9.25
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Guten Morgen, Frau Ministerin! Guten Morgen, Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte mich zum Umweltbudget, zur UG 43 zu Wort melden und mit einem Gedankenexperiment beginnen, damit Sie verstehen, aus welcher Perspektive ich auf das Umweltbudget ein Stück weit schaue.
Stellen Sie sich vor, wir würden über die Finanzierung unserer Schulen sprechen und akzeptieren, dass jedes zweite Kind einen Platz in der Schule bekommt, oder stellen Sie sich vor, wir würden über die Gesundheitspolitik sprechen und jeder dritte Patient bekommt ein Bett im Krankenhaus, wenn er es braucht! So betrachten wir im Moment die Umweltpolitik. Wir akzeptieren, dass unser politisches Handeln – und ich rede wirklich vom politischen Handeln – das Artensterben unterstützt, den Klimawandel nicht ausreichend bekämpft, und wir sagen: Das vorgelegte Budget macht es weniger schlimm als das letzte Budget und auch weniger schlimm als das vorletzte Budget.
In anderen Bereichen würden wir das gesellschaftlich nicht akzeptieren. Ich glaube auch, dass die Menschen in unserem Land das nicht akzeptieren wollen. Darf man den entsprechenden Umfragen Glauben schenken, dann gibt es in Österreich eine breite Mehrheit dafür, dass wir den Wert unserer Natur, den Wert unserer Umwelt entsprechend achten und auch finanzieren und gegen den Klimawandel massiv und entschieden auftreten.
Dieses Budget unterstützt aber nicht die Mehrheitsmeinung, sondern dieses Budget versucht, nur ein bisschen besser zu sein als das letzte Budget. Genau da vergibt man im doppelten Sinn eine Chance: Teilt die aus ÖVP und Grünen bestehende Regierung nicht diese Perspektive, dass der Ansatz der Politik sein muss, dass man nicht schädigend wirkt, dass man unsere Natur, unsere Artenvielfalt entsprechend erhält oder auch wieder ausbaut und dem Klimawandel entschieden entgegentritt, dann gibt es noch eine zweite Chance, die damit vergeben wird, nämlich aus der bestehenden Wirtschafts- und Arbeitsmarktkrise einen Nutzen für die Menschen zu bringen.
Man muss sich einfach auch ganz konkrete Gedanken machen: Es wird die Wirtschaftskrise eine veränderte Landschaft hinterlassen, nämlich genau dort, wo vorher schon Wandel stattgefunden hat, dort, wo wir in unserem Energiesystem im Umbruch waren, dort, wo wir in unserem Verständnis von Mobilität im Umbruch waren, dort, wo wir im Umbruch betreffend die Frage von Kreislaufwirtschaft und vielen anderen Dingen waren. Es gibt keine vollständigen Zahlen, aber wenn wir uns dann Gedanken darüber machen, wie denn unsere Zukunft ausschaut und wie wir vielleicht beschleunigt in diese Zukunft kommen können, dann gibt es Themen auf dem Weg dorthin, die wir wirklich auch in Angriff nehmen können, beispielsweise ein vorgezogener Ausbau der Fotovoltaik. Da gibt es ganz konkrete Studien aus Deutschland, die von der WU auch für Österreich umgerechnet worden sind und die besagen, dass wir, wenn wir alleine im Fotovoltaikbereich unsere Ziele früher erreichen, regional 200 000 neue Jobs schaffen.
Wir reden derzeit von einer Arbeitsmarktkrise bei 1,3 Millionen Menschen in Kurzarbeit und 530 000 Menschen in Arbeitslosigkeit, und wir vergeben mit diesem Budget die Chance, 200 000 neue Jobs zu schaffen; zumindest ist das der aktuelle Blick.
Geht man weiter und sagt, die Regierung hat beschlossen, sie möchte bis 2040 klimaneutral sein – das haben wir als NEOS unterstützt –, dann bedeutet das, dass man einen Pfad braucht, um alle Gebäude bis zum Jahr 2040, soweit es mit Denkmalschutz und allem Drumherum möglich ist, auch wirklich klimafit und klimaneutral zu machen. Das bedeutet, wir müssen die Rate bei thermischer Sanierung bedeutend erhöhen. Das finde ich in diesem Ausmaß aber nicht im Budget. Würde man das machen, würde das wieder Zigtausend Jobs im regionalen Bereich ermöglichen.
Ein dritter Bereich, der – und das muss man anerkennen – vonseiten der Regierung erweitert worden ist, ist jener der Erneuerung von Heizungsanlagen, allen voran von Ölheizungen, aber nicht nur diese. Auch da werden viele regionale Jobs geschaffen. Warum ist dieser Bereich so besonders wichtig? – Weil er nicht ausschließlich über staatliche Zuwendungen funktioniert, sondern weil man mit jeder politischen Maßnahme, die wir treffen, einen Hebel hat, um private Investitionen zu ermöglichen. Das heißt, ein kleiner Einsatz von Steuermitteln erhöht tatsächlich den Bereich, den wir auf unserer Ebene haben.
Wenn wir jetzt aber wieder in den Umweltbereich zurückgehen und betreffend Mobilität und Kreislaufwirtschaft auch breiter denken, dann kommen wir sofort zu einem zweiten Thema: Schaffen wir diese Jobs der Zukunft! Hätten wir also nicht so ein Budget, das akzeptiert, dass wir weiter unsere Umwelt, unsere Natur schädigen, dann gäbe es nicht jene Menschen – die wir eigentlich brauchen –, die diese Jobs annehmen müssten. Es bräuchte demnach – und das wäre aus meiner Sicht auch eine Chance in der jetzigen Krise – eine Qualifizierungsoffensive. Es gibt viele arbeitslose Menschen – und ich kenne auch ganz persönlich Menschen, die derzeit durch die Krise von Arbeitslosigkeit betroffen sind –, die eine Qualifizierungsoffensive dankbar annehmen würden, die jetzt beispielsweise Nachrichtentechniker sind und zu einem Installateur für Fotovoltaikanlagen ausgebildet werden könnten. Da gibt es ein tolles Zukunftsfeld, und genau da könnte man jetzt in der Krise entsprechend entgegenwirken.
Aus der Perspektive des Umweltschutzes braucht es Investitionen in die Zukunft, und die fehlen in diesem Budget. Ich erwarte mir, dass im nächsten Budget in Bezug darauf etwas anderes vorgelegt wird. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
9.31
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Gewessler. – Bitte.