17.43

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! (Abg. Gabriela Schwarz: Er hat ein Buch mit!) Ja, ich habe ein Buch mit, und das Buch wird Sie freuen – vielleicht kennen Sie es sogar.

Ich möchte aber noch etwas anderes sagen. Es wurde die Gesundheitskrise angespro­chen, ja, die Wirtschaftskrise angesprochen, dazu gibt es noch viel zu sagen, aber – und das ist meine Befürchtung – wir schlittern auch in eine Demokratiekrise und in eine Eu­ropakrise.

Warum Demokratiekrise? – Ich verstehe ja eine Bundesregierung, die sagt, wir haben sehr, sehr viel gut gemacht – na selbstverständlich! –, was ich aber nicht verstehe, Herr Wöginger, ist, wenn Sie sagen, es kann ja nicht sein, dass man hier etwas kritisiert! – Wir leben doch davon, dass wir uns miteinander auseinandersetzen, dass wir vonein­ander lernen, und dazu gehört auch Kritik. Diesbezüglich habe ich auch einen Zeugen mitgebracht, nämlich Herrn Professor Sprenger, der eine Zeit lang beratend tätig war. Der hat schon Folgendes gesagt: „Aber wir haben diese Zeit nicht genutzt, um das Wis­sen zu generieren“, das wir für künftiges Risikomanagement brauchen.

Wenn man also in einer Krise so regiert, dass man sagt, wir haben immer recht und diejenigen, die uns nicht zustimmen, haben unrecht, dann werden wir nicht weiterkom­men.

Damit bin ich bei der nächsten Krise, und die betrifft mich in professioneller Hinsicht leider nicht mehr – ich war sehr, sehr gerne Journalist –, aber als Staatsbürger betrifft sie mich natürlich: Wir haben eine Medienkrise im Land. Wenn es so ist, dass man nur jene Medien mit Millionen Euro ausstattet, die jeden Tag schreiben, was man will, und jene Medien aushungert, die kritisch sind, dann werden wir in eine ernsthafte Demokra­tiekrise kommen. Ich möchte vorschlagen, dass man das nachvollzieht, was Angela Merkel – sie ist, glaube ich, bekannt – sagt:

„Freiheit bedeutet auch immer, die Meinungen und Überzeugungen anderer wahrzuneh­men und wertzuschätzen. Und das bedeutet gleichzeitig, das eigene Denken und alte Gewissheiten immer wieder auf den Prüfstand zu stellen.“ – Das ist die Aufgabe von Journalisten. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.) – Danke.

Ich weiß – darüber werde ich auch noch viel reden und schreiben –, wie Journalisten in diesem Land unter Druck gesetzt werden. Gewisse Dinge nicht mehr zu sagen, ist de­mokratiegefährdend. – So.

Jetzt bin ich bei Alois Mock. Das (der Redner hält ein Exemplar des Buches mit dem Titel „Alois Mock. Ein Politiker schreibt Geschichte“ in die Höhe) ist ein wunderbares Buch; Herr Bundeskanzler (Abg. Belakowitsch: Er hat es noch nicht gesehen!), ich kann wirklich empfehlen, es zu lesen. Martin Eichtinger und Helmut Wohnout haben es ge­schrieben und haben diesen für mich sehr beeindruckenden Mann sehr gut beschrieben. Aber sie zitieren ihn auch. (Zwischenruf des Abg. Fürlinger.) – Wie bitte? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Fürlinger.) – Ja, ich schreibe ohnehin gerade wieder ein Buch, ich werde aber erst im Herbst daraus vorlesen; das werde ich aber gerne machen. (Abg. Kirchbaumer: ... Werbung für eigene Zwecke! Frechheit ...! – Unruhe im Saal. – Zwi­schenruf des Abg. Matznetter.) – Zuhören!

Es geht um Alois Mock, den ich geschätzt habe, weil er die christliche Soziallehre nicht nur gelesen und verstanden hat, sondern weil er sie gelebt hat – und da gehören zwei wesentliche Worte dazu: Das sind natürlich Subsidiarität und Solidarität.

Alois Mock hat in den 1960er-Jahren und 1970er-Jahren schon Aufsätze für das vereinte Europa geschrieben, auch geschrieben, warum Österreich diesem beitreten soll, und hier in diesem schönen Buch wird er folgendermaßen zitiert:

„Das Engagement Österreichs für die gesamteuropäische Zusammenarbeit und darüber hinaus für die europäische politische und wirtschaftliche Einheit ist eine Aufgabe, die seiner historisch-integrativen Rolle, seiner wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen In­teressenlage entspricht.“ – Es entspricht unserer Interessenlage, dass wir das tun.

Damit sind wir wieder bei der Wirtschaftskrise: Wer hierher kommt und sagt, dass wir die Wirtschaftskrise ohne die EU bewältigen werden, sagt den Menschen die Unwahrheit, und das ist gefährlich. Wer hier sagt, dass die EU uns daran hindert, Förderungen aus­zuzahlen, sagt bitte die Unwahrheit. – Frau Kommissarin Vestager hat Gott sei Dank einen sehr deutlichen, sehr belehrenden Brief an den Finanzminister geschrieben, in dem sie ihm erklärt hat, es liegt nicht an der EU, sondern es liegt an ihm, wenn er nicht in der Lage ist, die richtigen Förderungen auszuzahlen.

Deswegen glaube ich so sehr an Alois Mock und bitte die ÖVP, sich mehr an ihm zu orientieren. Warum? – Weil es nicht mehr nur um Nationalismus geht – ich halte auch Nationalismus für schlecht –, sondern was ich im Moment in österreichischen und in an­deren Regierungen spüre, ist eine Form von Chauvinismus, und das bedeutet, die an­deren schlechter zu machen, um sich zu erhöhen. Das haben wir nicht notwendig! (Bei­fall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

So schlecht sind wir nicht, so schwach sind wir nicht. Wir müssen nicht die EU-Kom­mission beschuldigen, dass sie uns an etwas hindert, wir müssen das Richtige tun – gemeinsam in Europa, solidarisch in Europa. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.48

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Michael Bernhard. – Herr Abgeordneter, Sie haben noch 4 Minuten Redezeit. Bitte.