14.57
Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wir haben heute schon viel über die ältere Generation gehört, über unsere Pensionistinnen und Pensionisten, wir haben viel über die Pflege gesprochen, und wir haben auch gehört, wir sollen fairer miteinander umgehen, auch mit unserer älteren Generation.
Ich lese wieder ein Mail vor, das ich erhalten habe, das mich wirklich sehr, sehr betroffen gemacht hat:
Sehr geehrte Damen und Herren, es ist mir ein großes Anliegen, Sie darauf aufmerksam zu machen, dass bei allen Lockerungsmaßnahmen, die derzeit wöchentlich bekannt gegeben werden, nicht auf die Bewohner in den Pflegeheimen vergessen werden darf. Sie sind die zu schützenden Personen, das stimmt, aber dazu gehört auch der Schutz vor Einsamkeit, Depression, Verzweiflung und Selbstaufgabe. Wie viel Zeit bleibt so manchem altem Menschen überhaupt noch, auch ohne Coronavirus, die Tage sinnvoll im Kreis seiner Angehörigen verbringen zu dürfen? 15 Minuten oder 30 Minuten einem seiner Angehörigen vorgeführt zu werden wie ein Häftling? Da gilt es, auf Hausverstand und Eigenverantwortung aller Betroffenen zu setzen. So mancher möchte seine ihm noch verbleibende Zeit im Garten seiner Kinder an so manchem sonnigen Nachmittag verbringen oder in einem Gastgarten sitzen mit seinen Angehörigen. Aber alle Pfleger und Pflegerinnen in den Heimen und das Reinigungspersonal stellen die gleiche Gefahr für die Bewohner dar wie die Angehörigen, die ihre Leute besuchen wollen. Ich erwarte mir daher mehr Freiheit für die Bewohner. Sie haben es sich verdient, ein würdiges Dasein zu führen, solange sie es noch erleben dürfen, und ihren Angehörigen muss die Möglichkeit zurückgegeben werden, mit ihren Lieben die gemeinsame noch verbleibende Zeit in vernünftiger Weise verbringen zu dürfen. So wie jetzt ist das unerträglich und unwürdig. Ich bin persönlich betroffen. Wir wissen nicht, wie viel Zeit unserem Vater noch bleibt, der an einem Blasenkarzinom erkrankte, nun wegen seiner körperlichen Schwäche nach einigen Stürzen im Heim lebt, aber geistig kerngesund ist. Wir können viel Zeit gemeinsam verbringen, da ich nahe dem Heim wohne, und wir alle wollen ihm noch eine halbwegs lebenswerte Zeit schenken. Da werden Schwimmbäder, Fitnesscenter, Landesgrenzen geöffnet, Fußballspiele ermöglicht, aber die alten Menschen lassen wir wie Verbrecher eingesperrt in ihren Zimmern oder in dieser Anstalt ihre wertvolle vielleicht noch sehr geringe Lebenszeit fristen. (Beifall bei der SPÖ.) Was ist das geringere Übel? Eine schöne Zeit zu genießen, dann vielleicht an Corona zu sterben, oder vor Corona geschützt noch einige Jahre in Einzelhaft leben zu müssen? Mit freundlichen Grüßen – Zitatende. Dieses Schreiben haben viele unterzeichnet.
Rudi, ich habe schon öfter solche Mails vorgelesen. Dieses Mail hat auch deine Bürgerservicestelle erhalten. Dieses Mail ist auch an die Landeshauptfrau von Niederösterreich gegangen. Die Absender haben keine Antworten bekommen.
Ich habe wirklich die Bitte: Handeln wir sofort! Es ist notwendig, gerade den Menschen dieser Generation, die, wir haben es vorhin gehört, Österreich aufgebaut haben, wieder Menschenwürde zu geben und es zu ermöglichen, dass sie sich mit ihren Angehörigen treffen. (Beifall bei der SPÖ.)
14.59
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Andreas Kühberger. – Bitte, Herr Abgeordneter.