18.48

Abgeordnete Heike Grebien (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesmi­nister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte ZuseherInnen! Ja, zwei Anträge mit dem Potenzial, große Wirkung für die inklusive Bildung in Österreich zu er­zielen, wurden im letzten Unterrichtsausschuss einstimmig beschlossen.

Der erste Antrag soll eine Ungerechtigkeit in der Gesetzgebung korrigieren. Da geht es aus meiner Sicht nicht nur um einen Mangel. SonderpädagogInnen ist es momentan nicht möglich, sich auf eine Stelle als SchulleiterIn in einer allgemeinbildenden Pflicht­schule zu bewerben. Sie arbeiten hoch motiviert und kompetent an Volksschulen, an neuen Mittelschulen und an polytechnischen Schulen, Seite an Seite mit den Pflicht­schullehrerInnen. Sie sind gleichwertige PädagogInnen mit einer umfassenden Ausbil­dung, denen die gleichen Karrierechancen offenstehen sollten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie übernehmen in den Schulen nicht nur dieselben Aufgaben und Pflichten wie Pflicht­schullehrerInnen, sondern sie erweitern mit ihren Fähigkeiten und ihrem Fachwissen auch das Kompetenzbündel Inklusion an unseren Schulen und leisten damit einen we­sentlichen Beitrag zur Umsetzung der inklusiven Bildung.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht nachvollziehbar, dass SonderpädagogInnen der Zu­gang zur Position einer Schulleitung gesetzlich nicht gestattet ist, und umso mehr freue ich mich – und ich glaube alle hier Anwesenden –, dass wir diesen Antrag einstimmig, das heißt von allen Fraktionen mitgetragen, beschlossen haben und beschließen wer­den. Besonders freue ich mich für die Schülerinnen und Schüler, die davon am meisten profitieren werden, sowie natürlich auch über die Anerkennung für die Sonderpädago­gInnen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Grünberg.)

Der zweite Antrag ist von nicht geringerer Bedeutung. Dieser fordert den Herrn Bildungs­minister auf, die erweiterte Zulassung von Menschen mit Behinderungen in berufsbilden­den mittleren und höheren Schulen und Kollegs für die Ausbildung zu Elementarpädago­gInnen beziehungsweise zur pädagogischen Assistenz zu prüfen.

Da gilt es, mit Vorurteilen aus der Vergangenheit aufzuräumen. Menschen mit Behinde­rungen können nicht nur gleichwertig zur Entwicklung der zu betreuenden Kinder bei­tragen, sie können sogar komplementäre Ansätze einbringen und tun dies auch.

Zum Beispiel wird gehörlosen oder schwerhörigen Menschen oft unterstellt, dass sie keine Musikförderung anleiten und die Fähigkeit somit auch Kindern nicht weitergeben können. Laut Musik- und BewegungspädagogInnen ist die Musikverarbeitung im Gehirn ein hochkreativer Vorgang – nicht ganz überraschend. So haben amerikanische For­scher herausgefunden, dass beim Hören von Musik bei hörenden und gehörlosen Men­schen zwar, wie zu erwarten, ein Areal im Gehirn aktiv wird, und zwar jenes, das für die Wahrnehmung von Vibrationen zuständig ist. Im Gegensatz zu den Hörenden aber zeigt sich bei gehörlosen Menschen auch eine Tätigkeit im sogenannten auditorischen Kortex. In diesem erfolgt die Verarbeitung von akustischen Reizen.

Das bedeutet, dass die Wahrnehmung der musikalischen Vibrationen genauso real ist wie jene der entsprechenden Töne, da sie ja im selben Teil des Gehirns verarbeitet wer­den. Diese umfassende Wahrnehmung von Musik wird auch spielerisch in die Arbeit mit Kindern miteinbezogen und bringt, wie Inklusion immer, allen etwas, vor allem auch Kin­dern, die hören können, weil sie so ja ein ganz anderes Erlebnis von Musik haben.

Für jene, die es sich nicht vorstellen können, gibt es hier ums Eck eine super Ausstellung. Sie heißt Hands Up. Schauen Sie sich das einmal an! Ich darf Ihnen an dieser Stelle schon verraten, dass die BereichssprecherInnen aller Fraktionen in diesem Hohen Haus gestern Abend gemeinsam entschieden haben, für Sie alle hier an einem Plenumstag im Herbst die Möglichkeit zu schaffen, selbst zu erleben, wie es ist, wenn man gehörlos oder schwerhörig ist, wenn man blind ist oder eine Sehbehinderung hat, eine Gehbehin­derung hat, oder wenn man, wie meine wertgeschätzte Kollegin Grünberg, im Rollstuhl sitzt, wie es ihr mit den Pflastersteinen vor der Hofburg geht.

All das können Sie erleben. Zusätzlich werden wir uns auch bemühen, Ihnen die Mög­lichkeit zu geben, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten mit Ihnen in Dialog treten können. So können Sie erfahren, welche Sprache Sie benützen müssten oder benützen können, damit auch Menschen mit Lernschwierigkeiten Sie verstehen.

Ein weiteres Vorurteil gegenüber Menschen mit Körperbehinderungen ist durchaus auch, dass ihnen unterstellt wird, dass ihnen die motorischen Fähigkeiten fehlen, um Kinder ausreichend zu fördern. Da darf ich nur ein paar Schlagwörter erwähnen: inklu­siver Tanz, Bewegungsmöglichkeiten auf barrierefreien Spielplätzen. Auch Ballspiele mögen auf den ersten Blick vielleicht nicht vorstellbar sein, die gibt es aber in ausrei­chender Zahl. Schauen Sie sich einmal einen Livekick von den E-Rolli-FußballerInnen an! Da geht es nämlich auch darum, einen E-Rolli überhaupt steuern zu können, das heißt, da werden verschiedenste Fähigkeiten benützt.

Das ist großartig und es gibt – da schließe ich schon an die Kolleginnen an – leider noch viele weitere Beispiele dafür, dass Vorurteile den Zugang zur Ausbildung für Menschen mit Behinderungen erschweren, die aber mit der Realität nichts zu tun haben. Ich freue mich, dass wir da eine Chance ergreifen, gemeinsam einen kleinen Schritt in die richtige Richtung zu gehen.

Bildung ist ein Menschenrecht! Exklusion verhindert dieses fundamentale Recht auf Bildung für Menschen mit Behinderung. Daher kann es – und das ist auch so für uns Grüne – nur einen Weg geben und dieser heißt: Inklusion. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.54

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fiona Fiedler. – Bitte.