16.56
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Wir kommen zum Progressionsabgeltungsgesetz, zum dritten Drittel des Progressionsausgleichs. Wir haben uns ja bereits im Budgetausschuss darüber unterhalten, warum bestimmte Teile nicht ausreichend valorisiert werden, andere aber schon.
Ich möchte daher gleich zu Beginn, Herr Präsident, unsere Vorstellungen in Form eines Abänderungsantrages in zweiter Lesung einbringen, nämlich den Abänderungsantrag der Abgeordneten Matznetter, Genossinnen und Genossen zum Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz, das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz und die Reisegebührenvorschrift 1955 geändert werden, Progressionsabgeltungsgesetz 2025, 2710 der Beilagen. – Da der Antrag länger als eine Seite ist, darf ich ihn in den Grundzügen erläutern.
Punkt eins: Die Sozialdemokratie wollte einen Ausgleich der kalten Progression in voller Höhe für die Mehrzahl der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Das sind jene, die entweder gar keine Steuer zahlen, weil sie laufend zu wenig bekommen, oder jene, die in die erste oder zweite Progressionsstufe fallen. Dieser Vorschlag sieht aber nur 3,83 Prozent und nicht 5 Prozent, die einen solchen Ausgleich dargestellt hätten, vor.
Zweitens: Wir wollten, dass der Steuersatz von 55 Prozent für Bezieher von Millioneneinkommen Dauerrecht wird. Auch das ist nicht erfüllt worden, ist aber in diesem Antrag, mit dem die Sunsetclause beseitigt wird, vorgesehen.
Der dritte Punkt ist etwas, das gar nicht viel kostet, aber besonders ärgerlich ist: Die pauschalen Freibeträge zur Geltendmachung von außergewöhnlichen Belastungen sollen angehoben werden. Das trifft vor allem Menschen, die gezwungen werden, Belege zu sammeln. Ich möchte dahin gehend ein paar Beispiele bringen: Menschen, denen eine mehr als 25-prozentige Behinderung nachgewiesen wurde, davon 20 Prozent wegen diätischer Vorschriften – die also Tuberkulose, Diabetes oder Zöliakie haben –, haben einen Freibetrag von 70 Euro. Dieser wird nicht valorisiert, darauf haben die Regierungsfraktionen vergessen.
Im Ausschuss haben wir die relativ zynische Antwort bekommen: Die können eh ihre Belege sammeln! Das ist ein Umgang, den wir so nicht wollen, noch dazu mit Menschen, die es im Leben schwerer haben. Diese Menschen sollen Belege für ihre Diät sammeln, anstatt dass man ihnen den Inflationsausgleich gibt.
Wir haben auch andere Dinge angesprochen. Das Kilometergeld wurde mit diesem Beitrag nicht ausreichend erhöht, Herr Finanzminister, nur von 42 auf 50 Cent – bei anderen Dingen war man großzügiger. Wir haben sogar etwas betreffend Wertsicherung von Wohnraum in der Wirtschaft gefunden, da wurde die sachbezugsfreie Wohnfläche von 30 auf 35 Quadratmeter erhöht. Da ist aber die Inflationsanpassung nicht ganz Gegenstand gewesen. Also dafür hat man das Geld schon gefunden – wunderbar! Dann aber Menschen, die es so schwer im Leben haben, außen vor zu lassen, was noch dazu dem Budget nichts kostet, ist etwas, das wir nicht wollen. Daher bringen wir diesen Antrag ein.
Ich fasse zusammen: In der letzten Sitzung nach fünf Jahren, in denen Sie jeden vernünftigen Vorschlag, der von anderen als den Regierungsparteien kam, abgelehnt oder vertagt haben, machen Sie jetzt, auch am letzten Sprung, in dieser Form weiter. Ich hoffe – vielleicht besinnen Sie sich in der letzten Minute –, Sie stimmen unserem Abänderungsantrag zu. Machen Sie wenigstens den vollen Progressionsausgleich mit den 5 Prozent für die unteren Steuerstufen! (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)
Ich werbe dafür in letzter Sekunde: Kehren Sie um auf dem Weg, der nicht gut für Österreich war! Das war diese Regierung, dominiert von der ÖVP mit den Grünen als Beiwagerl – schade um die fünf Jahre. Ich wünsche mir, dass die nächsten fünf Jahre besser werden. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
17.00
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter
Genossinnen und Genossen
zum Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz, das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz und die Reisegebührenvorschrift 1955 geändert werden (Progressionsabgeltungsgesetz 2025 – PrAG 2025) (2710 d.B.) (Top 8)
Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:
Der Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz, das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz und die Reisegebührenvorschrift 1955 geändert werden (Progressionsabgeltungsgesetz 2025 – PrAG 2025) (2710 d.B.) wird wie folgt geändert:
Artikel 1 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988) wird wie folgt geändert:
1. Z 1 lautet:
„1. In § 1 Abs. 4 wird der Betrag „12 816“ durch den Betrag „13 457“ ersetzt.“
2. Z 3 lautet:
„3. In § 4 Abs. 4 Z 8 lit. b wird der Betrag „12 816“ jeweils durch den Betrag „13 457“ ersetzt.“
3. Z 7 lit. a lautet:
„a) In Abs. 1 wird der Betrag „12 816“ jeweils durch den Betrag „13 457“, der Betrag „20 818“ jeweils durch den Betrag „21 859“, der Betrag „34 513“ jeweils durch den Betrag „35 836“, der Betrag „66 612“ jeweils durch den Betrag „69 166“ und der Betrag „99 266“ jeweils durch den Betrag „103 072“ ersetzt.“
4. In Z 7 (zu § 33) werden die lit. b bis lit. f in lit. d bis lit. h umbenannt und vor lit. d (neu) folgende lit. b und lit. c eingefügt:
„b) In Abs. 1 lautet der letzte Satz:
„Für Einkommensteile über eine Million Euro beträgt der Steuersatz 55%.“
c) In Abs. 1a wird die Wortfolge „§ 35 Abs. 1 dritter Teilstrich“ durch die Wortfolge „§ 35 Abs. 1 dritter Teilstrich und Abs. 3“ ersetzt.“
5. Nach Z 8 wird folgende Z 8a eingefügt:
„8a. „In § 35 Abs. 3 wird der Betrag „124“ durch den Betrag „157“, der Betrag „164“ durch den Betrag „207“, der Betrag „401“ durch den Betrag „506“, der Betrag „486“ durch den Betrag „613“, der Betrag „599“ durch den Betrag „755“, der Betrag „718“ durch den Betrag „905“, der Betrag „837“ durch den Betrag „1.055“ und der Betrag „1.198“ durch den Betrag „1.510“ ersetzt.““
6. In Z 10 (zu § 42) lautet die lit. a:
„a) In Abs. 1 Z 3 wird der Betrag „12 816“ durch den Betrag „13 457“ und der Betrag „13 981“ durch den Betrag „14 681“ ersetzt.“
7. In Z 16 wird die Wortfolge „§ 35 Abs. 1“ durch die Wortfolge „§ 35 Abs. 1 und Abs. 3“ ersetzt.
Begründung
Zu Artikel 1 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988):
Zu Z 1 bis Z 7:
Der von IHS und Wifo erstellte Progressionsbericht 2024 zur Schätzung der kalten Progression, der als Grundlage für Maßnahmen zur Inflationsabgeltung für das Jahr 2025 dient, hat als Hauptergebnis festgestellt, dass die im Jahr 2025 auszugleichende Inflation 5% beträgt.
Aufgrund der Inflationsanpassungsverordnung 2025, BGBl. II Nr. 232/2024 vom 30.8.2024, würden daher die ersten fünf Tarifstufen im Ausmaß von 2/3 automatisch um 3,33% angehoben.
Mit dem Antrag zum Progressionsabgeltungsgesetz 2025 der ÖVP/Grünen Regierungsfraktionen wurden die ersten fünf Tarifstufen des Einkommensteuergesetzes pauschal um weitere 0,5%-Punkte, insgesamt um 3,83%, angehoben. Damit werden jedoch die ersten beiden Tarifstufen nicht zur Gänze um die Inflation von 5% erhöht, was niedrige Einkommen im Vergleich zu hohen Einkommen benachteiligt - letztere profitieren nicht nur von der Anpassung der ersten beiden, sondern auch von der Inflationsanpassung der oberen Tarifstufen.
Durch die Abänderung sollen die ersten beiden Tarifstufen in voller Höhe der errechneten Progressionsabgeltung von 5% angehoben werden.
Die Befristung des Spitzensteuersatzes von 55% für Einkommensteile über eine Million Euro (derzeit bis 2025) wird aufgehoben.
Die im Rahmen der Möglichkeit zur Geltendmachung von außergewöhnlichen Belastungen bestehenden pauschalen Freibeträge für Behinderung (§ 35 EStG) wurden zuletzt im Jahr 2019 valorisiert. Der VPI (2015) ist von 2019 bis (Juli) 2024 von 106,7 auf 134,2 gestiegen (+26%), weshalb die Freibeträge des § 35 Abs. 3 EStG um diesen Betrag angehoben werden. Gleichzeitig werden sie in § 33 Abs. 1a in die Liste der der Inflationsanpassung unterliegenden Beträge aufgenommen.
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Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Karlheinz Kopf. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Entschuldigung, Herr Abgeordneter! Herr Abgeordneter Matznetter hat einen Abänderungsantrag eingebracht; das ist ordnungsgemäß erfolgt und daher steht er mit in Verhandlung.
Jetzt haben Sie das Wort.