19.07
Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich komme nun zurück zur Dienstrechts-Novelle. Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben ja schon die Anpassungen dieser Dienstrechts-Novelle in ihren Grundzügen erläutert. Ich persönlich glaube allerdings, dass die Herausforderungen im Dienstrecht, die wir zu stemmen haben, wesentlich größer sind und da in der kommenden Legislaturperiode noch große Aufgaben auf uns zukommen werden, weil es, glaube ich, bei einer Dienstrechts-Novelle nicht reicht, nur an den kleinen Schrauben zu drehen, sondern wir müssen schauen, dass wir da wirklich einen großen Wurf machen, weil der öffentliche Dienst vor einer ganz besonderen Herausforderung steht.
Ich greife eine Gruppe heraus – Kolleginnen und Kollegen haben diese schon erwähnt –, das ist der Exekutivberuf, das sind die Polizistinnen und Polizisten bei uns im Land. Gerade in diesem Bereich sehe ich ganz besonders große Herausforderungen. Österreichs Polizistinnen und Polizisten tragen ganz besondere Verantwortung in diesem Land, und nur dann, wenn die Politik dafür sorgt, dass die Rahmenbedingungen attraktiv genug sind, wird es uns gelingen, qualifizierte, gute Personen für den Polizeiberuf, für den Dienst bei der Polizei zu gewinnen. (Beifall bei der SPÖ.)
Diese Attraktivierung muss sich ganz deutlich im Dienstrecht abbilden. Die Frau Staatssekretärin hat es gesagt: Wir haben ganz unterschiedliche Herausforderungen in den Regionen. – Bei uns in Vorarlberg ist natürlich die Frage des Gehaltsschemas eine ganz wesentliche. Ich glaube daher, dass wir dabei auf die unterschiedlichen Bedingungen in den Regionen Österreichs Rücksicht nehmen müssen, dass wir den Job attraktiv gestalten, sodass wir eben auch konkurrenzfähig mit der Privatwirtschaft sind und gute Personen bekommen.
Wie groß diese Herausforderung bei der Polizei ist, zeigen uns die Zahlen. Wir haben uns in den letzten Jahren immer wieder die Mühe gemacht, die Zahlen abzufragen. Die Entwicklung im Polizeiberuf ist wirklich dramatisch: Es fehlen bis zu 4 000 Polizistinnen und Polizisten. Wir haben 4 000 Polizistinnen und Polizisten weniger als zu Beginn dieser Periode. Da sage ich immer dazu: dienstbare Polizistinnen und Polizisten, die Dienst auf der Straße machen, die vor Ort da sind und auch in den Einsatz gehen können.
Diese fehlenden 4 000 Polizisten haben eine Folgewirkung: 5 Millionen Überstunden müssen die Polizistinnen und Polizisten leisten, daneben sind es noch 5 Millionen Journalstunden, die sie leisten müssen – also 10 Millionen Stunden Mehrarbeit für die Polizistinnen und Polizisten in diesem Land. Das bürden wir mit der jetzigen Personalsituation den Polizistinnen und Polizisten auf. Da muss wirklich rasch gehandelt werden. Obwohl diese Bundesregierung immer wieder Personaloffensiven versprochen hat, hat sie gegen diese Fehlentwicklung viel zu wenig getan. Es braucht deutlich mehr Polizistinnen und Polizisten in Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)
Daher bringe ich folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Attraktivierung des Polizeiberufs – In Österreich fehlen 4.000 Polizist*innen!“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Inneres, wird aufgefordert, umgehend auf die prekäre Personalsituation bei der Polizei zu reagieren und dem Nationalrat sowie dem Bundesrat ein Maßnahmenpakt zuzuleiten, mit der die Attraktivität des Polizeiberufes nachhaltig gesteigert werden kann und dies auch im Dienstrecht dementsprechend zum Ausdruck zu bringen“.
*****
Meine Damen und Herren, ich bitte um Unterstützung dieses Entschließungsantrages, weil ich glaube, es ist für die Sicherheit in unserem Land ganz elementar, dass wir dementsprechend handeln. (Beifall bei der SPÖ.)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist heute auch meine letzte Rede hier im Haus. Es fühlt sich zwar für mich nicht ganz nach Abschied an – ich sage es ganz ehrlich –, weil ich voraussichtlich ab Oktober im Vorarlberger Landtag tätig sein werde und die politische Bühne nicht verlasse, darum ist es noch nicht ein so starkes Abschiedsgefühl, doch gleichzeitig verspüre ich doch viel Wehmut, nach sieben Jahren heute hier das letzte Mal zu sprechen, weil es eine wunderschöne Zeit war, eine herausfordernde Zeit. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)
Aus diesem Grund möchte ich mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hier im Haus, die uns die tägliche Arbeit ermöglichen und uns entsprechend unterstützen, ganz, ganz herzlich bedanken, ganz speziell natürlich bei meinem Klub, bei den Mitarbeitern des SPÖ-Klubs. – Vielen, vielen Dank für eure Unterstützung, die ihr mir gegeben habt, das Vertrauen, das ihr mir geschenkt habt! Einen Dank an Sie alle für sieben sehr spannende, herausfordernde und bereichernde Jahre – es war für mich ein sehr, sehr großes Privileg, sieben Jahre hier mitgestalten zu dürfen, und eine ganz besondere Ehre, Teil des sozialdemokratischen Klubs zu sein. – Vielen, vielen Dank, danke schön. (Beifall bei SPÖ, Grünen und NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)
19.13
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Unselbständiger Entschließungsantrag
§ 55 GOG-NR
der Abgeordneten Ing. Reinhold Einwallner, Genossinnen und Genossen
betreffend Attraktivierung des Polizeiberufs – In Österreich fehlen 4.000 Polizist*innen!
eingebracht im Zuge der Debatte über Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrpersonen-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz und das Selbständigen-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2024). (TOP 9)
„Immer wieder wird betont, dass Sicherheit ein menschliches Grundbedürfnis ist. In diesem Zusammenhang ist eine funktionierende und regional gut vernetzte Polizei, die umfassend für Ordnung und Sicherheit sorgt, ein wichtiger Grundpfeiler.
Die Herausforderungen für die Exekutive sind in den vergangenen Jahren in einigen Bereichen deutlich gewachsen. Damit sind auch vermehrte Belastungen für die Polizistinnen und Polizisten einhergegangen, vor allem auch deshalb, weil sich die personelle Situation der Polizei in den vergangenen Jahren immer mehr zugespitzt hat.
So ist der dienstbare Personalstand der Polizist*innen in Österreich bis 2023 auf rund 24.600 Beamte*innen gesunken. Die Polizistinnen und Polizisten in Österreich machen pro Jahr circa fünf Millionen ungeplante Überstunden. Das sind pro Person im Durchschnitt ein Monat an Überstunden im Jahr, was die Attraktivität des Polizeiberufs nicht gerade erhöht. Mit den planbaren Überstunden des Journaldiensts werden in der Polizei insgesamt 10 Mio. Überstunden geleistet, was im Schnitt fast 2,5 Monate Mehrdienstleistungen pro Kopf bedeutet.
Trotz der Personaloffensiven des Innenministeriums (BMI) ist die Zahl der „dienstbaren“ Polizeikräfte gesunken. Um diese Fehlentwicklungen auszugleichen, braucht es 4.000 dienstbare Polizist:innen mehr in Österreich! Es bedarf daher einer umfassenden Dienstrechtsreform um den Polizeiberuf zu attraktivieren.
Österreichs Polizist*innen tragen eine besondere Verantwortung für unser Land. Dieser Verantwortung hat auch die Politik gerecht zu werden. Nur wenn die Politik für attraktive Arbeitsbedingungen sorgt, werden sich genügend hoch Qualifizierte junge Menschen für den Polizeidienst melden. Dies erfordert Maßnahmen die auch im Dienstrecht abzubilden sind.
Beispielsweise sind junge Polizist*innen in den ersten vier Jahren in Ausübung ihrer Tätigkeit bei Dienstunfällen nicht vor Kündigungen geschützt. Dies obwohl die Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft steigt und die Anzahl der verletzten Polizist*innen von Jahr zu Jahr steigt.
Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Inneres, wird aufgefordert, umgehend auf die prekäre Personalsituation bei der Polizei zu reagieren und dem Nationalrat sowie dem Bundesrat ein Maßnahmenpakt zuzuleiten, mit der die Attraktivität des Polizeiberufes nachhaltig gesteigert werden kann und dies auch im Dienstrecht zum Ausdruck zu bringen“
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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter, ich darf Ihnen auch im Namen aller Kolleginnen und Kollegen recht herzlich für Ihre Arbeit im Klub danken. Sie setzen die politische Arbeit auf einer anderen Ebene fort: Im föderalen Staat ist es sicherlich gut, wenn man im Landtag auch bundespolitische Erfahrungen einbringt. Ich wünsche Ihnen alle Gute.
Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.
Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Weber. – Sie gelangen zu Wort.