12.24

Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher! Ja, die Hochwasserkatastrophe der vergangenen Tage hat uns alle sehr durchgebeutelt und erschüttert. Sie hat uns als Gesellschaft auf eine harte Probe gestellt: gesellschaftlich, aber auch demokratiepolitisch.

Ich möchte das ein wenig reflektieren, denn eine solidarische Gemein­schaft zeigt sich vor allem in der Not: ob man aufeinander schaut, ob man hilft, ob man anpackt, ob man zusammenhält, ob man mitfühlt und mithilft. Das ist in den letzten Tagen Gott sei Dank großartig gelungen. Ich möchte mich dem Dank meiner Vorrednerinnen und Vorredner anschließen: Allen Einsatzorganisationen, all den vielen freiwilligen Helferinnen und Helfern, der Gemeinschaft, die hier auf beste Weise funktioniert hat, gebührt wirklich ein besonderer Dank. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

Zusammenhalt in einer Gemeinschaft zeigt sich eben genau in einer Krisensitua­tion und daran, wie Krisen gemeinsam bewältigt werden. Das Krisen­management, sozusagen der organisatorische Teil, hat einzigartig gut funktio­niert. Es wurde auch schon mehrfach erwähnt: Die Zusammenarbeit, die Koordinierung, die Abstimmung, auch der Einsatz von allen, bis hin zur Hilfe aus anderen Bundesländern – das Organisatorische hat perfekt funktioniert.

Die nächste Frage ist: Was lernen wir daraus? Was lernen wir für die Zukunft, wie wir mit nächsten Krisen umgehen? Es wurde auch von meiner Vorred­nerin mehrfach gesagt: Es werden weitere Hochwasserereignisse auf uns zukommen und wir werden wieder gefordert sein, denn der Hochwasser­schutz hat zwar funktioniert, aber er hat nicht ausgereicht.

Der springende Punkt ist, dass die bisherigen Berechnungen und das, was wir gehört haben, die Hochwasserzonen, HQ30, HQ100 – die haben wir auf unseren ganzen Plänen zwar eingezeichnet, nur kommen wir jetzt darauf, dass die Niederschlagsmengen viel höher sind als die hinterlegten Berechnun­gen –, nicht mehr gültig sind; in Fachkreisen ist das längst ein offen ausgesprochenes Geheimnis. Wir können uns nicht darauf verlassen, weil die konkreten Ereignisse, die Mengen, die auf uns zukommen, in diesen Berechnungen nie berücksichtigt werden konnten.

Das wird nun die Herausforderung sein: schnell aus den Erfahrungen zu lernen und anzupassen, wie wir künftig hinsichtlich Hochwasserschutz reagieren. Dieser nächste Schritt heißt: Ursachen herausfinden. Darüber wurde schon einiges gesagt. Die Klimaveränderungen, der Klimawandel, die Klima­krise – wie auch immer man es benennt, es ist eine massive Verände­rung im Gang, auf die wir Rücksicht nehmen müssen und die wir miteinbeziehen müssen.

Die Lösung kann aber gleichzeitig nur in einer Kombination von techni­schen Maßnahmen, die wir kennen, und naturnahen Maßnahmen bestehen. Wir haben das Beispiel der Donau erlebt. Bei der Donau wurden Hochwasser­dämme errichtet, es gibt aber auch Renaturierungsmaßnahmen: Genau in dieser Kombination konnten diese Ereignisse jetzt bewältigt werden. Das brau­chen wir natürlich auch in anderen Landesteilen.

Ich will mir nicht ausdenken, wie ich heute hier stehen würde, wissend, dass wir kein Renaturierungsgesetz haben (Abg. Ragger: Ah, geh!), denn das ist das einzige Gesetz, das uns in diese Zukunft bringen kann. Gott sei Dank haben wir einen Plan. Wie sieht der Plan aus? (Abg. Strasser: Wir haben Ziele, keinen Plan!) Wie können wir auf die künftigen Ereignisse Rücksicht nehmen und wie sie einbeziehen? – Das geht nur mit einem Wiederherstellungsplan genau für die Teile der Natur, die diese Wiederherstellung und Stärkung brau­chen. (Beifall bei den Grünen.) Das geht nur in einer Kombination, in der man die Klimaveränderungen gemeinsam mit den Anforderungen denkt: Was müssen unsere Böden leisten – nicht nur für den Hochwasserschutz, sondern natürlich auch für die Ernährungssicherheit? Wie können wir Arten­vielfalt, intakte Natur, Hochwasserschutz und Klimaschutz zusammen­führen? – Genau das ist Gott sei Dank der Inhalt und der Plan, nach dem wir das Renaturierungsgesetz in die Umsetzung bringen.

Das ist der zweite Punkt, den ich noch ansprechen möchte: Wir sind als Gesellschaft auch demokratiepolitisch gefordert, wie wir mit Krisen umgehen und was wir daraus lernen. Das gemeinsame Anliegen, der Auftrag, diese Wiederherstellungspläne geeint und gemeinsam umzusetzen, ist das eine. Krisenmanagement heißt aber gerade in solchen Zeiten auch: Wie geht man mit den Schwächsten in einem Land um? Die Umwelt ist geschwächt und es sind auch Menschen, die sich sehr stark für den Umweltschutz einsetzen, in einer schwachen Position. Gerade heute findet im Salzburger Landtag die Debatte über die Aufweichung des Naturschutzgesetzes statt, was ich sehr bedaure. Das geschieht leider in einem blau geführten Ressort. Es ist ein großer Fehler, dass man das Naturschutzgesetz in Salz­burg so schwächt und dass man genau die Stimme, die die Umwelt vertritt – die Umweltanwaltschaft –, heute, genau jetzt, des Rechts beraubt, zu einem Höchstgericht zu gehen. (Beifall bei den Grünen.)

Der Rechtsschutz ist ein fundamentaler Baustein unserer Rechtsstaatlichkeit. Dass man Entscheidungen nicht mehr überprüfen kann, dass man der Umweltanwaltschaft als Expertin das Recht nimmt, zu einem Gericht zu gehen, das ist ein unglaublicher Einschnitt. Genau jetzt, wo das Wasser in den Kellern der Menschen steht und sie nicht wissen, wie sie ihre Häuser wieder bewohnen können, macht genau ihr den Fehler (Abg. Kickl: Wer ist dort Landeshauptmann? Ich frage nur!), der wichtigsten Umwelteinrichtung das Recht zu nehmen, eine solche Entscheidung zu beeinspruchen. (Beifall bei den Grünen.)

Das heißt, Krisenmanagement und Rechtsstaatlichkeit muss man immer im Auge behalten, und gemeinsam auf den Umweltschutz und die Rechtsstaatlichkeit zu schauen ist ein weiterer Auftrag. (Beifall bei den Grünen.)

12.30

Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Klubobmann August Wöginger zu Wort gemeldet. – Bitte.