10.25

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ge­schätzte Damen und Herren im Parlament! Geschätzte Damen und Herren zu Hause vor den Fernsehschirmen! Schauen wir uns die APA-Meldungen von gestern an: Das waren keine positiven Meldungen. Die EU-Kommission spricht in einer Aussendung davon, dass die „Rezession noch tiefer als bisher erwartet“ ist; auch Österreich wird von dieser Rezession in den nächsten Jahren betroffen sein. Schaut man sich die nächste Aus­sendung an, jene von der OECD: „Sozial Schwächere von Coronakrise besonders hart getroffen“. „Sozial schwächere Gruppen, auch Frauen“ – und Arbeitslose – „seien am stärksten getroffen.“

Heute schreiben wir den 8. Juli, 117 Tage sind seit dem Lockdown vergangen, und wir behandeln jetzt eine Regierungsvorlage hinsichtlich einer Einmalzahlung beim Bezug von Arbeitslosengeld und Familienbeihilfe. Die Familienbeihilfe, die von den Regie­rungsparteien vorgeschlagen wird, unterscheidet wieder zwischen Kindern, weil sie eine Indexierung der Familienbeihilfe vorsieht. Die Einmalzahlung von Arbeitslosengeld in Höhe von 450 Euro setzt voraus, zwischen Mai und August 60 Tage arbeitslos gewesen zu sein oder Notstandshilfe bezogen zu haben, und die Auszahlung ist erst im Septem­ber geplant. – Ich sage Ihnen: Das ist alles zu wenig, das ist alles nicht nachhaltig, und es ist sozial ungerecht! (Beifall bei der SPÖ.)

Das sage nicht nur ich Ihnen, das sagen Ihnen auch alle Expertinnen und Experten: Diese Einmalzahlung von 450 Euro ist keine nachhaltige Maßnahme gegen Armuts­vermeidung, sie stabilisiert die Kaufkraft nicht und sie unterstützt auch den Konsum nicht. Daher haben wir als SPÖ bereits am 3. April erstmals einen Antrag eingebracht, das Arbeitslosengeld in Form eines Zuschlages, der monatlich ausbezahlt wird, der unkompliziert ist, der rasch hilft, zu erhöhen, und zwar in Höhe von 30 Prozent der Nettoersatzrate. Von welchen Summen sprechen wir? – Das durchschnittliche Arbeits­losengeld in Österreich beträgt 34,55 Euro pro Tag. Unser Antrag hätte bewirkt, dass durchschnittlich 9,30 Euro pro Tag dazukommen. Da geht es nicht um große Summen, da geht es einfach um Nachhaltigkeit, Fairness und Gerechtigkeit.

Ihr Vorschlag, den Sie heute eingebracht haben, grenzt wieder eine Gruppe von Men­schen aus, die unverschuldet arbeitslos geworden sind; diejenigen, die mit März arbeits­los geworden sind; im April haben wir mit 575 000 arbeitslosen Menschen die höchsten Arbeitslosenzahlen gehabt. Ein Teil dieser Gruppe fällt wieder durch, hat nichts von Ihrem Vorschlag. Und eine andere Gruppe, die sich im Sommer noch in Arbeitslosigkeit befindet, bekommt die Einmalzahlung erst mit September, und das ist einfach viel zu spät. Das ist unsozial, das ist ungerecht!

Wir werden deshalb heute neuerlich unseren Vorschlag einbringen, nämlich eine ge­rechte, nachhaltige, soziale Lösung für alle Betroffenen, die durch Corona unverschuldet in Arbeitslosigkeit geraten sind. Wir werden hier einen Abänderungsantrag einbringen, der neuerlich vorsieht, das Arbeitslosengeld mit einem Zuschlag von 30 Prozent rück­wirkend ab März, befristet bis Ende Dezember, zu erhöhen, der auch eine nicht an­rechenbare Leistung in der Gesundheitsbestimmung beim Sozialhilfe-Grundsatzgesetz definiert. – Das soll rückwirkend mit 16. März 2020 in Kraft treten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Fakt ist, diese Regierungsvorlage, die Sie hier heute einbringen, lässt wieder viele Menschen zurück! „Koste es, was es wolle“ wird damit noch unglaubwürdiger, wie auch Ihre Stehsätze, mit denen Sie den Menschen in Österreich ein Versprechen abgegeben haben.

Sie lassen nicht nur viele junge Menschen zurück, die im Herbst eine Lehrstelle suchen, Sie lassen auch all jene zurück – Studierende, geringfügig Beschäftigte, freie Dienst­nehmer, Mindestpensionisten –, die Sie gestern verabsäumt haben, bei Ihrer Ministeuer­reform auch mit ins Boot zu holen. Einpersonenunternehmen, kleine KMUs, sie werden alle zurückgelassen. Es ist wirklich Zeit, dass Sie endlich Ihr Versprechen einhalten, niemanden zurückzulassen. Das, was Sie heute hier vorschlagen, eine Einmalzahlung, wieder nur für eine bestimmte Gruppe, das ist nicht nachhaltig.

Lieber August Wöginger, du hast hier von diesem Pult aus Versprechen abgegeben, auch, was die Betreuung dieser Menschen betrifft: Aufstockung von Dienstposten im AMS, 500 zusätzliche Dienstposten – nicht 700 Werkverträge, sondern 500 Dienst­pos­ten! Ich ersuche dich, das auch mit deinen Vertretern im AMS-Verwaltungsrat seitens der ÖVP so zu besprechen, dass es da eine Zustimmung gibt. (Beifall bei der SPÖ.)

Fakt ist: Mit Ihrem Vorschlag lassen Sie, zusammenfassend, heute wieder Betroffene zurück! Aber das Schlimmste für mich als sozial denkenden Menschen ist, dass Sie die Schwächsten in unserer Gesellschaft mit Ihrem Vorschlag wieder zurücklassen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.31

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Klubobmann Wöginger. – Bitte.