20.40

Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Mag. Alexander Schallen­berg, LL.M.: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abge­ordnete! Erlauben Sie mir ein paar allgemeine Bemerkungen zum Budget des Außenmi­nisteriums und zur jetzigen Situation, mit der wir alle hier konfrontiert sind – der Corona­pandemie. Gleich eines ganz klar vorweg, um klarzumachen und klarzustellen: Das vor­liegende Budget ist keinesfalls ein Fakebudget, dieses Budget bietet für das Außen­ministerium eine sehr stabile und verlässliche Grundlage für unsere Arbeit in den nächs­ten Monaten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Mit dem vorliegenden Budget können wir für 2020 sicherstellen, dass das Vertretungs­netz und die Zentrale ihre Aufgaben im Dienste der Bürgerinnen und Bürger sowie der Wirtschaft im Ausland – sehr wichtiges Thema – wahrnehmen können; dass wir auch unseren internationalen Verpflichtungen, das wird oft vergessen, nämlich zum Beispiel in Beiträgen für internationale Organisationen nachkommen können; und – und das er­freut mich besonders – dass die Entwicklungszusammenarbeit der Austrian Develop­ment Agency nicht nur marginal, sondern wesentlich gestärkt wird, indem die diesbe­züglichen Mittel gegenüber dem Vorjahr um fast 12 Millionen Euro aufgestockt werden und – das ist gerade in dieser Phase jetzt wichtig – auch die internationale humanitäre Hilfe ausgebaut wird, indem der Auslandskatastrophenfonds heuer um 10 Millionen Euro auf 25 Millionen Euro aufgestockt wird.

Ich muss auch dazusagen, dass ich immer sehr dagegen bin, dass man Hilfe gegen­einander ausspielt. Wir bemascheln Hilfe nicht doppelt oder dreifach, Hilfe ist Hilfe. Wenn wir jetzt irgendein Wasserprojekt haben, zum Beispiel in Idlib, dann kann man das ge­nauso als Coronahilfe, als Perspektivenhilfe oder sogar als Beitrag, damit die Menschen vor Ort eine Perspektive (Zwischenruf bei der SPÖ) haben und sich nicht auf Migra­tionswege begeben, ansehen. Also das ist keine Doppelbemaschelung, sondern einfach eine realistische Betrachtung der Arbeit, die wir tun.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in Wirklichkeit gab es für das Außenminis­terium nie einen Lockdown, in Wahrheit sind wir seit Anfang des Jahres konstant im Krisenbewältigungsmodus: zuerst zum Jahreswechsel durch einen massiven Angriff auf die Cyberinfrastruktur des Außenministeriums, den wir dank schnellen Handelns und Erkennens durch große Anstrengungen abwehren konnten. Mit dem vorliegenden Bud­get kann nicht nur gewährleistet werden, dass wir die Mehrkosten für die Bewältigung dieser Cyberattacke von rund 2 Millionen Euro aus eigenen Mitteln stemmen können, sondern – was noch viel wichtiger ist – dass wir die gleiche Summe, nämlich wiederum 2 Millionen Euro, zur Verfügung haben, um sie in die künftige Stärkung unserer IT-Si­cherheitsarchitektur investieren zu können.

Jetzt stehen wir, so wie die gesamte Weltgemeinschaft, durch die Coronapandemie mit­ten in der Bewältigung einer zweiten globalen Krise. Natürlich dominiert diese Pandemie derzeit unser Handeln und sie hat natürlich auch einen maßgeblichen Einfluss auf un­sere budgetäre Situation. Aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds wurden meinem Ministerium außerordentliche Mittel von bis zu 26,3 Millionen Euro zur Verfügung ge­stellt. Diese Mittel setzen wir ganz gezielt zur Abdeckung der durch die Krise entstande­nen zusätzlichen Mehrkosten ein.

Das betrifft natürlich – und das wurde auch schon erwähnt – die weltumfassende, bis­lang größte in der Geschichte des Ministeriums durchgeführte Rückholaktion aller Rei­senden aus Österreich, die zu Beginn der Krise in eigentlich allen Ländern dieser Welt mehr oder weniger verstreut festsaßen und gestrandet waren. Es wurde auch bereits erwähnt: 39 Repatriierungsflüge aus 29 Ländern auf fünf Kontinenten; über 7 500 Men­schen wurden mitgenommen; und – das ist mir auch wichtig – wir haben bei dieser Hilfs­aktion und Rückholaktion auch immer solidarisch gearbeitet. Wir haben über 1 500 Men­schen aus anderen Staaten mitgenommen – nicht nur EU-Bürger, auch EWR-Bürger, Bürger aus den Westbalkanstaaten, also das war eigentlich fast, wenn man so will, eine europäische Rückholaktion, die wir da durchgeführt haben. Ich muss auch betonen, dass das eine logistische Meisterleistung war, an der das gesamte Ministerium, die Vertre­tungsbehörden und die Zentrale, mitgewirkt haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Erlauben Sie mir daher, hier im Hohen Haus in diesem Zusammenhang vielleicht auch noch eine ganz grundsätzliche Lehre aus dieser Krise festzuhalten: Die Coronapande­mie hat für mich jetzt neuerlich mehr als deutlich gemacht, dass ein Land wie Österreich einfach nicht auf ein starkes, eigenes Vertretungsnetzwerk im Ausland verzichten kann (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von FPÖ, Grünen und NEOS), denn wenn es wie in dieser Krise hart auf hart kommt, dann sind unsere Botschaften und Konsulate im Ausland nicht Luxus, sondern in Wirklichkeit die Lebensversicherung für Bürgerinnen und Bürger, die vielleicht in Not geraten sind. Das ist etwas, was wir uns, glaube ich, gerade als mittelgroßer Staat, wie wir uns selber bezeichnen, als Exportnation, die 6 von 10 Euro am Export verdient, immer wieder vor Augen führen müssen, nämlich dass wir dafür Sorge tragen müssen – das können wir mit diesem Budget –, dass wir ein Ver­tretungsnetz haben, auf das wir zurückgreifen können. Es erst dann aufzubauen, wenn man in der Krise ist, ist eigentlich meistens zu spät.

Es waren letzten Endes nämlich unsere Botschaften in Lima, Kuala Lumpur, Canberra und Peking, die diese Rückholaktion organisiert haben, die dafür gesorgt haben, dass die Bürger überhaupt ihre Hotels und Quartiere verlassen und zum Flughafen kommen konnten, obwohl vielleicht lokal strengster Lockdown herrschte, die am Höhepunkt der Krise dafür gesorgt haben, dass es Landegenehmigungen und Exportgenehmigungen gab, als es darum ging, dringend benötigtes medizinisches Material nach Österreich zu bringen.

Auch in der jetzigen Phase der schrittweisen Lockerungen, des Hochfahrens unserer Wirtschaft, des schrittweise Wiederherstellens unserer Reisefreiheit – ein sehr wichtiges Thema – haben die Botschaften und Konsulate eine sehr wesentliche Rolle. Sie sind die Augen und Ohren der Republik, die beobachten, was andere Staaten machen, was woanders vielleicht erfolgreich ist, was wir für uns auch übernehmen könnten, und sie sind die Stellen, die sicherstellen, dass dieses Hochfahren gerade auch innerhalb der Europäischen Union koordiniert vonstattengeht. Das ist etwas sehr Wichtiges. Ich möch­te daher diese Gelegenheit hier im Hohen Haus auch ausdrücklich dafür nützen, um allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meines Ministeriums meinen allerherzlichsten persönlichen Dank für die großartige Arbeit in den letzten Monaten auszusprechen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, FPÖ, Grünen und NEOS.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube – und der Herr Vizekanzler hat das vorhin auch schon gesagt –, dass wir eigentlich stolz sein können, stolz darauf, wie wir bis jetzt gemeinsam diese Krisensituation bewältigt haben. Das merke ich während mei­ner täglichen Telefonate und Videokonferenzen mit Amtskollegen aus der ganzen Welt, aber auch zum Beispiel während meiner sehr häufigen Gespräche mit den Generaldirek­toren der internationalen Organisationen hier in Wien. Viele von ihnen haben mir immer wieder erklärt, wie glücklich sie eigentlich sind, dass sie mit ihren Familien diese Kri­senphase in Österreich verbringen konnten und nicht woanders waren.

Die professionelle Krisenbewältigung, die wir in den letzten zwei Monaten an den Tag gelegt haben, hat – und davon bin ich überzeugt – unsere internationale Position in der Welt merklich aufgewertet und sie hat im Grunde genommen auch unseren Marktwert als international verlässlicher Standort für die Organisationen hier in Wien gestärkt.

Wir wissen aber alle, dass die Coronakrise noch nicht vorbei ist und dass wir ihre Aus­wirkungen noch lange spüren werden. Gerade auch die Bewältigung der internationalen Aspekte der Krise werden uns noch sehr intensiv beschäftigen, gemeinsam mit unseren Nachbarn – ein wesentlicher Punkt, der jetzt vielleicht in der Außenpolitik stärker nach vorne getreten ist, ist die aktive Nachbarschaftspolitik, die jetzt zentral ist, um das Wie­derhochfahren zu gestalten –, aber auch mit unseren europäischen Partnern und darü­ber hinaus auch im Rahmen der multilateralen Zusammenarbeit oder im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit sowie der humanitären Nothilfe.

Ich glaube, das Thema, wie wir damit umgehen und wie die Außenpolitik und Europa­politik postcorona ausschaut, wäre ein guter Gegenstand einer eigenen Debatte, und darüber machen wir uns im Außenministerium schon sehr aktiv Gedanken. Ich bin aber zuversichtlich – und es wurde vorher auch schon angesprochen –, dass uns auch diese Kraftanstrengung gemeinsam gelingen wird. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.49

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Martin En­gelberg. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.