18.16
Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren der Bundesregierung! Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe es nicht vorgehabt, das gebe ich offen zu, aber jetzt, als ich Kollegen Amesbauer und vorher Kollegen Wöginger zugehört habe, habe ich mir gedacht, ich werde auch etwas zur Pferdedebatte beitragen. (Heiterkeit bei SPÖ, FPÖ und NEOS.)
Ich kann mich gut erinnern, es war in der Zeit vor dieser Koalition, da bin ich hier heraußen am Pult gestanden und Herr Kickl ist nicht vor mir gesessen, sondern links von mir, was vom Gefühl her sowieso sehr eigenartig war. (Abg. Kickl: Von da aus war’s rechts! – Heiterkeit bei der FPÖ.) Es ist in der Debatte um diese Pferde gegangen. Ich habe es gewagt, die Anschaffung, die Verwendung und den Einsatz dieser Pferde – aus guten Gründen, und ja, vielleicht vehement – zu kritisieren. Wer, glauben Sie, hat mir da aus den Reihen der Regierung am vehementesten widersprochen und hat am vehementesten zwischengerufen? – Es war die ÖVP. Ich muss eines sagen: Ihr mögt vieles sein, aber Team Haltung seid ihr sicher nicht. (Beifall bei SPÖ und FPÖ sowie des Abg. Loacker.)
Wenn wir schon bei Haltung, Standort und Standpunkt sind (Abg. Sobotka: Gutes Schauspiel!), möchte ich noch eines sagen: Das hat mich jetzt etwas enttäuscht. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) – Ja, es hat mich enttäuscht. Ich bin schon davon ausgegangen, dass es gewisse parlamentarische Grundwerte gibt, die uns alle in unseren Gedanken, in unserem Geiste einen. Dann sagt August Wöginger – hier am Pult steht er und sagt es –: Ja, und ihr habt Sebastian Kurz und seine Regierung davongejagt.
Ich meine: Was für ein Verständnis ist das? (Ruf: Genau!) Wenn eine Regierung aufgrund ihrer eigenen Präpotenz und ihrer eigenen Überheblichkeit die Mehrheit in diesem Hause verliert, dann ist das nicht Davonjagen (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von FPÖ und SPÖ), sondern dann geschieht ihr das recht, und es ist gut, dass sie weg ist. Das sieht man als Parlamentarier so. (Beifall bei der SPÖ.)
Jetzt aber zum Budget, zur Budgetdebatte und zur Performance unseres Finanzministers, der gerade wieder bei den ÖVP Open im Candy Crush mittut. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Man kann über die ÖVP viel sagen (Zwischenruf bei der ÖVP –Abg. Sobotka: Das ist richtig!), man kann wahrscheinlich auch viel sagen, mit dem ich nicht einverstanden bin. Ich glaube aber schon: Was die ÖVP immer hat, ist in der Regel ein Plan, was sie tut. (Ruf bei der ÖVP: Im Gegensatz zur SPÖ! – Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich habe mich die ganze Zeit gefragt: Was ist dieser Plan jetzt beim Budget? Wieso lassen sie den Blümel so schlecht ausschauen? Warum nehmen sie das in Kauf? Irgendjemand hat jetzt gesagt, der Herr Kickl war derjenige mit den meisten Misstrauensanträgen und es wird immer so bleiben. – Wenn Blümel bleibt, glaube ich nicht, dass Kickl der Superstar bleibt. (Beifall bei der SPÖ.)
Warum tun die das? Ich habe vor Kurzem mit Hannes Androsch telefoniert (Heiterkeit und Zwischenrufe bei Abgeordneten der ÖVP), und der hat Folgendes gesagt – jetzt lachen Sie (in Richtung ÖVP) noch darüber –, der Plan der ÖVP ist es eigentlich, mit ihrem Vorgehen das Budgetbewilligungsrecht des Parlaments mittelfristig außer Kraft zu setzen, und dass Herr Blümel wie der Sonnenkönig mit seiner 38-Milliarden-Generalbewilligung quasi sagen kann: Das Budget bin ich. (Abg. Lopatka: Na geh!) Das Blöde ist: Er kann es nicht. Das hat man dann nachher gemerkt. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)
Als wir dann draufgekommen sind und vor allem als die Öffentlichkeit draufgekommen ist, dass er mit diesem Plan quasi ein verfassungswidriges Budget und ein verfassungswidriges Gesetz vorgeschlagen hat, da ist ihm auf einmal die Muffn gegangen. Er hat dann geglaubt, mitten in der Nacht kann man das mit einem Antrag sanieren. – Nein, das kann man nicht mitten in der Nacht mit einem Antrag sanieren, der genauso schlecht ist wie das Budget selbst.
Was mir aber Sorgen macht, und da bin ich mit Kollegen Scherak einer Meinung: Der ÖVP traut man das zu, dass sie diesen Plan ausführen möchte, aber dass die Grünen da mitmachen, dass die Grünen dabei mitmachen (Zwischenruf des Abg. Sobotka), eine der Kernkompetenzen unseres Nationalrates, unseres Parlaments einzuschränken, das ist wirklich eine große Enttäuschung, geschätzte Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)
Jetzt möchte ich zu Ihnen, Herr Finanzminister, kommen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Gernot Blümel ist ja ein bisschen wie Karl-Heinz Grasser, nur noch schlimmer. Er ist ähnlich inkompetent, aber dafür noch abgehobener und sich selbst noch mehr überschätzend. (Rufe bei der ÖVP: Na, na!) Daraus ergibt sich natürlich das, was Sie tun. Das erklärt, warum Sie – während unzählige Menschen Angst um ihre wirtschaftliche Existenz haben, während notwendige Förderungen nicht ankommen, während Hunderttausende Menschen arbeitslos oder in Kurzarbeit sind, während Menschen in der Nacht nicht mehr schlafen können, weil sie Sorgen haben, wie es weitergeht – hier ein Budget vorlegen, das aber nichts, überhaupt nichts an dieser Situation verbessert. Das erklärt Ihre Eigenschaft, wie ich sie eben vorher geschildert habe, Herr Bundesminister. Sie sind mit dieser Situation heillos überfordert. (Abg. Wöginger – in Richtung SPÖ –: Applaus? – Ruf bei der ÖVP: Und Sie mit dieser Rede! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das Schlimme ist, in dieser Krise muss – ich begebe mich jetzt in das Feld des Gastgewerbes, da Kollege Obernosterer vor einem Tag das Thema angerissen hat (Ruf bei der ÖVP: Keine Beleidigungen!) – jede Konditorei, ja, jeder Liftbetreiber (in Richtung Abg. Hörl) auch, stimmt, ja (Beifall bei der SPÖ), jede Konditorei, jeder Würstelstand, jedes Hotel in der Lage sein, und ist es auch, zumindest ansatzweise zu kalkulieren und ansatzweise abzuschätzen, was die nächsten Wochen, die nächsten Monate bringen werden. Und das geht.
Das hat uns Kollege Obernosterer gut erzählt, und Kollege Matznetter hat ja die Anregung – ich glaube, das war gestern – von sich gegeben, dass Kollege Obernosterer vielleicht deshalb qualifizierter wäre als Kollege Blümel. Ich weiß nicht, ob Kollege Obernosterer ein guter Finanzminister wäre, ein besserer wäre er auf jeden Fall. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS. – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Lausch.)
Geschätzte Damen und Herren! Es zeigt sich – also die ÖVP ist ausgesprochen unruhig heute, muss man sagen –, dass der Finanzminister mit dieser Situation überfordert ist. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es zeigt sich, dass ein Fakebudget vorgelegt wurde. Es zeigt sich, dass die Situation auch durch mitternächtliche Anträge nicht verbessert wurde. Herr Blümel, deshalb sind wir auch der Meinung, dass Sie für dieses Amt nicht geeignet sind. Wir sind auch deshalb der Meinung, dass Sie für dieses Amt nicht geeignet sind, weil Ihnen das geringste Einsehen fehlt. Deshalb, meine ich, wäre es gut, wenn Sie von selber gehen würden. Wenn Sie es nicht tun, werden wir heute diesem Misstrauensantrag zustimmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Ich möchte zum Schluss wieder zur Wöginger’schen Standpunkt-und-Standort-Diskussion zurückkommen. (Ruf bei der ÖVP: Na bravo! – Zwischenruf des Abg. Sobotka.) Herr Wöginger hat auch in einer anderen Debatte behauptet, wir sagen das, weil wir in der Opposition sind und weil wir das eben so tun müssen. Es gibt aber auch andere Leute, die das ähnlich sehen. Ein sicherlich nicht sozialdemokratischer Journalist, Peter Michael Lingens, hat Folgendes dazu geschrieben: „Wenn man seine Performance betrachtet, müsste auch Gernot Blümel zurücktreten. Alles was er versprochen hat – schnelle, unbürokratische Hilfe für kleine und mittlere Unternehmen ‑, traf so wenig zu, dass die Betroffenen es in ihrer Mehrheit zu recht mit ‚Nicht Genügend‘ bewertet haben.“
Es war nicht genügend, Herr Bundesminister. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)
18.25