10.36

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Zuseherinnen, liebe Zuseher! Hohes Haus! (Die Rednerin stellt einen helltürkisfar­benen Mistkübel mit der Aufschrift „Ein Budget zum Kübeln.“ auf das Rednerpult. – Abg. Matznetter: Sogar das Türkis ist schon blass! – Gegenruf bei der ÖVP.) Werte Mitglieder der Bundesregierung! (Ruf bei der ÖVP: Eine Oberwitzige!) Sehr geehrter Herr Finanz­minister: „Die Tat wird vergessen, doch das Ergebnis bleibt bestehen.“ – Herr Finanzmi­nister, ich weiß nicht: Sagt Ihnen dieses Statement vielleicht irgendetwas? Kennen Sie das? (Bundesminister Blümel schaut auf sein Smartphone.) – Er hört mir gerade nicht zu. Er müsste es kennen, es stammt nämlich von seinem Lieblingsdichter Ovid. (Zwi­schenruf des Abg. Leichtfried.)

In der Tat, Herr Finanzminister, Sie haben Ihre Arbeit hier verweigert; das wird vielleicht irgendwann einmal vergessen werden, das kann schon sein, aber im Ergebnis werden Sie der erste und der einzige Finanzminister der Zweiten Republik sein, der es nicht geschafft hat, dem Parlament, dessen Abgeordneten, der Republik und den Bürgerinnen und Bürgern Österreichs ein ordentliches Budget vorzulegen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Stattdessen diskutieren wir hier Altpapier. – Herr Finanzminister, das sind eben Ihre Worte. Weil dieses Ergebnis ja bestehen bleibt, möchte ich Ihnen einfach als Erinnerung diesen Papierkorb überreichen (Abg. Leichtfried: Vielleicht kann der Herr Finanzmi­nister kurz aufmerksam sein?!), in den Sie ja Ihr Budget oder Ihre Budgetrede hinein­geschmissen haben. (Die Rednerin stellt den Mistkübel neben Bundesminister Blümel auf den Boden. – Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was sollten wir eigentlich hier diskutieren oder was sollen wir eigentlich machen? – Zu beschließen wäre ein realistischer Bundeshaushalt der Republik Österreich. Gerade jetzt wäre es doch so wichtig für die Wirtschaft, einen richtig guten Fahrplan zu haben, einen Fahrplan auf Sicht zu haben, aber was passiert hier? – Es gibt eben keinen.

Was auch besonders wichtig ist, ist, dass in Zeiten der Unsicherheit jeder seine Aufga­ben kennt und auch jeder seine Verantwortlichkeiten ernst nimmt. Lassen Sie uns einmal kurz darüber reden, wie das normalerweise funktioniert! Der Finanzminister der Repu­blik – und ja, das steht in Ihrer Jobdescription, Herr Finanzminister – ist dafür ver­antwortlich, dass er ein Budget vorlegt. Dieses Budget wird dann im Nationalrat diskutiert und es wird letztendlich am Donnerstag diese Woche abgestimmt. Dieses abgestimmte Budget ist der Haushalt, ist der Rahmen, an den sich die Bundesregierung dann zu halten hat; darüber muss sie auch Rechenschaft ablegen. Die Rolle des Nationalrates, dieses Hauses ist, dass hier kontrolliert wird, dass diese Verwendungen begleitend kontrolliert werden.

Das sind die Spielregeln – die sind nicht von uns –; das ist das, was in der Verfassung vorgesehen ist. Leider können wir uns aber auf diese demokratisch bewährten Spiel­regeln im Augenblick nicht verlassen. Meine Damen und Herren, Sie wissen alle, warum das so ist: weil sich nämlich der Finanzminister hierherstellt und ein Altpapier diskutieren lässt – ein Altpapier mit Zahlen von vor Corona. Wir finden das nicht gut, das ärgert mich wirklich.

Es ärgert mich auch, Herr Abgeordneter Kopf, wenn Sie dann sagen, das sei alles se­riös. – Das ist es eben nicht. Es gibt Zahlen und diese Zahlen könnten eingearbeitet werden. Es gibt Zahlen, die hier vorgelegt werden könnten. Man schickt aktuellere Zah­len nach Brüssel, aber was man nicht macht, ist, dass man diese dem Parlament vorlegt. Den Nationalrat lässt man über Altpapier – und das sind die Worte Ihres Herrn Finanz­ministers – diskutieren. Da frage ich mich schon, wie der Parlamentarismus von dieser Truppe um Kurz gelebt wird, und ich sage, er wird nicht gut gelebt und die Demokratie, die Spielregeln werden mit Füßen getreten. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ehrlich, ich habe mich auch gefragt – es ist ja nicht so, dass wir hier nicht Vorschläge liefern wollen –: Gibt es einen guten Grund dafür, warum es so läuft, wie es im Augen­blick läuft? Dann fragt man nach und hört das Zitat vom Finanzminister, das ja sein Credo ist: Aktuell sind leider alle Zahlen falsch, deshalb lohnt es sich nicht, ein ordentliches Budget vorzulegen! – Das ist gelinde gesagt absurd, das ist eine Frechheit!

Ganz im Ernst, Herr Finanzminister, stellen wir uns einmal vor, Sie wären in der Privat­wirtschaft tätig, Sie wären der CFO oder der Finanzvorstand von einem Unternehmen, das jetzt wegen der Krise einen Kredit braucht. Dann gehen Sie zu Ihrer Bank und stehen dem Bankberater gegenüber, der Sie dann fragt: Wie schaut es denn mit den aktuellen Zahlen aus?, und Sie sagen zu ihm: Puh, weiß ich nicht, die Zahlen sind eh alle falsch, hat mich nicht gefreut! – Dann fragt er Sie vielleicht noch: Haben Sie einen Plan? Wie sind denn die Prognosen für die Zukunft?, und Sie antworten ihm darauf: Hm, na ja, eh alles falsch, keine Ahnung, weiß ich auch nicht!

Was wird dann passieren? – Er wird Sie heimschicken, er wird Sie ohne einen Cent heimschicken. Was wird noch passieren? – Ihre Geschäftsführung oder Ihr Aufsichtsrat, je nachdem, wird Sie kündigen, und das zu Recht, und er wird sich nach einer fähigeren Person umsehen, die das dann erledigt. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ganz im Ernst: Ich würde mir das ehrlich gesagt heute und hier auch wünschen, aber richtig, wir sind ja nicht im realen Leben, wir sind ja hier im Parlament, und da geht es ja dann noch einen Schritt weiter: Als Finanzminister holt man sich dann auch noch eine Überschreitungsermächtigung über 28 Milliarden Euro – freihändig und natürlich wieder einmal ohne parlamentarische Kontrolle kann dieses Geld vergeben werden, denn das wird ja schon wieder vorbeischlawinert. (Abg. Wöginger: Das stimmt ja gar nicht!) – Natürlich stimmt das, natürlich! (Abg. Wöginger: Das stimmt überhaupt nicht! Das ist schlicht und einfach falsch! Sie sind Abgeordnete und behaupten die Unwahrheit!) – Herr Wöginger, mäßigen Sie sich ein bisschen (Abg. Wöginger: Sie auch!), zu Ihnen komme ich auch noch! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Was wir brauchen, was wir wollen, was wir auch verhandeln, was wir als Opposition vorgeschlagen haben, ist ein Budgetunterausschuss für eine begleitende Kontrolle. Was machen Sie als Bundesregierung? – Die Bundesregierung geht her und junktimiert, indem sie sagt: Ja, ihr könnt schon einen haben, aber nur dann, wenn ihr in den Cofag-Beirat geht! – Ganz im Ernst: Dieser Cofag-Beirat hat mit parlamentarischer Kontrolle einfach nichts zu tun! (Beifall bei den NEOS.)

Ich glaube, man muss es noch einmal erklären, denn von außen betrachtet denkt man sich vielleicht: Warum gehen die da nicht hinein? Da hätten sie doch gute Chancen, sich die Zahlen anzuschauen! – Es gibt zwei Punkte, die wir da als Opposition kritisieren. Der eine Punkt ist der: Es wird nur ein Teil der Gelder, die in der Krise vergeben werden, in diesem Beirat untersucht. Der zweite Punkt, der eigentlich noch schwerwiegender ist: Man unterliegt in dem Beirat strenger Geheimhaltung. Das heißt, das hat nichts mit parla­mentarischer Kontrolle zu tun. Wir reden über Steuergelder, die ausgegeben werden, und da braucht es einen anderen Zugang.

Dieser Cofag-Beirat ist ein zahnloser Tiger und ein Ablenkungsmanöver, damit man eben die Opposition vollkommen ohnmächtig und geknebelt als Feigenblatt mit ins Boot holt, um dann letztendlich sagen zu können: Ihr wart ja eh alle dabei! – Ganz ehrlich: So geht es nicht! (Beifall bei den NEOS.)

Ja, es gibt auch kleine Schritte in die richtige Richtung. So haben wir zum Beispiel mit einem NEOS-Vorschlag, einem Antrag von uns, erreicht, mehr Transparenz zumindest in den monatlichen Berichten zu schaffen. Das ist ein guter Schritt in die richtige Rich­tung, und ich möchte mich da auch noch einmal ganz herzlich beim Budgetdienst be­danken, der die Vorlage dafür geliefert hat. Das, meine Damen und Herren, wäre ei­gentlich das, was wir hier in diesem Hause machen sollten; das ist eigentlich der Job, den wir Abgeordnete in diesem Haus haben.

Meine Damen und Herren vor allem von der ÖVP, aber auch von den Grünen, deswegen bitte ich Sie, deswegen appelliere ich auch an Sie: Stimmen Sie diesem Budgetunter­ausschuss zu, denn da kann man wirklich die gesamten Gelder gut kontrollieren!

Herr Klubobmann Wöginger – weil wir vorhin schon geredet haben – und auch Klubob­frau Maurer: Sie haben hier eine Verantwortung auch Ihrem Team gegenüber, Ihren Abgeordneten gegenüber, denn Sie fordern sie praktisch auf, zu Mittätern zu werden, und das ist nicht das, was wir im Parlamentarismus brauchen. Sie brauchen doch nicht alle Stöckchen, die Ihnen die Regierung zuwirft, sofort zu apportieren, einfach alles ab­zuwinken und durchzuwinken, was gemacht wird. Das ist nicht die Aufgabe von einem Parlamentarier! Dafür werden Sie wirklich nicht bezahlt.

Wir, die gesammelte Opposition, fordern von Ihnen eine ordentliche, begleitende demo­kratische Kontrolle durch einen Budgetunterausschuss – und das jetzt und sofort und nicht junktimiert mit irgendetwas anderem. Es ist nicht akzeptabel, was hier gerade ab­geht. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Abschließend bleibt mir noch eines, etwas sehr Schönes: Ich möchte allen Maturantin­nen und Maturanten – darauf vergessen wir nämlich, die sitzen seit heute in der Früh und schreiben Maturaarbeiten – wirklich alles, alles Gute wünschen und ihnen sagen: Ihr macht einen super Job, ihr macht wirklich einen super Job in dieser absoluten Aus­nahmesituation!

Daran schließe ich noch einen Wunsch an: Ich würde mir nämlich wünschen, dass das gleiche Engagement bei unserem Finanzminister zu sehen wäre. Ich möchte ihm aber noch eine letzte Möglichkeit geben, daran zu arbeiten, und zwar indem ich heute einen Antrag stelle, nämlich einen Rückverweisungsantrag zur Rückverweisung des Budgets an den Budgetausschuss, um dem Bundesminister für Finanzen die Möglichkeit zu ge­ben, seine Versäumnisse aufzuholen und dem Nationalrat doch noch ein aktuelles Bud­get vorzulegen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

10.45

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete, der Antrag liegt uns nicht vor. (Abg. Scherak: Der kommt später!) – Gut.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Herr Klubobmann Wö­ginger. (Rufe bei der SPÖ: Oje!)