17.21

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Ja, das ist jetzt ein schwie­riger Übergang nach so einer großen Abschiedsrede des Kollegen Karlheinz Kopf.

Kurz zur Tagesordnung, damit die Frau Präsidentin da nicht einschrei­ten muss: Es geht um die kalte Progression, die, worauf wir immer hinweisen, zu zwei Dritteln abgeschafft wurde, und das dritte Drittel ist jedes Jahr diskretionär zu verteilen. Wir glauben, das hätte in einem Aufwaschen gemacht gehört, weil alle Erwerbstätigen es verdient haben, die Inflation in voller Höhe berücksichtigt zu bekommen. Dieses Ziel werden wir weiterhin verfolgen (Beifall bei den NEOS), ohne den erreichten Erfolg gering zu schätzen, denn was wären die großen Erfolge ohne die kleinen, wie einmal eine Bank so schön gesagt hat.

Ich blicke nur auf elf Jahre zurück, wenn ich mich hier verabschiede. Wir sind mit den NEOS vor elf Jahren hier eingezogen, und ich kann sagen: Man hat­te damals hier nicht auf uns gewartet (Heiterkeit des Abg. Schallmeiner – Ruf bei der ÖVP: ... nichts geändert!), und die Kollegen von Rot und Schwarz haben sich richtig gefreut über jede Falle, in die wir am Anfang auch tatsächlich getappt sind.

In den elf Jahren ist viel passiert: Ich habe sieben Sozialminister gesehen. Ich möchte den besten hervorheben, das war Rudi Hundstorfer. Der konnte zu allem eine Antwort geben. Er hat immer Zahlen parat gehabt und er hat auch die besten Mitarbeiter um sich gehabt: Falls er etwas nicht auswendig wusste, haben die ihm sofort ein Post-it hinübergeschoben. Das war ein souve­räner Minister, der auch den Streit ausgehalten hat – wir haben hart diskutiert.

Es gab acht Gesundheitsminister in elf Jahren. – Es ist kein Wunder, dass kein Mensch Minister werden will, wenn man dieses Amt im Schnitt nur eineinviertel Jahre innehat. Fachlich und persönlich die beste Gesundheits­ministerin war die viel zu früh verstorbene Sabine Oberhauser. Sie konnte über sich und mit den anderen lachen, und es war eine Freude, mit ihr zu streiten.

Es gab sechs Bundeskanzler – ich enthalte mich - - (Heiterkeit bei den Grünen), ja, ich enthalte mich der Wertung; es war schmerzhaft (neuerliche Heiterkeit bei den Grünen) –, vier Nationalratspräsidenten, und, Frau Präsidentin, es ist sehr schön, dass Sie jetzt am Präsidium sitzen, denn Sie waren immer meine Lieblingspräsidentin. (Ah-Rufe bei der SPÖ.)

Die absurdeste Zeit für alle hier herinnen war aber die Covid-Zeit, insbesondere für die, die damals Gesundheitssprecherinnen und Gesundheitssprecher waren. Wir haben einander alle zehn Tage in diesem verrückten Hauptausschuss getroffen. Ich habe Jörg Leichtfried und Philip Kucher und Dagmar Belako­witsch öfter gesehen als sonst irgendeinen Menschen in meinem Leben, weil wir ständig in diesem Hauptausschuss gesessen sind. Alle zehn Tage heißt natürlich auch an Samstagen und an Sonntagen und zu allen möglichen Uhrzei­ten. – Ja, man hat sich damals an die verrücktesten Dinge gewöhnt.

Sehr schön war auch die Zusammenarbeit mit den Vorarlberger Abgeordneten: immer parteiübergreifend, sehr positiv. Karlheinz, unser Doyen, hat da auch gut auf alle geschaut, das kann man sagen. Wenn ein Vorarlberger etwas Kompliziertes will, dann muss er zu Karlheinz gehen, weil der weiß, wo man da fragt und welche Kanäle man anzapfen muss, damit das funktioniert.

Ich habe in der Zeit viel gelernt. Ich habe fachlich und persönlich viel gelernt, habe hier viele tolle Menschen in allen Fraktionen kennengelernt. Es würde den Rahmen sprengen, alle aufzuzählen: die Kolleg:innen aus dem Wirtschaftsausschuss, dem Gesundheitsausschuss, dem Sozialausschuss – ich darf dessen Vorsitzenden Beppo Muchitsch erwähnen. Der Sozial­ausschuss ist einer der Ausschüsse, in dem hart diskutiert wird, in dem aber auch Oppositionsanträge einmal abgestimmt werden und nicht alles nur zacki, zacki vertagt wird. Wir liegen inhaltlich oft weit auseinander, aber es gibt dort eine große Wertschätzung, und das ist nicht selbstverständlich in diesem Haus.

Ich möchte mich bei den Klubordnern bedanken, die sich in der Früh vor der Sitzung hier treffen und die Rednerlisten einmelden. Die meisten sind auch pünktlich da (Heiterkeit bei den Grünen), und wir haben ein gutes und ver­trauensvolles Verhältnis. Wir können auch miteinander reden und wissen, dass die Dinge dann nicht beim anderen Parteichef und auch nicht in der Zeitung landen, und das ist viel wert, wenn man in alle Parteien einen Gesprächskanal hat, wo man auch einmal anrufen kann und etwas vertraulich bereden kann. Ich bin mir nicht sicher, ob alle Bürgerinnen und Bürger so eine Wahrnehmung dafür haben, wie wichtig es ist, dass wir hier herinnen persönlich gut miteinander reden können – und mit den meisten können wir es. Es ist ein bisschen wie in einer Schulklasse: Mit allen können wir es nicht, aber mit vielen.

Ich möchte mich ganz besonders bei meinen Kolleginnen und Kollegen im NEOS-Parlamentsklub bedanken: für die große Wertschätzung und für die Freiheit, die ich bekommen habe, hier ganz vieles zu sagen, was oft ein pain in the ass war – entschuldigen Sie den Ausdruck, Frau Präsidentin –, auch für die eigenen Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei NEOS, ÖVP, FPÖ und Grünen.)

Damit habe ich die Geduld strapaziert. Ich habe die Geduld dieses Auditoriums überhaupt sehr häufig und sehr lange strapaziert (Heiterkeit bei der ÖVP – Beifall der Abg. Baumgartner), und deswegen gehe ich auch hier - - (Erheitert:) Kollegin Baumgartner darf das. (Neuerliche Heiterkeit bei der ÖVP.) Aber das zeigt auch die Größe meines Klubs: mich so viel nach vorne zu lassen, immer wissend, man hat nicht in der Tasche, was der Loacker heute wieder sagt. Es stimmt, ich bin an die Grenzen gegangen. Ich glaube, eine kleine Partei muss manchmal an die Grenzen gehen. Man muss manchmal die Aufmerk­samkeit erregen, indem man die Grenzen vielleicht auch antastet, und wenn man so frech ist, überschreitet man sie auch einmal – und ich entschuldige mich dafür, wann immer ich das gemacht habe, und das ist mir einige Male passiert.

Jetzt habe ich noch einen Wunsch an die Zukunft – und ich rede jetzt nicht über Pensionen, weil ihr meine Wünsche betreffend die Pensionen kennt (Heiterkeit bei ÖVP und Grünen), ich habe einen anderen Wunsch –: Einige werden nach der Wahl wieder hier sitzen, sie werden mit neuen Kollegen hier sitzen, und eine ganz wichtige Entscheidung fällt am ersten Tag bei der Konstituierung: die Wahl des Präsidenten. Ich habe einen Wunsch an Sie alle, die wieder hier sein werden: Präsident des Hauses sollte jemand sein, der hier herinnen schon als Abgeordnete oder Abgeordneter gedient hat, schon ein paar Jahre Erfahrung hat und die Usancen des Hauses kennt, würdigt und schätzt – und ich glaube, alle, die schon länger im Haus sind, wissen, was ich meine. – Danke schön. (Allgemeiner, von NEOS, Grünen und Abgeord­neten der SPÖ stehend dargebrachter Beifall. – Abg. Loacker reicht Bundesminister Brunner und Bundesministerin Gewessler die Hand.)

17.27

Präsidentin Doris Bures: Alles Gute, Herr Abgeordneter!

Herr Abgeordneter Hubert Fuchs, ich erteile Ihnen das Wort. – Bitte.