Gesetz für die Renaturierung? – Da geht es nicht um erfundene bürokratische Frotzeleien wie Schmetterlingszählen oder irgendwelche Schikanen – da wurde ganz bewusst mit falschen Ängsten gespielt –, es geht darum, dass die Natur wieder mehr Platz bekommt, den sie dringend braucht, wie wir gerade bei der aktuellen Hochwasserkatastrohe sehen. Dafür gibt es auch die notwendigen Gelder der EU, mit denen wir in Österreich Maßnahmen umsetzen können, über die wir selbst entscheiden können.
Es ist ganz einfach: Je länger wir zaudern und zögern, desto schlimmer werden die Schäden und desto teurer wird die Reparatur werden. Wie gesagt, es passiert ja nicht zum ersten Mal, und es wird immer häufiger und es wird immer heftiger. Je früher wir handeln, desto günstiger sind diese Maßnahmen, desto mehr Natur können wir bewahren oder wiederherstellen und desto besser ist das Leben, das unsere Kinder und Enkelkinder haben werden. (Beifall bei den Grünen.)
Es ist gut und wichtig, dass wir alle mit vereinten Kräften bei der Bewältigung dieser Hochwasserkatastrophe zusammenarbeiten. Genau diese Einigkeit brauchen wir in Zukunft aber auch beim Klimaschutz und beim Umweltschutz. Es gibt hier einen direkten Zusammenhang – denn am Ende ist das alles eines: Es ist der Schutz der Menschen. Wir Grüne werden dafür weiterhin treibende Kraft in diesem Parlament und hoffentlich auch in der nächsten Regierung sein. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)
12.08
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nikolaus Scherak. – Bitte.