14.41

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Rudolf Anschober: Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zu einigen Ausfüh­rungen nun ein paar Reaktionen, Klarstellungen und Antworten von meiner Seite. Es ist, glaube ich, für einen guten Diskurs im Nationalrat wichtig, dass wir aufeinander eingehen.

Kollege Kucher hat die Frage der Pflegelehre zum Thema gemacht; von meiner Seite gibt es da eine sehr deutliche Klarstellung: In dieser Legislaturperiode wird es in Öster­reich eine Pflegelehre, in der Jugendliche mit 15 Jahren mit Patienten und am Patienten arbeiten, eine Pflegelehre, bei der es sich um schlechte Qualifizierung und um schlech­ten Lohn handelt, nicht geben. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Es wird hingegen an einem Modell gearbeitet, bei dem wir in Richtung einer guten Qua­lifikation, eines neuen Ausbildungsmodells für junge Menschen gehen. Wir bereiten das vor und arbeiten daran, damit es eine zusätzliche Zugangsmöglichkeit gibt. Das halte ich für richtig, aber unter den Bedingungen, die ich vorhin genannt habe, das ist ganz we­sentlich und zentral. (Abg. Kucher: Die Fachgesellschaften lehnen das also ab?) – Du weißt das so gut wie ich, um auf deinen Zwischenruf noch einzugehen: Die klassische Pflegelehre, die einer Lehre entsprechen würde und bei der man mit 15 Jahren beginnt, am Patienten und mit dem Patienten zu arbeiten, wird von den Fachgesellschaften ab­gelehnt, aber genau dieses Modell wird es nicht geben.

Wir wollen stattdessen ein neues Modell, das sich schon ein bisschen in Richtung Schweiz orientiert, für das wir aber neue Eckpfeiler erarbeiten wollen. Wir wollen bessere Zugangsmöglichkeiten für neue Interessentengruppen im Hinblick auf diese 75 000 Men­schen, die wir in Österreich im Bereich der Pflege zusätzlich brauchen. Das wollen wir erarbeiten, dieser Arbeitsprozess ist bereits im Laufen, und ich kann gerne im zustän­digen Ausschuss ein Gespräch mit euch führen. Mir ist es nämlich wichtig, dass wir da nicht aneinander vorbeireden, sondern ich glaube, wir haben ja ähnliche Interessenla­gen, die wir bestmöglich zusammenbringen sollten.

Das ist also das eine Thema, ein anderes ist das, was Kollege Ries in seinem Rede­beitrag angesprochen hat. Danke dafür, dass die Stopp-Corona-App zum Thema ge­macht wurde. Ich habe dadurch die Möglichkeit, auch dazu zu sprechen, ich mache das sehr, sehr gerne, denn wir brauchen das. Es wird Ihnen aufgefallen sein, dass sich die Positionierung der Bundesregierung sehr, sehr klar in jene Richtung bewegt hat, dass es eben keine Zwangsapp in Österreich geben wird, und mir ist das wichtig. Das ist ein wichtiger Schritt der Bundesregierung, dass es eine freiwillige App zur Ergänzung un­serer Contact-Tracing-Maßnahmen, die wir realisieren, geben wird.

Da wird es viele Informationen geben, denn, Sie haben völlig recht, da gibt es Informa­tionsbedarf. Viele Bürgerinnen und Bürger sind durch die Diskussion, ob die App jetzt Zwang ist oder nicht und was das für sie persönlich bedeutet, verunsichert – und da hilft nur Information, ich denke, da haben wir die gleiche Positionierung. Das wollen wir um­setzen, und Sie werden dazu schon nächste Woche einiges hören.

Das Rote Kreuz ist derzeit mit der Optimierung dieser App und dieses freiwilligen An­gebots in der Schlussphase, das sollte ab 15. Juni alles abgeschlossen und fertig sein. Auch dazu gibt es dann im Ausschuss gerne noch einmal eine Präsentation, damit wir uns gemeinsam die Details ansehen können.

Kollege Eypeltauer hat, wie ich finde, ein paar sehr wesentliche Maßnahmen ange­sprochen, unter anderem die Frage der Finanzbildung. Was wir brauchen, sind mündige Konsumentinnen und Konsumenten, die stark auftreten, und dafür braucht es Informa­tion, Bildung und Ausbildung. Ich gebe Ihnen da zu 100 Prozent recht, da stehen wir auf derselben Seite. Wir wollen das in den nächsten Jahren stark ausbauen, denn wir sind in Österreich sicher nicht dort, wo wir sein sollten. Die Stärkung des Konsumenten ge­schieht durch Information, dann kann er seine Macht auch tatsächlich einsetzen und benutzen, da gehen wir in eine ähnliche Richtung.

Was Kollege Vogl angesprochen hat – ich glaube, es war Kollege Vogl –, ist die Frage der Reisefreiheiten, nämlich welche Problemsituationen sich damit für Maturantinnen und Maturanten bei Maturareisen ergeben: Ja, die wird es geben, es sind in diesem Zusammenhang noch viele Fragen offen. Was wir sichergestellt und klargestellt haben, ist, dass sich der VKI auch um diese Gruppe unterstützend kümmern wird.

Ich glaube, der VKI ist in diesem Haus, das merke ich mit großer Freude, allseits als unsere wichtige Konsumentenschutzorganisation in Österreich geachtet und respektiert. Es ist mir deswegen auch sehr, sehr wichtig, festzuhalten, dass wir beim Absichern und Weiterentwickeln dieser wichtigen Organisation und dieser großartigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dafür sorgen, dass der VKI stark ist, ganz gut unterwegs sind. Unser gemeinsames Anliegen wird die langfristige finanzielle Absicherung sein, daran arbeiten wir, das muss garantiert sein – alles andere wäre aus meiner Sicht eine Katastrophe, da würden wir den Konsumentenschutz schwächen.

Der VKI ist für mich in Österreich unersetzbar, den brauchen wir als starke Organisation, und dafür arbeiten wir. Es gibt mittlerweile einen neuen Geschäftsführer, und in der nächsten Sitzung des Ausschusses für Konsumentenschutz können wir uns gerne anse­hen, wie die Weiterentwicklung aussieht, was der Geschäftsführer vorhat et cetera. (Bei­fall bei Grünen und SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Mein vorletzter Punkt betrifft die Schuldnerberatung, die von dir, Kollege Vogl – wir kön­nen ja auch im Plenum Du sagen – thematisiert wurde, sie ist ganz, ganz wichtig. Die Schuldnerberatung ist ein zentraler Punkt, und in Zeiten wie diesen wird sie eine noch viel wichtigere Funktion haben. Wir sind derzeit mit der Schuldnerberatung im Gespräch, und ich will auf jeden Fall einen Beitrag dazu leisten, dass es in Zukunft eine korrekte Ausstattung geben wird, damit die Schuldnerberatung, die in allen Bundesländern und mit der Dachorganisation eine tolle Arbeit leistet, dieser Aufgabe gerecht werden kann. Das ist eine Budgetierungs- und Finanzierungsfrage.

Der letzte Punkt ist etwas, das uns noch ziemlich lange beschäftigen wird, es geht um den Umgang mit dem VW-Dieselskandal. Das ist eine Grundsatzfrage im Bereich des Konsumentenschutzes, denn ich finde, dass sich die Gesellschaft und die Konsumentin­nen und Konsumenten eine derartige Vorgangsweise nicht bieten lassen dürfen und nicht bieten lassen können, daher bin ich immer für eine sehr konsequente Vorgangs­weise gewesen.

Ich bin daher sehr froh darüber, dass es in Österreich durch den VKI in Kooperation mit und im Auftrag von meinem Ressort und der Arbeiterkammer – wir arbeiten da hervorra­gend zusammen – insgesamt mittlerweile 16 Sammelklagen gegen VW gibt, die derzeit anhängig sind. Nach meinem Informationsstand entscheidet der Europäische Gerichts­hof in Kürze, ob die Klagsführung in Österreich möglich sein wird, das wäre die ent­scheidende Frage. Der Generalanwalt hat diese Frage im Verfahren bereits bejaht und unterstützt dies, und wir wissen, dass im Regelfall das umgesetzt wird, was der General­anwalt oder die Generalanwältin jeweils vorschlägt.

Die Verfahren, die Sammelklagen sind also derzeit bis zur Entscheidung des EuGH weit­gehend unterbrochen, ich bin aber sehr optimistisch, dass wir diese Verfahren dann in Österreich zeitnah führen werden. Ihr alle habt gehört – ich glaube, vorgestern war es –, dass in Deutschland ein Grundsatzurteil gefällt wurde. Der deutsche Bundesgerichtshof hat erstmals in der Sache entschieden und mit äußerst klaren Formulierungen und Be­gründungen ausgesprochen, dass Schadenersatz zuerkannt wird.

Das könnte also für Zehntausende Konsumentinnen und Konsumenten ein Weg zum Recht werden, und das zeigt wiederum, dass Sammelklagen eine extrem wichtige Mög­lichkeit sind, Konsumentinnen und Konsumenten in dieser Situation zu stärken. Genau deswegen brauchen wir einen starken VKI, der das unterstützt, der das trägt, der die Beratung durchführt und der für die Konsumentinnen und Konsumenten das tut, was es braucht, damit der Einzelne zu seinem Recht kommt. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

14.49

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Christoph Za­rits. – Bitte, Herr Abgeordneter.