17.56

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Werte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Für die, die erst jetzt eingeschaltet haben: Liebe Zuseherinnen und Zuseher, ich darf heute Sozialminister Johannes Rauch vertreten und habe überlegt, ob ich mich noch einmal zu Wort melden soll, aber ich tue es aus voller Überzeugung, weil ich weiß, dass ihm zwei der Punkte, die wir heute, die Sie heute hier beschließen, ein ganz besonderes Anliegen sind.

Ich beginne mit dem dritten Drittel, dem diskretionären oder variablen Drittel aus der Abschaffung der kalten Progression, das ja schon zitiert worden ist. Ihm war immer und ist immer ein besonderes Anliegen, dass das auch ein so­ziales Drittel ist, und ich möchte es jetzt an einer Maßnahme ausbuchsta­bieren, warum das auch dieses Mal wieder so ist und warum ich mich sehr freue, dass wir das heute beschließen können.

Die Preissteigerungen in den letzten Jahren waren für viele Menschen in unserem Land große, große Herausforderungen, aber natürlich insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen und Menschen in Armut. Wir haben Maßnahmenbündel gesetzt, wir haben Maßnahmen im Ausmaß von 40 Milliar­den Euro umgesetzt, mit dem Resultat, dass die mittleren Haushaltsein­kommen um fast 12 Prozent gestiegen sind, damit sogar über der durchschnittli­chen Inflation, insbesondere mit der Anpassung der Sozialleistungen an die Teuerung, der Sozial- und Familienleistungen, mit 60 Euro für armutsgefähr­dete Familien mit Kindern und Alleinerzieherinnen und Alleinerziehern, mit der Ausweitung der Schulstartgutscheine und vielem, vielem mehr. Mit all dem haben wir armutsgefährdeten Familien viele Sorgen nehmen können. (Beifall bei den Grünen.)

Wir sehen an einer aktuellen Erhebung und wissen somit – und darüber dürfen wir uns und müssen wir uns auch, glaube ich, alle freuen –, dass sich die soziale Lage verbessert. Die Zahl der Menschen mit Einkommensverlusten ist Anfang 2024 im Vergleich zum Vorjahr deutlich gesunken.

Warum ist das möglich? – Da komme ich zum dritten Drittel: weil Politik gestaltet und dafür aber auch einen Spielraum braucht. Deswegen haben wir vor zwei Jahren entschieden, ein Drittel der Einnahmen aus der kalten Progres­sion eben zielgerichtet einzusetzen, mit Schwerpunkten einzusetzen. Wir haben bereits im letzten Jahr ein soziales Drittel daraus gemacht und wir machen es auch diesmal wieder, weil wir sehen, wie wichtig diese Entscheidung war. Politik setzt Rahmenbedingungen, braucht aber auch Spielraum, um auf die aktuelle Situation zu reagieren, und das machen wir. (Beifall bei den Grünen.)

Kein Kind in diesem Land darf in Armut aufwachsen. Dafür wird es lang­fristig – und dazu stehen wir – eine Kindergrundsicherung brauchen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Oxonitsch.)

Wir können es uns nicht leisten, in unserer Gesellschaft auch nur ein Kind zurückzulassen. Ich freue mich besonders, dass wir heute hier in diesem Paket einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung setzen: 60 Euro pro Monat pro Kind, dauerhaft abgesichert. Bisher war dieser Zuschuss an armutsgefährdete Familien mit Kindern bis Ende 2024 befristet. In Zukunft wer­den die 60 Euro pro Kind und Monat als Kinderzuschlag in Form eines Absetzbetrages für einkommensschwächere Alleinverdiener, Alleinverdienerin­nen und Alleinerzieher, Alleinerzieherinnen monatlich ausbezahlt, und das dauerhaft. (Beifall bei den Grünen.)

Das macht einen Unterschied! Das macht einen Unterschied für 250 000 Kinder in diesem Land. Der Kreis der Anspruchsberechtigten ist dementsprechend nicht verändert zur bisherigen Regelung. Wir gehen eben von 250 000 Kindern aus, die in Zukunft davon profitieren, und für die Familien ist das wirklich eine spürbare Entlastung.

Ich kann Ihnen ein Beispiel geben: Eine Familie mit zwei Kindern erhält auf Dau­er damit 1 440 Euro zusätzlich pro Jahr, wenn sie anspruchsberechtigt ist. Das ist bis zur Einkommensgrenze von derzeit 2 000 Euro brutto als Alleinerzieher oder Alleinverdienerin, aber mit einer Einschleifregelung geregelt, dass man diese 60 Euro pro Kind und Monat nicht sofort verliert, wenn man über diese Grenze kommt.

1 440 Euro zusätzlich pro Jahr, das ist für viele Familien mit kleinem Einkommen enorm viel Geld. Sie profitieren auch zusätzlich noch von der Anpassung der Sozial- und Familienleistungen an die Inflation, und ich glaube, man muss kein Steuerrechtsexperte sein, um zu sehen: Das ist ein Beleg dafür, dass dieses dritte Drittel ein soziales Drittel ist, und deswegen ein großes Danke dafür, dass das heute hier zur Beschlussfassung steht. (Beifall bei den Grünen.)

Ich darf noch auf einen zweiten Aspekt eingehen, der heute Vormittag schon Thema war: Das ist die Aufstockung des Wohnschirms angesichts der dramatischen Ereignisse der letzten Tage, der schweren Unwetter in unserem Land, die das ganze Land in Atem gehalten haben. Wir wissen aktuell nicht nur von großen Schäden, sondern auch von fünf Menschen, die ihr Leben verloren haben. Tiefstes Mitgefühl auch von meiner Seite möchte ich den Angehörigen und den Hinterbliebenen aussprechen und ein großes Danke an alle Einsatzorganisationen und Freiwilligen, die einfach angepackt und mitgeholfen haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben ein Jahr der Extreme hinter uns: im Sommer eine wochenlange Hitze­welle mit einem Rekord an Tropennächten, unmittelbar darauf schwere Unwetter mit enormen Regenmengen, Überflutungen, Sturm und meterhohen Schneefällen in den Gebirgen. Klar ist: Was wir hier sehen, sind die Aus­wirkungen der Klimakrise. Deswegen ist ein ambitionierter Klimaschutz, Natur­schutz und Bodenschutz immer auch Menschenschutz, weil die Klima­krise Auswirkungen auf die Gesundheit, auf das Wohlergehen, auf den Wohl­stand, auf das Hab und Gut von vielen, vielen Menschen in unserem Land hat, und deswegen kämpfen wir so energisch für den Schutz unserer Um­welt und für den Schutz unserer Böden und unseres Klimas. (Beifall bei den Grünen.)

Wir wissen auch, dass die Klimakrise gerade armutsgefährdete Menschen ganz besonders trifft. Sie wohnen oft in Mietwohnungen, sie haben oft nicht die finanziellen Möglichkeiten, sich vor der extremen Hitze zu schützen. Sie ha­ben aber auch keine Ersparnisse, wenn Extremwetterereignisse ihre Häuser oder Wohnungen beschädigen, um diese wieder instand zu setzen.

Genau deswegen brauchen diese Menschen jetzt gezielte Unterstützung. Diese geben wir: Die Bundesregierung handelt auch in diesem Fall. Sie haben die Maßnahmen heute in der Früh vorgestellt bekommen, angefangen mit der Aufstockung des Katastrophenfonds. Ich möchte aber jetzt auf den Wohnschirm eingehen, weil der Wohnschirm vor Wohnungsverlust schützt. Seit 2022 gibt es diese Maßnahme des Sozialministeriums für Menschen mit geringem Ein­kommen, die ihre Miete oder ihre Energiekosten nicht mehr stemmen können, denen Delogierung droht. Dieser Wohnschirm hat 100 000 Menschen in einer wirklich prekären Situation geholfen und sie genau davor bewahrt, vor der drohenden Delogierung. Und diesen Wohnschirm erweitern wir jetzt speziell für die Opfer der Hochwasserereignisse.

Wir spannen den Wohnschirm also für Unwetteropfer auf. Es geht um Menschen, deren Wohnung oder Haus derzeit unbewohnbar ist. Sie werden mit einem Pauschalbetrag unterstützt, wenn beispielsweise eine Ersatzwoh­nung gemietet werden muss oder sie in einem Hotel unterkommen müssen. Der genaue Richtsatz wird in den nächsten Tagen durch die Richtlinien des Sozialministeriums festgelegt. Das gilt sowohl für Mieter als auch für Eigentümer von Wohnungen oder Häusern, wie auch sonst als Back-up, wenn keine anderen Hilfsleistungen da sind, um die Wohnung abzusichern. Damit stellen wir sicher, dass niemand in unserem Land wegen der Unwetter wohnungslos wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auch das ist eine Unterstützung, die sozial treffsicher ist. Die spezielle Leistung richtet sich zielgerichtet an Betroffene mit geringem Einkommen. Wir orientieren uns dabei an der Armutsgefährdungsschwelle. Das sichern wir mit zusätzlichen 40 Millionen Euro für den Wohnschirm ab. Für die Erweite­rung steht dieses Budget dann zur Verfügung. Wir haben den Wohnschirm mit 24 Millionen Euro begonnen, er liegt mittlerweile bei 264 Millionen Euro. In Summe stehen diese 264 Millionen Euro jetzt auch flexibel bis Ende 2026 den Menschen, die es brauchen, zur Verfügung.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich freue mich sehr, dass wir auch diese wichtige Maßnahme heute umsetzen können. Die letzten Tage wa­ren hart für viele Menschen in unserem Land, aber Österreich hält zusammen und unterstützt, wenn es hart auf hart kommt. Es war schön zu sehen, wie dieses Land zusammensteht, das macht Mut. Wir wollen mit diesen Maß­nahmen auch dazu beitragen, dass die Betroffenen der Unwetterereig­nisse die Hilfe erhalten, die sie jetzt dringend brauchen, und viele Menschen in unserem Land die Unterstützung erhalten, die sie dringend brauchen. – Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

18.06

Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Abgeordneter Andreas Ottenschläger zu Wort. – Bitte.